Rendite oder Sicherheit: Ein unlösbares Dilemma

Entweder oder: Eine höhere Rendite ohne erhöhte Risiken in Kauf zu nehmen, ist leider nicht realistisch. Wer hohe Sicherheit anstrebt, muss seine Renditeerwartungen sehr tief halten. Foto: iStock

Ich habe etwas Geld geerbt, das ich möglichst sicher anlegen möchte. Ich bin schon 80 und denke, dass momentan nur Aktien infrage kommen. Ich hätte 200’000 Franken zum Anlegen. Wie sehen Sie das? M.C.

Sie sprechen in Ihrer Frage zwei unterschiedliche Aspekte an: Einerseits die Sicherheit, anderseits die Renditechancen, indem Sie darauf hinweisen, dass wohl nur Aktien für die Anlage infrage kommen würden.

Tatsächlich versprechen Aktien auf lange Sicht attraktive Renditemöglichkeiten. Jedenfalls wesentlich höhere Renditechancen als beispielsweise sehr sichere Anleihen von Schuldnern mit einem erstklassigen Rating. Wenn Sie Wert auf höchste Sicherheit legen, könnten Sie Obligationen der Schweizerischen Eidgenossenschaft nutzen. Doch damit würden Sie faktisch Geld verlieren. Denn die Rendite dieser Bundesobligationen bewegt sich im Minus. Zusätzlich würden Sie auch noch Gebühren zahlen.

Auch bei vielen Unternehmensanleihen in Schweizer Franken von sehr guten und guten Schuldnern verdienen Sie kein oder fast kein Geld. Natürlich könnten Sie auf Anleihen von weniger sicheren Schuldnern ausweichen, die mehr Rendite bieten. Damit wäre aber die Sicherheit nicht mehr gegeben. Auch Fremdwährungsanleihen etwa in US-Dollar bringen klar mehr Rendite. Dann tragen Sie aber neben dem Schuldnerrisiko auch noch das Fremdwährungsrisiko.

Ein Kompromiss wäre ein Anlagefonds, der auf eine Vielzahl von unterschiedlichen Obligationen setzt und so etwas Rendite erzielt und dank der breiten Diversifikation die Risiken etwas abfedern kann. Viel verdienen können Sie aber nach Abzug aller Gebühren auch da nicht.

Aktien hingegen versprechen deutlich mehr Rendite, bergen aber auch deutlich mehr Risiken und setzen einen längeren Anlagehorizont von wenigstens acht bis zehn Jahren voraus. Wenn Sie an regelmässigen Erträgen interessiert sind, könnten Sie beispielsweise Dividendenperlen nutzen, also Aktien mit einer hohen Dividendenrendite, wie sie Swiss Re, Zurich, Swiss Life, Nestlé, Swisscom oder Roche und Novartis bieten. Je nach Dividendenperle erreichen Sie eine Dividendenrendite von drei bis fünf Prozent. Viele Unternehmen haben allerdings die Dividenden gerade ausbezahlt.

Neben Einzeltiteln, die immer ein Klumpenrisiko beinhalten, können Sie auch Anlagefonds oder Exchange Traded Funds kaufen, die sich auf Dividendenperlen in der Schweiz oder auch dem Ausland fokussieren. Allerdings dürfen Sie die damit verbundenen Schwankungsrisiken nicht unterschätzen. Bei den Aktien erwarte ich auch in den nächsten Monaten erneut stärkere Turbulenzen. Da müssen Sie sich gut überlegen, ob Sie auch angesichts Ihres Alters wirklich bereit und in der Lage sind, die mit dieser Anlageklasse verbundenen Risiken und Schwankungen zu tragen.

Beliebt bei Investoren, die gerade auch im Rentenalter regelmässige Erträge schätzen, sind auch indirekte Immobilienanlagen – also Fonds oder Aktien, die in Immobilien investieren. Auch diese bringen schöne Erträge von zwei, drei bis vier Prozent. Allerdings tragen Sie auch da erhöhte Risiken, insbesondere könnte es im Zuge von später dann irgendwann auch bei uns steigenden Zinsen zu einer Korrektur bei den Immobilienpreisen kommen.

Eine höhere Rendite ohne erhöhte Risiken in Kauf zu nehmen, ist leider nicht realistisch. Wenn Sie indes hohe Sicherheit anstreben, müssen Sie Ihre Renditeerwartungen sehr tief halten. Dieses Dilemma ist derzeit kaum zu lösen.

Ich empfehle Ihnen, sich von Ihrer Bank und auch von einem oder zwei weiteren Instituten je einen Anlagevorschlag für Ihre 200’000 Franken ausarbeiten zu lassen und sich gleichzeitig die damit verbundenen Risiken und Gebühren konkret aufzeigen zu lassen. Dann können Sie entscheiden.

Ein Kompromiss könnte auch sein, dass Sie die Hälfte bewusst mit höherem Risiko in Dividendenperlen investieren und das erhöhte Risiko in Kauf nehmen und die andere Hälfte als Absicherung auf dem Konto einer sicheren Bank liegen lassen. Dann hätten Sie wenigstens auf einem Teil des Geldes etwas mehr Ertrag.

7 Kommentare zu «Rendite oder Sicherheit: Ein unlösbares Dilemma»

  • Esther sagt:

    Die Beschreibung der diversen Risikogruppen ist sicher hilfreich.
    Aber das Problem sehe ich darin, wieviel Risiko sie eingehen wollen.
    Wieviel Geld sind sie bereit zu verspielen bzw zu verlieren.
    Die effektiven Kursschwankungen der Anlagen sehen sie in den Diagrammen über die letzten 30Jahre. Lassen sie sich diese vom Bankbberater ausdrucken und nicht nur die letzten 10Jahre. Es ist nämlich gut möglich, dass sie in 2 Jahren mehr Geld haben aber in 10Jahren wieder viel weniger.
    Ich habe lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach.
    Viel Glück

  • Josef Marti sagt:

    Mit 80 erübrigen sich Anlageprobleme, das Geld kann man bereits im voraus fürs Pflegheim abschreiben, zum Verdruss der Erben.

  • Marco sagt:

    Sorry, aber mit 80 würde ich das Geld nur noch anlegen, wenn es mir quasi egal ist. Der Anlagehorizont ist klar zu kurz für Aktien und in etwas anderes investieren lohnt sich kaum.

    Ich benötige das Geld respektive möchte es in wenigen Jahren verwenden:
    Nicht mehr anlegen

    Ich benötige das Geld nicht:
    In einen günstigen ETF investieren (z.B. Swiss Dividend von Blackrock mit 0.15% Gebühr).
    oder einfach Stock Picking. Ich bin bisher gut gefahren mit einem Mix aus Schweizer- und US-Titeln. Eine Auswahl: Nestle, Sika, Zürich, Givaudan, Apple, Visa, Berkshire, CRM, Accenture. Gibt Wachstumschancen und Dividende.

  • Ingold Otto sagt:

    Was immer wieder vergessen wird, am meisten sparen und damit Rendite generieren kann man mit Verzicht auf neueste Handys, TV, Autos, unnötig teure Lebensmittel und Reisen, was auch der Umwelt zu gute kommt.

    • Karl Knapp sagt:

      Teure Bordeaux-Weine sollen ja im Alter besser schmecken, so wenigstens der Mythos. Der Rest ist wegen der schwächelnden Augen und der Anstrengung beim Reisen sowieso irrelevant.

  • Lisa sagt:

    Welches sind denn heute noch sichere Banken?

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