Soll ich die geerbten Aktien behalten?

Behalten oder abstossen? Je nach Qualität können geerbte Aktien eine gute Altersvorsorge sein. Foto: iStock

Aus einer Erbschaft habe ich die Möglichkeit, Aktien zu übernehmen. Ihr Rat wäre mir sehr wertvoll. Ich habe mich nie mit Aktien befassen müssen, bin nicht mehr so jung und habe eine Tochter. Welche Aktien würden Sie behalten und welche eher abstossen? Ihre neutrale Beratung schätze ich sehr. D.R.

Ich habe die Liste der Aktien, die Sie mir geschickt haben, angeschaut. Mein Fazit: Sie haben Glück – der- oder diejenige, von dem Sie eine Erbschaft antreten dürfen, hatte punkto Aktienauswahl eine gute Hand.

Ihren Angaben entnehme ich, dass das Depot Titel von Givaudan, LafargeHolcim, Lonza, Nestlé, Novartis, Roche, Swiss Re, Swisscom und Swatch Group enthält. Das sind alles Titel, die im Swiss-Market-Index – dem Schweizer Blue-Chips-Index – enthalten und Qualitätsaktien sind.

Sämtliche aufgeführten SMI-Titel in dem Depot haben zudem den angenehmen Pluspunkt, dass sie eine hohe Dividendenrendite aufweisen. Je nach Papier erreichen Sie damit eine Dividendenrendite von zwei bis sechs Prozent. Das sind Renditen, von denen man angesichts der rekordtiefen Zinsen beispielsweise bei der Anlage in Frankenanleihen nur träumen kann.

Der Nachteil ist, dass Sie bei solchen Aktien immer mit stärkeren Schwankungen rechnen müssen. Da Sie mir schreiben, dass Sie sich bis anhin noch nie mit Aktien beschäftigt hatten, müssen Sie sich vor Augen halten, dass es bei diesen Papieren zu stärkeren Ausschlägen kommen kann. Derzeit bewegen wir uns in einem bisher erfreulichen Börsenjahr. Sehr bald kann sich das aber wieder ändern und die Kurse gehen in den Keller. Da brauchen Sie gute Nerven, dass Sie nicht nervös werden.

Da es sich meines Erachtens alles um gute Aktien handelt, die Sie erben konnten, würde ich diese – vorausgesetzt, dass Sie das Geld nicht brauchen und mit den erwähnten Schwankungen leben können – mit einem langen Anlagehorizont behalten. Sie sind einerseits eine gute Altersvorsorge für Sie selbst, da sie dank der attraktiven Dividendenrenditen einen schönen, wenngleich nie ganz garantierten, jährlichen Ertrag bringen und Ihre spätere Rente aufbessern. Anderseits wären die Aktien auch für Ihre Tochter eine gute Grundlage für eine spätere langfristig ausgerichtete Altersvorsorge.

Natürlich könnten Sie jetzt bei den stark gestiegenen Papieren Kursgewinne realisieren, doch dann müssen Sie das Geld später wieder neu anlegen, was gar nicht so einfach ist. Viel bessere Papiere finden Sie meines Erachtens nicht. Auch wenn die Aktien in diesem Jahr bereits stark gestiegen sind, würde ich die Titel mit einem Anlagehorizont von zehn und mehr Jahren behalten und die beachtlichen Dividenden geniessen.

Der Depotaufstellung, die Sie mir geschickt haben, entnehme ich, dass das Portfolio auch noch Anteile am ZKB Gold ETF und am LGT GIM Growth-Fonds sowie strukturierte Produkte, die von der Bank Vontobel herausgegeben wurden, enthält. Letztere sind nicht weiter aufgeschlüsselt. Daher rate ich Ihnen, genau abzuklären, um was für Produkte es sich dabei handelt. Im Zweifelsfalle würde ich diese nicht übernehmen, zumal Sie mir schreiben, dass Sie sich mit Finanzinstrumenten nicht auskennen und auch keine Erfahrung in der Anlage mitbringen. Der LGT GIM Growth-Fonds ist ein breit diversifizierter Mischfonds, aus meiner Sicht aber alles in allem nicht günstig. Daher würde ich diesen auch nicht behalten.

Unbedingt behalten würde ich indes die Anteile am ZKB Gold ETF: Dieses gute und punkto Gebühren günstige Produkt ist für Sie eine Absicherung für Krisenzeiten. Falls es tatsächlich einmal zu einem Crash käme, was immer möglich ist, und Ihre Aktien in den Keller gehen, würde dieser Gold-Exchange Traded Fund ETF im Zuge eines Goldpreisanstiegs kräftig in die Höhe gehen.

Kritisch anmerken bei dem Depot muss man lediglich, dass Sie ausser dem Gold, den nicht definierten strukturierten Produkten und dem Fonds einen starken Fokus auf der Schweiz haben und die Diversifikation, etwa auf andere Märkte und Anlageklassen, zu wenig genügend ist. Ich rate Ihnen, diesen Aspekt zusammen mit Ihrer Hausbank anzuschauen und je nach Ihrer persönlichen Risikofähigkeit und Ihren Bedürfnissen die Diversifikation noch zu verbessern.

8 Kommentare zu «Soll ich die geerbten Aktien behalten?»

  • Barbara Zürcher sagt:

    Spielt für Sie keine Rolle, was Ihr Geld in der Welt bewirkt? Auch CS und UBS sind Blue Chips, aber sie finanzieren die Förderung von fossilen Brennstoffen. Die Beratung zum Thema Nachhaltigkeit ist bei den meisten „normalen“ Finanzinstituten völlig ungenügend und dieser Artikel passt leider ins Bild.

    • Anh Toàn sagt:

      Der ökologisch nachhaltigste Umgang mit einer Million wäre wohl, diese bar zu beziehen und dann in einer Kehrichtverbrennungsanlage zu verbrennen: Auch damit wird CO2 produziert, aber wohl deutlich weniger, als wenn diese Million verkonsumiert oder investiert wird.

  • Anh Toàn sagt:

    „Ihren Angaben entnehme ich, dass das Depot Titel von Givaudan, LafargeHolcim, Lonza, Nestlé, Novartis, Roche, Swiss Re, Swisscom und Swatch Group enthält. Das sind alles Titel, die im Swiss-Market-Index – dem Schweizer Blue-Chips-Index – enthalten und Qualitätsaktien sind.“

    „alles gute Namen“ hat mal ein Anlegeprofi zu mir gesagt, als ich ihm ein ähnliches Depot schilderte. Alles gute Namen ist halt auch ein Klumpenrisiko, vielleicht nicht für grosse Verluste, aber zumindest grosse Gewinne zu verpassen. Man sollte einem Depot auch ein paar schlechte Namen zumischen, Aktien von Unternehmen, Branchen, die zur Zeit gebeutelt sind: Woher weiss ich, ob UBS oder KUDN zum aktuellen Kurs nicht die viel bessere Aktie ist als Nestle, auf ein paar Jahre?

    • Anh Toàn sagt:

      Und noch etwas zu „Aktien behalten“: Was ich heute nicht kaufen würde, zum heutigen Kurs, muss ich verkaufen. Dass ich etwas bereits habe, ist kein Argument, es zu behalten. (Eine vernünftige Strategie ist, alle Aktien zu behalten, weil man ohnehin nicht weiss, welche die bessere sein wird.)

    • Gerhard Engler sagt:

      von einem Klumpenrisiko kann bei einer solchen Diversifizierung nicht die Rede sein.

  • Josef Marti sagt:

    Anlagen liquidiert man nur wenn man die Werte verkonsumieren und damit vernichten will, will man das nicht und braucht man nicht dringend Kohle dann bleiben Kursschwankungen irrelevant, meistens werden Gewinnmitnahmen nämlich wieder angelegt und nicht verfrühstückt. Relevant sind deshalb nur die regelmässig fliessenden Einkünfte aus Zinsen und Dividenden. Am Schluss vererbt sich das Vermögen sowieso laufend auf die nächste Generation.

  • Klaus Zimmermann sagt:

    mir gefallen Martin Spieler‘s Kommentare im allgemeinen: unaufgeregt, sachlich .

  • Markus Meier sagt:

    Ich würde so schnell wie möglich einen guten Teil im Bitcoin investieren. Gold ist auch ok. Aktien gehen ja schon jetzt runter, man sehe sich dazu die diversen Indexe an. Wir stehen am Anfang einer Rezession, die schlimmer als jene im 2008 sein wird…

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