So hat GAM das Vertrauen verspielt

Ein Trauerspiel: Nun wird GAM zwar restrukturiert, mit einer raschen Erholung des extrem tiefen Aktienkurses ist trotzdem nicht zu rechnen. Foto: Keystone
Seit Jahren habe ich 200 GAM-Aktien. Diese Aktien habe ich nicht gekauft, sondern von der Abspaltung von Julius Bär bekommen. Bis jetzt hatte ich die Strategie abwarten und aussitzen. Soll ich sie jetzt trotzdem noch verkaufen, oder soll ich weiterhin abwarten und auf ein Wunder hoffen? N. D.
Was wir bei GAM erleben, ist ein Trauerspiel. Die Vermögensverwalterin hat das Vertrauen der Anleger arg strapaziert. Vielen ist längst der Kragen geplatzt, und sie haben sich von GAM distanziert.
Nach der neusten Gewinnwarnung erwartet die Vermögensverwalterin für 2018 einen Verlust von fast einer Milliarde Franken. Der hoch bezahlte CEO Alexander Friedman suchte bereits im November das Weite und hinterliess einen grandiosen Scherbenhaufen, den sein Nachfolger jetzt aufräumen muss und den vor allem die verbliebenen Aktionäre als Hypothek für die Zukunft tragen müssen.
Schon seit Monaten kommt es bei GAM zu massiven Vermögensabflüssen. Seit dem irritierenden Abgang von Investmentmanager Tim Haywood, den sich breitmachenden Zweifeln an dessen Risikomanagement und der Fondsschliessung im Sommer hat sich der Vermögensabfluss weiter verstärkt. Per Ende November bildeten sich die verwalteten Vermögen von 146,1 Milliarden Franken noch Ende September auf nur noch 139,1 Milliarden Franken zurück. Das ist fatal, da die verwalteten Vermögen die Basis für die Unternehmensgewinne sind. Noch im Vorjahr erwirtschaftete das Unternehmen einen Reingewinn von 123,2 Millionen Franken. 2018 wird es wohl ein Verlust von rund 925 Millionen Franken sein.
Nun wird GAM restrukturiert. Die Kosten werden gesenkt und zehn Prozent der Stellen abgebaut. Auch auf die Ausschüttung einer Dividende wird verzichtet, womit Sie als Aktionärin doppelt die Zeche zahlen: einerseits mit einem Buchverlust auf Ihren Aktien, anderseits mit dem Dividendenausfall. Da nützt es wenig, dass das Management in Aussicht stellt, dass nach dem Dividendenausfall künftig eine Ausschüttung von mindestens 50 Prozent des zugrunde liegenden Reingewinns anvisiert wird.
All diese Aspekte zeigen, dass GAM das Vertrauen der Kunden und Anleger verspielt hat. Darin sehe ich das grösste Problem für die Aktie. Es wird für die Vermögensverwalterin ein harter Weg, das Vertrauen zurückzugewinnen. Dass es gelingt, ist nicht sicher. Gut möglich ist, dass es nochmals von unerwarteter Seite zu einem Rückschlag kommt.
Trotz Kurseinbruch halte ich die GAM-Aktien keineswegs für ein attraktives Schnäppchen, da es bei diesen Titeln noch viele Unwägbarkeiten gibt und die Risiken hoch bleiben. Auf dem extrem tiefen Niveau jetzt noch die Aktien zu verkaufen, bringt allerdings auch nicht mehr viel.
Nachdem Sie schon so lange zugewartet hatten und die Titel aus der Abspaltung von Julius Bär erhielten, würde ich an Ihrer Stelle das in den GAM-Aktien noch verbliebene gebundene Geld mental ganz abschreiben und dann auf eine Erholung hoffen. Dafür brauchen Sie aber viel Zeit.
3 Kommentare zu «So hat GAM das Vertrauen verspielt»
Gibt es (noch) Vermögensverwalter, denen man Vertrauen schenken kann?
Ich kenne keine. Ich mache es selber. Allerdigs braucht man viel Zeit dazu und am Anfang bezahlt man Lehrgeld.
Lehrgeld bezahlt man immer. Der Trick besteht nur darin, dass man es irgendwann verschmerzen kann. Und ja, eine Vermögensverwaltung ist halt auch nicht mehr als eine, sagen wir mal, Liegenschaftsverwaltung…