Einen hohen Zins gibt es nie ohne Haken

Strukturierte Produkte wie ZKB Barrier Reverse Convertible garantieren eine gute Rendite: Negativ ist, dass es keine Garantie gibt, dass der investierte Betrag am Ende der Laufzeit zurückbezahlt wird. Foto: iStock
Meine Bank hat mir als mögliche Anlage das Produkt ZKB Barrier Reverse Convertible on worst auf Nestlé, Swisscom und Swiss Life mit einem Coupon von 5,30 Prozent angeboten. Hört sich gut an, aber wie sind die Risiken? Und was halten Sie von dem Produkt? D.H.
Bei diesem Instrument handelt es sich um ein strukturiertes Produkt, das Ihnen erlaubt, Ihre Rendite zu optimieren. Der angebotene Coupon von 5,3 Prozent ist angesichts der rekordtiefen Zinsen in der Tat verlockend, zumal er für die kurze Laufzeit von etwas mehr als einem halben Jahr gilt. Auf ein ganzes Jahr hochgerechnet würde der Coupon sogar hohe 10,48 Prozent betragen.
Wie Sie es in Ihrer Frage antönen, hört sich das gut an, hat aber einen Preis. Zwar haben Sie den Coupon garantiert. Denn dessen Auszahlung erfolgt unabhängig von der Entwicklung der mit dem Instrument verbundenen drei Basiswerte. Das ist positiv. Sie können also mit den 5,3 Prozent rechnen.
Ebenfalls positiv ist, dass Sie mit der Produkte-Herausgeberin Zürcher Kantonalbank kaum ein Gegenparteienrisiko eingehen, da die ZKB mit ihrem Spitzenrating zu den sichersten Banken der Welt gehört.
Negativ ist aber, dass Sie keine Garantie haben, dass Sie den von Ihnen investierten Betrag am Ende der Laufzeit wieder zurückbezahlt bekommen. Wenn nämlich einer der drei Basiswerte Nestlé, Swisscom und Swiss Life während der Laufzeit den sogenannten Knock-in-Level von 80 Prozent berühren oder unterschreiten sollte, erhalten Sie nicht Ihr Geld zurück, sondern stattdessen den Basiswert mit der schlechtesten relativen Wertentwicklung ausgeliefert. Es würde Ihnen ausgerechnet jene Aktie ausgeliefert, die dann möglicherweise stark eingebrochen ist, zum Beispiel weil das entsprechende Unternehmen eine Gewinnwarnung herausgeben musste oder mit einem unerwarteten Rechtsfall konfrontiert ist. Dass dieser Fall eintritt, ist durchaus möglich.
Zwar halte ich alle drei Basiswerte, Nestlé, Swisscom und Swiss Life, für gute und grundsolide Unternehmen und Aktien. Wenn es aber bei einer dieser Börsenfirmen zu unerwarteten negativen Nachrichten kommt, müssten Sie damit rechnen, dass die Investoren ungnädig reagieren und die Aktien in den Keller gehen. Ein Taucher von 20 Prozent oder mehr ist keineswegs unmöglich – insbesondere nach Gewinnwarnungen.
Sie müssen sich vor dem Kauf eines solchen Produktes genau überlegen, ob Sie gut damit leben können, wenn Ihnen einer dieser Titel im schlimmsten Fall ausgeliefert wird und Sie diese Aktie wohl länger im Depot behalten müssen. Denn wenn eine Aktie mal so stark fällt, ist kaum mit einer raschen Erholung zu rechnen.
Auch setzen Sie sich in diesem Fall möglicherweise einem Klumpenrisiko aus: Dann nämlich, wenn Sie die gleichen Titel direkt oder über Fonds indirekt unabhängig von dem strukturierten Produkt bereits in Ihrem Aktiendepot halten, was bei SMI-Werten recht wahrscheinlich ist.
Persönlich halte ich die Risiken, die Sie mit dem Instrument eingehen, für vertretbar. Aber es ist keineswegs so, dass Sie null oder nur ganz wenig Risiko eingehen. Nachdem die Schweizer Aktien im ersten Quartal bereits stark gestiegen sind, müssen Sie im weiteren Jahresverlauf mit Rückschlägen rechnen, zumal die Finanzmärkte mit dem Brexit, dem Austritt von Grossbritannien aus der EU, dem Handelsstreit, der sich abzeichnenden Wachstumsabschwächung der Weltkonjunktur und hohen Schuldenbergen in vielen Ländern weiterhin mit zahlreichen Unsicherheitsfaktoren konfrontiert sind.
Trotz schönem Coupon sollten Sie sich nur auf dieses strukturierte Produkt einlassen, wenn Sie bereit sind, einen der mit dem Produkt verbundenen Basiswerte auch auf lange Zeit hinaus im Depot zu behalten. Ansonsten würde ich die Finger davon lassen.
17 Kommentare zu «Einen hohen Zins gibt es nie ohne Haken»
Barrier Reverse Convertibles liefern mit einer Wahrscheinlichkeit von ca 70-80% den vereinbarten „Zins“. Umgekehrt verlieren Anleger mit einer Wahrscheinlichkeit 20-30%. Die durchschnittliche Rendite dieser „Produkte“ ist in der Regel negativ – vor Berücksichtigung der Kosten – sie sind so von Anbietern konstruiert worden. Warum also in solche „Produkte“ investieren, man trägt das volle Verlustrisiko des schlechtesten Titels und profitiert nur begrenzt von Kursgewinnen. Eines ist sicher, diese „Produkte“ zahlen sich für die Anbieter aus.
Herr Spieler vergisst zu erwähnen, dass, im Gegensatz zu einer Direktinvestition, die Dividende (im Durchschnitt ca. 3.5%) nicht der Anleger, sondern die ZKB einstreicht. Somit reduziert sich der Coupon schon mal um diesen Betrag. Zudem würde die Dividende z.B. im Falle von Swiss Life steuerfrei ausgeschüttet, für den Coupon wird der Anleger Einkommenssteuer bezahlen müssen.
Barrier Reverse Convertibles sind etwa gleichbedeutend, wie wenn Meteo Schweiz eine Wetterprognose herausgeben würde und Private könnten dagegen wetten, dass die Prognose nicht stimmt.
Die Zahlungen eines BRCs bestehen aus Prämien- und Zinsanteil. Prämienanteile sind übrigens steuerfrei, uns Zinsanteile sind zur Zeit auf Null, es sei denn man kauft Papiere in USD. Dass die ZKB die Aktien kauft und die Dividende einstreicht ist übrigens falsch, BRCs werden mit Hilfe von Gegenparteikontrakten an einer Terminbörse konstruiert. Prämie wird also von einer Drittpartie bezahlt und weitergeleitet. Die ZKB streicht insofern Vermittlungsprovision ein und fährt von allen dreien am wenigsten Risiko. Das nur neutral gesehen.
Ergänzend ein bisschen Wahrscheinlichkeitsrechnung:
1) Willkürlich angenommene Wahrscheinlichkeit für jede einzelne Aktie, dass sie im Beobachtungszeitraum auf den Knock-in-Level sinkt: je 25%
2) Gegenwahrscheinlichkeit, dass KEINE der 3 Aktien auf den Knock-in-Level sinkt: (100%-25%)*(100%-25%)*(100%-25%) = 75%*75%*75% = 42%
3) Wahrscheinlichkeit, dass man am Ende nicht den investierten Betrag, sondern 25% weniger (korrigiert um den Coupon) erhält: ca. 58% !!!!
Deshalb: Finger weg, vor allem von Multiple Barrier Reverse Convertibles (und umso mehr, sollten sie noch Callable sein).
In der FuW (Ausgabe Nr. 31) hat es einen spannenden Artikel zum Thema BRC. Dabei wird auch die Renditeverteilung von solchen Produkten untersucht: „Die Wahrscheinlichkeit für das gute Szenario ohne unterschrittene Barriere liege oft deutlich über 90%. Anleger würden aber oft vernachlässigen, dass im schlechten Szenario der Verlust gross sei.“
Es erstaunt, dass hier nicht von Multi Barrier Reverse Convertible (MBRC) GEWARNT wird. Dieses Finanzprodukt lagert das Risiko einseitig auf den Käufer: Gewinne werden begrenzt, aber die Verluste sind unbeschränkt (abgesehen vom lächerlichen Coupon). MBRC sind das Paradebeispiel einer Finanzprodukts, dass den Kunden schädigt und die Banken dabei profitieren.
„aber die Verluste sind unbeschränkt (abgesehen vom lächerlichen Coupon)“
Ganz verstanden haben Sie die Chose nicht: Die Verluste sind beschränkt (abgesehen vom lächerlichen Coupon) auf den eingesetzten Betrag. Nachschusspflicht besteht nicht.
Es kann durchwegs passieren dass es auf einen Totalverlust herausläuft.
Lehmann Brother hatte einige solche Produkte am Laufen beim Konkurs. Anleger haben alles verloren.
Wenn sie es genau nehmen, ja die Verluste sind auch beschränkt. Aber sagen sie das nicht zu laut, sonst kommt eine Bank noch auf die Idee, ein Produkt mit Nachschusspflicht einzuführen. Fakt ist doch, dass die Banken hoffen, dass 10 Jahre nach Beginn der Finanzkrise, die Verluste durch MBRCs vergessen gingen und jetzt werden wieder die Plakate geschaltet.
Mein Hochschulprofessor hat einmal gesagt: Wer mit Derivaten wirklich Geld verdienen möchte, muss sie emittieren. 🙂
Der grosse Haken an jedem Zins liegt darin, dass er von jemandem kassiert wird, der ihn nicht erarbeitet hat. Insofern ist Zins, egal ob positiv oder negativ, immer ein Über-den-Tisch-Ziehen eines Gegenübers. Dass das nicht nachhaltig gutgehen kann, liegt auf der Hand. Diebstahl kann sich zwar momentan lohnen. Aber auf die Dauer ist das allermeistens keine Existenzgrundlage.
Stimmt nicht immer, Frau Binsberger: Wer heute einen Kredit nutzt, um damit andernorten eine Investition zu finanzieren, kann beim vorherrschenden Zinsniveau z. T. enorme Gewinne realisieren, die ohne Kredit niemals möglich gewesen wären. Kredite können einen enormen Hebel bewirken, allerdings in beide Richtungen.
@Zufferey: Und? Kein Widerspruch. Ich habe ja nicht in Abrede gestellt, dass ich mit den Werten, die andere Leute geleistet haben und ich mir irgendwie lusch angeeignet habe, weitere Leute über den Tisch ziehen kann. Meine Behauptung geht dahin, dass solche „Mechanismen“ schlechthin DIE Basis unseres Wirtschaftssystems sind.
@ Binsberger: Ich sehe Zins eher als Preis für Geld, welches man unmittelbar zur Verfügung gestellt bekommt ohne es selber vorher erarbeiten zu müssen. Ähnlich einem geleasten Auto, mit welchem man sofort rumfahren kann ohne vorher lange sparen zu müssen. Dafür bezahlt man etwas mehr.
Daher bezeichne ich das nicht als Diebstahl, im Gegenteil. Es ist ja niemand gezwungen ein Kredit aufzunehmen und gerade bei den Hypotheken ist der Preis (Zins) den man fürs Geld bezahlt sogar häufig verhandelbar oder man kann auf dem freien Markt das beste Angebot auswählen. Die Basis unseres Wirtschaftssystem ist die freie Marktwirtschaft, die bei uns sogar noch in eine freiheitliche Gesellschaftsordnung mit sozialer Absicherung einbettet ist. Was will man mehr?
Gegen unfaire Zinspraktiken, sprich Wucher, schützt uns im übrigen der Gesetzgeber.
Mein Gott, Frau Binsberger: Es soll noch Leute geben, die ehrlich etwas erwerben! Aber so etwas geht natürlich gar nicht in der Marx’schen Bubble. Da darf niemand etwas haben, weil Besitz ja etwas grundsätzlich Falsches ist. Schauen Sie sich doch einmal um auf der Welt: Sämtliche Projekte der dunkelroten Fraktion- von der UDSSR über Kuba, Kambodscha oder Vietnam bis hin zu Maduro’s Venezuela sind kläglich gescheitert. Und wie man mit dissidenten Menschen in den radikal vergesellschaftlichten Zonen umgegangen ist, lässt sich vortrefflich in A. Solschenizyn’s „Archipel Gulag“ nachlesen…
Ich hatte vor ein paar Jahren auch ein strukturiertes Produkt der ZKB gekauft. Die Kurse sanken und der Knock-in-Level wurde erreicht. Ich sass auf einem rechten Buchverlust.
Die erhalten Aktien, Swiss Re, halte ich immer noch. Mittlerweile mit einem schönen Gewinn.