So sind Sie gut beraten

Als Kunde sollte man realistische Erwartungen an eine Beratung haben: Wer von seiner Tätigkeit lebt, will möglichst hohe Gewinne für sich erwirtschaften. Foto: iStock

Ich bin 34 Jahre alt und muss mir überlegen, wie ich mein Geld anlege. Ein grundsätzliches Verständnis von Wertpapieren glaube ich zu haben. Dennoch fühle ich mich mit dem Zusammenstellen einer Anlagestrategie überfordert. Meine Bank hat versucht, mich zu beraten. Mein Wissen reicht aber aus, um diese Beratung als im Interesse der Bank zu identifizieren. So kommen etwa günstigere Produkte immer nur auf explizite Nachfrage zur Sprache. Wie finde ich einen Finanzberater, der im Interesse des Anlegers berät? N.H.

Eigentlich sollten jede Bank und jeder Finanzberater im Interesse des Kunden handeln, zumal viele Finanzakteure gerne damit werben, dass für sie der Kunde im Mittelpunkt steht. In der Praxis ist die Sache, wie Sie richtig festgestellt haben, komplexer. Längst nicht immer steht das Kundeninteresse bei Anlageentscheiden zuoberst auf der Agenda. Nicht selten haben Kunden primär bankeigene Produkte oder zumindest jene Produkte in ihren Depots, die für die Banken möglichst lukrative Kommissionen abwerfen.

Als Kunde sollte man realistische Erwartungen haben: Jede Bank oder auch jeder Berater, der von seiner Tätigkeit lebt, will möglichst hohe Gewinne für sich erwirtschaften. Offensichtlich ist das bei an der Börse gehandelten Instituten: Ihre Aktionäre erwarten eine Gewinnsteigerung. Die ist nur möglich, wenn die Margen für die Bank attraktiv sind.

Hier besteht ein klassischer Interessenkonflikt: Die Bank will den Kunden dienen, muss aber auch darauf schauen, dass sie möglichst viel verdient. Da kann es schon vorkommen, dass man sich als Kunde wie eine Milchkuh fühlt, die regelmässig kräftig gemolken wird.

Abhilfe schaffen kann man als Kunde, indem man das Thema direkt anspricht und volle Gebührentransparenz verlangt, was auch versteckte Gebühren beinhaltet. Dann können Sie entscheiden, ob Ihnen die Dienstleistung wirklich den Preis wert ist. Gratis gibt es nichts.

Grundsätzlich soll jeder für seine Arbeit und seine Expertise eine gute Entschädigung bekommen. Problematisch wird es indes, wenn Intransparenz herrscht. Wenn die Bank beispielsweise Produkte vorzieht, die nicht zwingend besser sind als günstigere, aber der Bank mehr einbringen – und der Kunde davon nichts weiss. Teilweise Abhilfe schaffen Pauschalgebühren, bei denen alles inbegriffen ist. Dann fällt wenigstens der Anreiz weg, möglichst teure Instrumente zu nutzen.

Eine mögliche Alternative sind auch jene Berater, die wie Anwälte auf Stundenbasis arbeiten. Doch auch da haben Sie keine Garantie, dass Sie dann wirklich die bestmögliche Strategie bekommen oder allenfalls doch auch noch Kickbacks fliessen.

Wenn Sie als Kunde realistische Erwartungen haben und die Gebühren und Kickbacks auch konkret thematisieren, können Sie eigentlich mit jeder Bank arbeiten. Sie müssen nur klare Anweisungen geben, dass Sie zum Beispiel, wenn Sie möglichst tiefe Gebühren wünschen, nur auf passiv verwaltete Fonds setzen möchten und Kickbacks an Sie fliessen müssen. Die Fondsgebühren lassen sich recht gut vergleichen und sollten auf jedem Factsheet, das Sie erhalten, aufgeführt sein.

Eine passende Strategie, die auf Ihre individuellen Bedürfnisse und Risikofähigkeit eingeht, können Sie sich vorgängig von der Bank oder dem unabhängigen Vermögensverwalter ausarbeiten lassen, wie es viele Anbieter gegen ein zuvor festgelegtes Pauschalhonorar offerieren.

Unbedingt einbeziehen sollten Sie in Ihren Finanzplan, der auf Ihre persönlichen Lebensumstände abgestimmt ist, auch die Altersvorsorge. Wenn Sie schon separat für Ihren Finanzplan bezahlen, dürfen Sie auch erwarten, dass man Ihnen dann nicht nur bankeigene Fonds vorschlägt. Und dass Ihnen alle möglichen Kickbacks weitergeleitet werden.

Vermehrt angeboten werden auch computerbasierte Anlagestrategien. Wie erfolgreich solche günstigen Roboadviser-Strategien in der Praxis wirklich sind, kann ich nicht beurteilen.

Aus meiner Sicht lohnt es sich, wenn Sie mit mehreren Banken und Vermögensverwaltern sprechen. Dann können Sie nicht nur die Gebühren vergleichen, sondern auch besser beurteilen, wer wirklich auf Ihre Bedürfnisse eingeht und diese mit einem optimalen Preis-Leistungs-Verhältnis im Rahmen eines Anlagevorschlages umsetzen kann.

Ein Kommentar zu «So sind Sie gut beraten»

  • Paul Kellenberger sagt:

    Retrozessionen
    Zu diesem Thema hat das Schweizerische Bundesgericht für Bankkunden einen besonders bedeutsame Grundsatzentscheid gefällt: Im Entscheid vom 30. Oktober 2012 stellt es klar, dass Kunden mit Vermögensverwaltungsauftrag Rechenschaftsablage und Auskunft nicht nur von den Retrozessionen, sondern auch von sogenannten Bestandeskommission verlangen können, sowie sie auf diese nicht verzichtet haben. Und genau hackt die Zürcher Kantonalbank ein. Da steht unter Vertragspunkt 21. Vertriebsentschädigungen: „Sofern die Entschädigungen in Erfüllung eines Auftragsvergältnisses an den Kunden weitergeleitet werden müssten, verzichtet der Kunde in Kenntnis des in obererwähntem Merkblatt ausgewiesenen Berechnungswerte ausdrücklich auf deren Erstattung.“

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