Eine riskante Steuerersparnis

Verlockende Steuerersparnis für die Vorsorge: Doch wer freiwillige Einzahlungen in Pensionskassen mit einem tiefen Deckungsgrad tätigt, geht automatisch ein gewisses Risiko ein. Foto: iStock
Ich hätte Gelegenheit, mich bei der Bernischen Pensionskasse einzukaufen. Der Deckungsgrad dieser Kasse ist nicht berauschend. Ich frage mich, ob es sich trotzdem lohnt, sich einzukaufen. J.B.
Die Bernische Pensionskasse versichert unter anderem die Mitarbeitenden des Kantons, der Universität Bern, der Berner Fachhochschule sowie von weiteren 139 Arbeitgebern. Sie führt als selbstständige Unternehmung die berufliche Vorsorge für den Kanton Bern und die weiteren angeschlossenen Arbeitgeber.
Das vergangene Anlagejahr 2018 war für die BPK wie für die meisten Vorsorgeeinrichtungen enttäuschend. Sie erwirtschaftete eine Nettorendite von –2,8 Prozent. Viele Kassen schnitten allerdings noch schlechter ab. Gemäss dem Vorsorgemonitor von Swisscanto erzielten die erfassten Vorsorgeeinrichtungen 2018 eine geschätzte vermögensgewichtete Rendite von –3,53 Prozent, womit sich 2018 als schwächstes Anlagejahr seit der Finanzkrise 2008 erwies.
Die negative Anlagerendite hat auch Folgen für den Deckungsgrad. Bei Ihrer Kasse, der BPK, sank der Deckungsgrad von 95,2 Prozent auf nur noch 91,5 Prozent. Auch diesbezüglich bewegt sich Ihre Kasse in guter Gesellschaft. Laut Swisscanto haben sich die Reserven der Schweizer Vorsorgeeinrichtungen 2018 aufgrund von Anlageverlusten im Durchschnitt von 14,4 Prozent auf 7,7 Prozent fast halbiert. Die Deckungsgrade nahmen ab. Per Ende 2018 betrugen die Deckungsgrade laut den Schätzungen bei privatrechtlichen Kassen 107,7 Prozent, bei öffentlich-rechtlichen Kassen mit Vollkapitalisierung 101,5 Prozent und bei öffentlich-rechtlichen Kassen mit Teilkapitalisierung 78,6 Prozent.
Nachdem sich in den ersten zwei Monaten dieses Jahres die Aktienkurse deutlich erholt hatten, gehe ich davon aus, dass sich auch die Deckungsgrade der Kassen wieder auf einem höheren Niveau bewegen. Dennoch ist nicht auszuschliessen, dass die Kassen auch in diesem Jahr eine negative Entwicklung erleben, obwohl ich das Anlageumfeld als deutlich besser einschätze als noch Ende 2018. Trotzdem haben Sie keine Garantie, dass der Deckungsgrad Ihrer Kasse bei einer negativen Anlageentwicklung nicht noch weiter sinkt.
Das würde eigentlich gegen eine freiwillige Einzahlung in die Pensionskasse sprechen. Verlockend ist aber die Steuerersparnis, die Sie dank einer freiwilligen Einzahlung realisieren könnten.
Generell rate ich, auf freiwillige Einzahlungen in Kassen mit einem Deckungsgrad von weniger als 100 Prozent zu verzichten. Denn mit einem tieferen Deckungsgrad gehen Sie automatisch ein gewisses Risiko ein. Darauf, dass der Kanton mögliche Löcher einfach füllt, können Sie sich nicht mehr verlassen.
Falls Sie trotzdem freiwillig in Ihre Kasse einzahlen, müssen Sie sich bewusst sein, dass Sie sich bei einer weiter negativen Entwicklung des Deckungsgrades Ihrer Kasse unter Umständen an Sanierungsmassnahmen beteiligen müssten. Das kann höhere Beitrage von Arbeitnehmern und Arbeitgebern und eine Nullverzinsung des überobligatorischen Kapitalanteils beinhalten.
Sie müssen abschätzen, was Sie stärker gewichten: die Steuerersparnis oder das erhöhte Risiko. Eine Einzahlung vornehmen dürfen Sie aus meiner Sicht nur, wenn Sie das Risiko, sich später allenfalls an Sanierungsmassnahmen beteiligen zu müssen, tragen können und wollen.
11 Kommentare zu «Eine riskante Steuerersparnis»
Kann mir jemand sagen wie die Sache aussieht, wenn ich heute in eine PK mit guten Deckungsgrad einzahle und später einmal meinen Job wechsle und dann diese PK einen schlechten Deckungsgrad hat. Wie werden dann dies freiwilligen Einzahlungen beurteilt?
Beachten Sie nicht die Aussage von Fritz Kunz!
Bei Austritt durch Jobwechsel erhalten Sie die volle Freizügigkeitsleistung. Austrittsleistung entspricht 100%. Egal ob DG 95% oder 105%.
Anders sieht es aus, wenn Sie in eine Teilliquidation “hineingeraten” sollten. Dann kann die Austrittsleistung in der Höhe des DG erfolgen.
Somit sollte das Risiko, ob ein hoher Abbau der Belegschaft oder eine Restrukturierung beim AG bevorsteht geprüft werden. Ist auf lange Sicht natürlich kaum zu bewerkstelligen.
Lassen Sie sich von Ihrer PK ein Teilliquidationsreglement aushändigen.
Einkäufe sind immer überobligatorisch. Nicht nur bei einer Sanierung kann dieser Teil bezüglich Verzinsung und kommenden Leistungen schlechter behandelt werden.
Bezüglich Steuerersparnis erst die Säule 3a weiter äufnen.
@ Karl S.: Beim Austritt erhalten Sie den aktuellen Deckungsgrad, liegt dieser bei 90% verlieren sie bei einem Alterskapital von zum Beispiel 300´000.- satte 30´000.- Franken und können unter Umständen gar nicht mehr wechseln oder dann nur mit dem genannten Verlust.
Herr Kunz, dies ist nicht korrekt! Bei einem Jobwechsel erhalten Sie Ihr gesamtes Altersguthaben, auch wenn Ihre PK in einer Unterdeckung ist. Bei einer Teil- oder Gesamtliquidation kann dies anders aussehen.
Das, was sie schreiben, ist falsch! Bei einem Wechsel erhalten sie die volle Austrittsleistung, bei einer Teilliquidation wird die Austrittsleistung anteilsmässig gekürzt.
Wäre mir dann nicht, wenn ich nicht mal alles Geld erhalte, welches ich einbezahlte, nur weil der Deckungsgrad nicht 100 % beträgt. Natürlich ist es so, wie Reto und Leo es sagen. Warum schreiben Sie eigentlich so einen Scheiss, Herr Kunz?
Nein Herr Kunz, das ist falsch. Bei individuellen Eintritten und Austritten ist der Deckungsgrad irrelevant, ebenso bei der Pensionierung. Wer mit einer Austrittsleistung von 300’000.- aus einer Pensionskasse mit Deckungsgrad 90% austritt, erhält 300’000.-.
Und allgemein:
Das Sanierungsrisiko ist für die meisten Versicherten (finanziell) fast unabhängig vom freiwilligen Einkauf. Wer wegen Sanierungsmassnahmen zusätzliche Beiträge leisten muss, zahlt diese in der Regel lohnabhängig – d.h. unabhängig davon, ob vorher freiwillige Einlagen geleistet worden sind. Kapitalabhängige Sanierungsbeiträge kennt eigentlich keine Kasse – und wenn, dann zahlt der öffentlich-rechtliche Arbeitgeber z.B. für die Rentner Deckungskapital-abhängig Sanierungsbeitrag.
Die Nullverzinsung ist von dem her in der Praxis das höchste Risiko, und die Auswirkungen sind vor allem kurz vor Pensionierung im Kontext mit der Steuerbelastung und alternativen Anlagemöglichkeiten (statt Einzahlung) zu vergleichen. Wir eine Rentenverbesserung angestrebt, kauft man trotzdem ein.
@Fritz Kunz: Falsch. Ein versicherungstechnischer Fehlbetrag der PK führt bei einem individuellen Austritt (also bei einem normalen Stellenwechsel) zu keiner Kürzung der Austrittsleistung (AL). Eine Ausnahme bilden die 1e-Vorsorgepläne (Art. 19a FZG). Im Übrigen ist eine Kürzung der AL nur möglich im Rahmen einer Teil- oder Gesamtliquidation der PK infolge eines kollektiven Austritts (Art. 19 Abs. 2 FZG; bei PKs mit Staatsgarantie gilt dies ausserdem nur beschränkt),wobei Einkäufe der letzten 3 Jahre vor der Teil- oder Gesamtliq. von einer Kürzung i.d.R. ausgenommen sind. Gemeint sind mit einem kollektiven Austritt Fälle, in denen die Belegschaft od. zumindest ein gewisser Teil davon die PK verlässt (z.B. bei Massenentlassungen, Restrukturierungen und Wechsel der PK durch den Arbeitgeber).
Ein Einkauf macht ja nur bis zu einem Betrag Sinn, der auch in diesem Steuerjahr vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden kann. Für alles, was darüber liegt, geht man ein Risiko ein ohne wirklichen Gegenwert. Aber OK, wenn der Fragesteller vielleicht Ermotti heisst, sieht die Sache vielleicht anders aus…
Herr Spieler, bei der BPK werden bereits seit Jahren von AN und AG (Kanton) Sanierungsbeiträge bezahlt und sie befindet sich als öffentlich-rechtliche Kasse im System der Teilkapitalisierung mit einem Sanierungsplan bis 2034 und einer Renten-Garantie des Kantons. Es wäre schön, wenn Sie solche „Kleinigkeiten“ bei Beratungen ebenfalls berücksichtigen würden, da sie nun wahrlich nicht nebensächlich sind und auf einen Entscheid, ob man sich einkaufen sollte oder nicht, erheblichen Einfluss haben sollten!