So wird Ihr Börsenhobby nicht zum Albtraum

Wer vom Fiskus als Wertschriftenhändler eingestuft wird, muss seine Kursgewinne versteuern. Foto: iStock
Ich bin vorzeitig pensioniert worden und betätige mich als Daytrader. Einerseits um die Volatilität der Aktien auszunutzen und andererseits um gegen meine Langeweile anzukämpfen. So kaufe ich zum Teil mehrmals pro Tag Aktien und verkaufe sie wieder, sobald sie etwas über dem Einstandskurs liegen. Meine Bedenken sind, dass mich die kantonale Steuerverwaltung sowohl wegen der hohen Frequenz des Tradings als auch wegen der kurzen Haltedauer der Aktien als gewerblichen Börsenhändler einstufen könnte und ich damit die Kapitalgewinne versteuern müsste. Wie schätzen Sie meine Situation ein? A.K.
Aktienanlagen wie Sie sie nutzen, haben steuerlich einen grossen Pluspunkt: Man muss die Kursgewinne, anders als die Dividenden, nicht versteuern. Kapitalgewinne sind allerdings nur steuerfrei, solange man von den Steuerbehörden nicht als gewerbsmässiger Wertschriftenhändler eingestuft wird. Als gewerbsmässiger Wertschriftenhändler muss man die Kursgewinne ebenfalls versteuern.
Und dann wird es so richtig teuer: Denn der Kapitalgewinn kommt steuerlich zum übrigen Einkommen dazu, und man gerät in eine deutlich höhere Steuerprogressionsstufe. Auch sind Beiträge an die AHV und die übrigen Sozialversicherungen zu entrichten. Der Traum vom schnellen Börsengewinn erweist sich dann plötzlich als Albtraum. Immerhin darf man als gewerbsmässiger Wertschriftenhändler auch Verluste anrechnen, während das für private Anleger bei den Steuern nicht gestattet ist.
In einem Kreisschreiben hatte die Eidgenössische Steuerverwaltung bereits vor sieben Jahren die Kriterien für die Einstufung eines Anlegers als gewerbsmässiger Wertschriftenhändler festgelegt. Heikel wird es etwa, wie das in Ihrem Fall zutrifft, in folgenden Fällen:
- wenn Sie die veräusserten Wertschriften während weniger als eines halben Jahres besassen,
- wenn Ihr Transaktionsvolumen in einem Kalenderjahr mehr als das Fünffache des Wertschriften- und Guthabenbestands zu Beginn der Steuerperiode beträgt,
- wenn Ihre Kapitalgewinne aus dem Wertschriftenhandel massgeblich zu Ihrem Lebensunterhalt beitragen und mindestens die Hälfte Ihres Reineinkommens umfassen,
- bei Wertschriftentransaktionen, die Sie mit Fremdkapital finanzieren, oder auch Derivaten, falls Sie diese intensiv zu Spekulationszwecken nutzen.
Wie Sie mir schreiben, treffen die letzten beiden Faktoren bei Ihnen nicht zu, da Sie keine Optionen einsetzen und auch nur mit dem eigenen Geld spekulieren. Das bringt schon eine gewisse Entschärfung.
Doch Vorsicht: Trotz dem erwähnten Kreisschreiben gibt es kein fixes Schema, mit dem Sie mit absoluter Garantie voraussagen können, ob Sie als gewerbsmässiger Wertschriftenhändler eingestuft werden oder nicht. In der Praxis kommt eine solche Einstufung selten vor, wie auf Anfrage von Steuerämtern zu erfahren ist. Der einzelne Steuerkommissär hat aber einen gewissen Ermessensspielraum. Ein sehr aktiver Daytrader muss durchaus damit rechnen, dass er als gewerbsmässiger Wertschriftenhändler eingestuft wird.
Das bedeutet aber noch keineswegs, dass Sie es so akzeptieren möchten. In Ihrem Fall würde ich sicher Rekurs nehmen, zumal Sie nur einzelne Faktoren gemäss Kreisschreiben erfüllen. Unter Umständen entwickelt sich daraus aber ein teurer Rechtsfall, den man ohne Anwalt nicht mehr bewältigen kann. Es stellt sich dann die Frage, ob sich die Sache wirklich noch lohnt.
Statt einfach das Risiko einzugehen, später vom Fiskus als gewerbsmässiger Wertschriftenhändler eingestuft zu werden, könnten Sie auch in die Offensive gehen und den Kontakt zu Ihren lokalen Steuerbehörden suchen. Anhand Ihrer effektiven Faktoren können Sie von den Steuerbehörden eine schriftliche Einschätzung verlangen, ob Ihr Vorgehen im konkreten Fall als gewerbsmässig eingestuft würde oder nicht.
Dann hätten Sie eine verbindliche Richtschnur und laufen nicht Gefahr, nachträglich als gewerbsmässig eingestuft zu werden und mit hohen Zusatzsteuern und Abgaben konfrontiert zu sein.
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19 Kommentare zu «So wird Ihr Börsenhobby nicht zum Albtraum»
Lieber Herr Spieler
Nehmen Sie es mir nicht übel, aber ich bezweifle, dass es den Fragesteller „A.K.“ tatsächlich gibt.
„Mehrmals pro Tag kaufen und verkaufen“ und dabei längerfristig Gewinn zu erzielen, ist für einen Privatanlager unrealistisch, da die Gewinnwahrscheinlichkeit unter 50 % liegt wegen:
– Transaktionskosten (Umsatzabgabe, Courtagen, Spread etc.)
– Markteffizienz
Oder wie es im Volksmund heisst: „Hin und her macht Taschen leer!“
Längerfristigere „Anlagestrategien/-überlegungen“ wären etwas anderes.
Für eine ganz kleine Minderheit ist das realistisch. Allerdings nicht mit CH-Gebühren, dafür muss man auf ausländische Broker ausweichen.
Das ist realistisch. Zum Handel eine Bank aussuchen mit tiefen Gebühren (BKB) und zur Information eine mit gutem Service (Swissquote).
@Wenger: Sie haben keine Ahnung, was tiefe Gebühren sind. Bei BKB sinds z.B. in der Schweiz CHF 30, im Ausland sogar CHF 50 (oder 0.5%). Wenn Sie also für CHF 50’000 (höher ist unrealistisch ausser sie sind Multimillionär) 1200 Logitechaktien kaufen und am Tag 1% Gewinn machen, dann haben Sie CHF 440 (CHF 500 minus 2xCHF30 Gebühren), d.h. die Gebühren fressen 12% des Gewinns weg!
Gehen Sie zu Interactivebroker und kaufen Logitech in den USA, bezahlen Sie dafür gerade mal USD 12 (oder 2.4% des Gewinns!).
Bei geringeren Beträgen ist der Unterschied noch viel grösser!!!
@Wenger Alle CH-Angebote sind zu teuer. Siehe das Beispiel von Michael. Zudem sollte man dann nur auf ausländische Börsen handeln, da bei der CH-Börse noch die Stempelsteuer dazukommt.
Um Gewinne zu machen, muss man sich einfach bei der Börse Schweiz als Frontrunner einmieten. Man profitiert dann vom Informationsvorsprung durch die geographische Nähe zu den Computern der Börse. Ich weiss nicht, ob es eine einzige Firma in der Frontrunner-Branche gibt, die Geld verloren hat.
Frage: müssen die genannten Bedingungen kumulativ erfüllt sein? Und wie ist es mit den Gewinnen, gelten hier nur die effektiv realisierten, oder auch Buchgewinne? Können Buchverluste mit effektiv realisierten Gewinnen gegenverrechnet werden (zB wenn Aktien, die stark gestiegen sind, verkauft werden, andere, die gleich viel oder weniger wert sind, gehalten werden?)
Kriterien kumulativ > eher nicht.
BUCH-gewinne/-verluste > eher nicht (einfach als Vermögen ausgewiesen)
Der Bsp.-Fragesteller meldet sich wohl besser nicht, oder nicht vor zwei Jahren (Hobby-Pause), bei der Steuerverwaltung. 🙂
„…und man gerät in eine deutlich höhere Steuerprogressionsstufe.“
Liest man immer wieder, diese Geschichten von den hinterhältigen „Steuerprogressionsstufen“:
Die Progression beinhaltet, das zusätzliches Einkommen mit einem höheren Satz besteuert wird, das heisst, der andere Teil des Einkommens wird genau gleich besteuert. Man kann nie mehr Einkommen vor Steuern haben und wegen der Progression nach Steuern weniger.
Ausnahme sind Rundungen beim steuerbaren Einkommen: 2 CHF mehr Einkommen machen dann ca CHF 30.00 mehr Steuern.
Progression funktioniert nach dem Schema:
Die ersten TCHF 10 Einkommen sind steuerfrei
Die nächsten TCHF 20 werden mit 10% besteuert
Die nächsten TCHF 20 werden mit 20% besteuert
Einkommensteile über TCHF 50 werden mit 30% besteuert.
Das heisst, nicht „man“ gerät in eine Progressionsstufe, sondern der zusätzliche und eben nur dieser zusätzliche Einkommensteil muss zu einem höheren Prozentsatz versteuert werden.
Das Problem ist, dass die Börsengewinne meist stark schwanken. D.h. sie können locker in einem Jahr CHF 100’000 machen und in einem anderen CHF 0. Diese CHF 100’000 haben für Normalverdiener genau den höchsten Progressionseffekt, denn die Progression nimmt zwischen CHF 150-300k exponentiell zu, und die Kurve flacht dann darüber wieder ab. Ab 1Mio. gibts interessanterweise keine Progression mehr…
@Michael: Wenn Sie in einem Jahr 100’000 Gewinne machen, müssen Sie diese 100’000 zu einem höheren Satz versteuern. Der Steuersatz auf ihr übriges Einkommen bleibt aber der gleiche. (Die Steuertabellen und Verfügungen verteilen die unterschiedlichen Prozentsätze auf die einzelnen Einkommensteile auf einen Prozentsatz auf das steuerbare Einkommen. Aber aus der Mathe im Steuergesetz ergibt sich, dass einzig das jeweils zusätzliche Einkommen höher besteuert wird.
@Michael: Aber ja, wenn das Einkommen aus Wertschriften das einzige Einkommen ist, kostet Jahr TCHF 100′ Einkommen und das nächste Jahr 0 Einkommen viel mehr Steuern, als beide Jahre TCHF 50′. Früher kannten die meisten Kantone zweijährige Veranlagungsperioden, das System aber erwies sich als insgesamt zu kompliziert. Wenn man die Kapitalgewinne, weil sie mehr als aus dem Kapitaleinsatz aus der (selbständigen Erwerbs-)Tätigkeit, den ganzen Tag am PC zu handeln entstanden ohnehin versteuern muss, kann man die Wertschriften über eine GmbH handeln. Mit einer GmbH kann man die steuerlichen Folgen stark schwankender Gewinne deutlich reduzieren.
@Anh Toàn: Das ist schon klar, aber Sie haben das Problem offensichtlich nicht verstanden. Jedes Einkommen, welches jährlich stark schwankt, wird vom Staat unfair besteuert (so beklagen sich z.B. auch Künstler). Während Sie jedes Jahr 100k verdienen und darauf als Einzelperson so 10k Steuern bezahlen, hat der prof. Wertschriftenhändler das Problem, dass er zu seinem 100k Lohn in einem Jahr noch 100k verdient und ca. 30k Steuern zahlt und das nächste Jahr mit 100k Verlust 0 Steuern (da null Einkommen). Über die Periode hat er gleichviel Einkommen wie Sie, aber 10k mehr, bzw. 50%(!) mehr Steuern bezahlt als Sie! Von daher ist die Progression sehr wohl ein zu beachtendes Problem für einen prof. Wertschriftenhändler!
Eine GmbH hilft dabei, stark schwankende Einkommen zu verteilen.
Falls die Wertschriftentransaktionen als selbständige Erwerbstätigkeit eingestuft werden, sind neben den Steuern auch AHV Beiträge aus selbständiger Erwerbstätigkeit geschuldet.
@ Anh Toan: Lesen hilft, dies steht bereits im Text.
Die Regel ist ganz einfach: macht man einen Gewinn, wird man vom Steueramt als gewerbemässiger Anleger eingestuft und muss den Gewinn versteuern. Macht man einen Verlust, dann darf man diesen nicht mit anderem Einkommen verrechnen. Denn gewerbemässige Anleger machen per Definitionem keinen Verlust und somit ist man auch kein gewerbemässiger Anleger, wenn man einen Verlust macht.
Wie ist es mit der Börsenweisheit: Hin und her macht Taschen leer.