Wer seine Hypozinsen jetzt anbinden sollte

Bei der Wahl der Laufzeit einer Festhypothek stehen zwei Aspekte im Vordergrund: Die Lebensumstände und die Zinsperspektiven. Und diese ziehen mittelfristig an. Foto: iStock
Ende Oktober läuft meine 8-jährige Festhypothek für mein Einfamilienhaus bei meiner Bank aus. Ich habe eine Hypothek von über 400’000 Franken. Ich bin pensioniert, 69 Jahre alt, gesund und möchte das Haus möglichst lange bewohnen. Nun habe ich folgende Angebote von meiner Bank: 5 Jahre zum Satz von 0.87 Prozent und 8 Jahre zum Satz von 1.19 Prozent. Welche Laufzeit würden Sie mir empfehlen? W.B.
Festhypotheken haben den grossen Pluspunkt, dass man sich während der gewählten Laufzeit Sicherheit verschafft. Man weiss genau, welche Zinskosten anfallen und kann seine Ausgaben so gut budgetieren.
Bei der Wahl der Laufzeit einer Festhypothek stehen zwei Aspekte für die Entscheidungsfindung im Vordergrund: Erstens Ihre Lebensumstände und zweitens die Zinsperspektiven.
Zum ersten Aspekt haben Sie geschrieben, dass Sie das Haus möglichst lange bewohnen möchten. Sie sind gesund. Damit sind die Voraussetzungen dafür positiv, was für eine längere Laufzeit von acht Jahren spricht. Auch die finanzielle Tragbarkeit ist aus Sicht der Bank offenbar problemlos gegeben.
Natürlich kann im Leben immer etwas anders laufen als man es sich vorgestellt hat. Dieses Restrisiko bleibt für Sie auch in Hinblick auf die Hypothekenverlängerung. Sollte es Ihnen gesundheitlich plötzlich doch schlecht gehen und Sie wären nicht mehr in der Lage, in dem Haus zu bleiben und müssten es verkaufen, könnte die Hypothek ein Nachteil sein.
Dieses Risiko können Sie aber aus meiner Sicht gut tragen. Selbst in diesem Fall besteht eine gute Chance, dass Sie die Hypothek an einen Käufer weiter geben können. Denn die Zinsen werden kaum mehr sinken. Die Chance ist hingegen gross, dass sie mittelfristig dann doch langsam anziehen werden.
Kurzfristig rechne ich weiter mit sehr tiefen Zinsen. Der Grund: Die Europäische Zentralbank hat klar signalisiert, dass sie ihre Leitzinsen noch bis mindestens im Sommer 2019 tief behalten will.
Solange die Europäische Zentralbank an den rekordtiefen Zinsen festhält, hat auch die Schweizerische Nationalbank keinen Spielraum, um die Zinsen in der Schweiz anzuheben. Würde sie dies trotzdem tun, käme es wieder zu einer Frankenerstarkung, was die Nationalbank unbedingt verhindern will.
Tatsache ist aber auch, dass die Teuerung in Europa und in geringem Ausmass auch bei uns langsam anzieht. Angesichts der positiven Konjunktur könnten dann die Zinsen mittelfristig doch in die Höhe tendieren, was dann auch die Hypotheken verteuern würde. Einen Zinssprung erwarte ich nicht, aber doch einen mittelfristigen Trend nach oben.
Das spricht meines Erachtens ebenfalls dafür, dass Sie für sich die tiefen Zinsen möglichst anbinden. Vor diesem Hintergrund würde in Ihrem Fall die längere Variante wählen und die Festhypothek mit einer Laufzeit von acht Jahren nutzen. Unabhängig davon könnten Sie sich noch Gegenangebote von Konkurrenten oder von unabhängigen Hypothekenvermittlern einholen.
Wenn Sie diesen Aufwand in Kauf nehmen möchten, haben Sie eine gute Wahrscheinlichkeit, dass Sie die achtjährige Festhypothek sogar noch etwas günstiger bekommen.
19 Kommentare zu «Wer seine Hypozinsen jetzt anbinden sollte»
Wer glaubt, eine Festhypothek sei Bankseitig nicht kündbar, der irrt. Denn viele Anbieter fügen in Ihren Vertragsbestimmungen Klauseln ein, die es dem Finanzinstitut erlauben, vorzeitig aus dem Vertrag auszusteigen. Beispielsweise dann, wenn der Wert der Immobilie stark sinkt. Wie hoch die Reduktion des Immobilienwertes sein muss, ist indes meist nicht klar definiert und lässt damit Spielraum für die Institute.
Banken empfehlen am liebsten Festhypotheken, weil sie am meisten daran verdienen. Doch wer den Zins lange anbindet, nimmt grosse Nachteile in Kauf.
Erstens Festhypotheken bleiben zu teuer.
Mit einer Festhypothek wettet man gegen den Markt. Diese Wette gewinnt man nur, wenn die Zinsen stärker steigen, als es der Markt erwartet. In den letzten Jahrzehnten war das nie der Fall. Geldmarkt-Hypotheken waren immer günstiger. Bin 76-jährig und habe soeben mein 3-Monats Libor um weitere 5-Jahre zu 0.56% (Marge) erneuert.
Mit dem angegeben Zinsatz von 1.18% für eine 8-jährige Festhypothek – sofern er aktuell immer noch Gültigkeit haben sollte – wird von einem anderen Geldinstitut nicht so einfach zu unterbieten sein. Da liegen mit heutigem Datum selbst online Hypothekarangebote über disesem Zinssatz. Siehe z.B. hypomat.ch
https://hypomat.glkb.ch/online-hypothek/hypothek-aktuelle-zinsen?0
Wir haben anfangs Oktober über den von Banken und Finanzdienstleistern unabhängigen online Anbieter
moneyland.ch eine 8-jährige Festhypothek über
1.05% abgeschlossen.
Ich würde auch prüfen, ob Sie nicht mit allenfalls vorhandenen liquiden Mitteln einen Teil der Hypothek amortisieren möchten. Denn auf den Cashbeständen bekommen Sie kaum mehr Zins und gehen bei sehr grossen Beträgen über 100’000 Franken erhöhte Risiken im Fall eines Bankkonkurses ein. Vor allem aber sparen Sie sich bei einer Teilamortisation die Zinskosten.
Wer viel Cash hat, der sollte meines Erachtens die Hypothek reduzieren. Unter dem Strich machen Sie so ein besseres Geschäft.
Hypotheken im Alter sind meines Erachtens immer (noch) fest anzubinden. Bei Tragbarfähigkeitsrechnungen von 5 % sind 1.18 % für eine Laufzeit von 8 Jahren geradezu ein Schnäppchen. Ich würde sie sogar noch länger anbinden zu einem etwas höheren Satz. Es gibt 15jährige Laufzeiten unter 2 %. Das Gesundheitsrisiko besteht immer ab 60 Jahren auch wenn man zur Zeit fit ist.
Einzelne Banken bauen in Ihren Verträgen oder Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) Klauseln ein, welche es den Banken erlauben, den Hypothekarvertrag unter gewissen Umständen zu künden. Beispiel: Wenn sich das Einkommen des Kreditnehmers verschlechtert, nimmt die Bank sich das Recht heraus, aus dem laufenden Vertrag auszusteigen. Bei Abschluss einer langen Vertragslaufzeit mit Festhypothek kann das für den Kreditnehmer schmerzhaft sein: Denn die Bank verlangt dann eine Vorfälligkeitsentschädigung obwohl sie selber gekündigt hat. Sind die Zinsen beim Neuabschluss zudem höher als beim ursprünglichen Abschluss, finanziert die neue Bank die Liegenschaft automatisch zu den aktuellen, eben höheren, Zinsen.
Sie, Herr Schulze, haben vollkommen recht! Der Hypothekennehmer ist im Krisenfall immer (!) „der Affe“.
Was geschieht eigentlich mit einer Hypothek wenn man stirbt? Wird der geschuldete Betrag sofort aus dem Erbe fällig oder geht die Hypothek mit gleichen Bedingungen auf die Erben über bis sie ausläuft? Oder passiert noch etwas anderes?
Die Schulden gehen mit dem Vermögen auf die Erben über:
Die Erben treten einfach an Stelle des Erblassers in sein ganzes Vermögen, seine Rechte und Pflichten ein.
Zum Beitrag:
Letztlich ist eine Festhypo eine Spekulation darauf, dass die Zinsen schneller oder höher steigen, als der Markt erwartet. Was der Markt erwartet, ist in den den Festhypotheken eingepreist. Keine Spekulation, sondern defensive Finanzierung ist, einen Teil seiner zukünftigen Zinsverpflichtungen langfristig anzubinden. „Nicht alle Eier in einen Korb legen“ schützt vor dem worst case.
@ Anh T.: Würde Ihnen Ihre Bank heute eine 10jährige Festhypothek zu einem sehr tiefen Zins geben, wenn sie stark steigende Zinsen erwarten würde? Nein. Die Bank muss sich ja refinanzieren. Das bedeutet, dass wenn Sie Ihnen einen Kredit gibt, es einen Sparer geben muss, der seinerseits Geld bei der Bank anlegt. Die Bank verdient Geld, indem Sie Geld teurer ausleiht als sie es selbst verzinst.
Nicht einen Sparer (Sparkonto mit Kündigungsfrist von 3 oder 6 Monaten) sucht meine Bank, sondern jemanden, der Geld auf die gleiche Dauer anlegt wie sie es mir ausleiht: Sie will eine Marge von rund 1%, sicher, kalkulierbar auf die gesamte Laufzeit. Wenn die Bank eine zehnjahres Hypo vergibt, weiss sie, wieviel sie damit verdient über 10 Jahre.
Einer seriösen Bank ist Fristenkongruenz wichtig, hat sie andere Erwartungen als der Markt betreffend Zinsentwicklung, versucht sie damit Geld zu verdienen, aber nicht mit Vergabe von Hypotheken, sondern irgendwo in ihrer „Zockerabteilung“, im Eigenhandel.
@Manuela Sivers
Sie glauben also allen Ernstes immer noch, dass Banken für die Vergabe von Krediten das Geld von Sparern benötigen?
@ Martin Leu: Wieso gibt es dann 3-monatige Kündigungsfristen für Sparkonten, wenn die Gelder nicht für Kredite benötigt werden, bin gespannt..
@ Anh Toan: Also ich kennen niemanden welcher in diesem Niedrigzinsumfeld ein Festgeld über 10-Jahre abschliesst oder eine Kassenobligation über 8-Jahre für lausige 1% Zins. Sehr wohl werden Spargelder für Kredite vergeben, besser als negativ Zinsen abzuliefern.
@Mustafa Raki
Weil die Bank eine kleine Liquiditätsreserve halten muss. Ca. 90% der Kredite werden von der Bank mittels Bilanzverlängerung als Giralgeld geschöpft und haben rein gar nichts mit Spargeldern zu tun.
@Isabell Bauer
Pensionskassen und (andere Lebens-) Versicherungen vor allem.
@Martin Leu
Die „Spargelder“, besser Bankeinlagen entstehen durch die Kreditvergabe der Banken. Am einfachsten ist es zu erklären bei einem Neubau:
Das Baukreditkonto, das später in eine Hypo gewandelt wird, wird belastet, gutgeschrieben wird das Geld den Handwerkern. Der Bauherr ist dann genauso soviel in den Miesen bei der Bank, wie der Handwerker mehr auf dem Konto hat. Ohne Baukredit würde nicht gebaut, und der Handwerker hätte keine Arbeit und nichts auf dem Konto. Das Guthaben des Handwerkers kommt aus dem dem Bauherrn gewährten Kredit.
Kein Hokuspokus mit Schöpfen aus nichts, sondern simple Buchhaltung. Soll = Haben.
Ich vermisse im Zusammenhang Ausführungen zur Vorfälligkeitsentschädigung.