Warum gelte ich als «qualifizierter Anleger»?

Vermögensverwaltung: Finanzfirmen ist es vorgeschrieben, ihre Kunden in sogenannte qualifizierte und nicht qualifizierte Anleger zu segmentieren. Foto: iStock
Unser Vermögensberater verlangt von uns, dass wir ein Formular unterschreiben, das uns als «qualifizierter Anleger» ausweist, obwohl ich das meiner Meinung nach nicht bin. Wann gilt man als qualifizierter Anleger? I.Z.
Grundsätzlich sollten Sie nie etwas unterschreiben, das gemäss Ihrer Sicht nicht den Tatsachen entspricht. Denn je nach Konstellation könnte man eine solche Bestätigung später im schlimmsten Falle gegen Ihre Interessen verwenden.
Nun ist es tatsächlich so, dass den Finanzfirmen vorgeschrieben ist, ihre Kunden in sogenannte qualifizierte und stärker schutzbedürftige nicht qualifizierte Anleger zu segmentieren.
Als qualifizierte Anleger, gemäss Artikel 10 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die kollektiven Kapitalanlagen (KAG), gelten von der Eidgenössischen Finanzmarktaufischt beaufsichtigte Finanzintermediäre wie Banken, Effektenhändler, Fondsleistungen und Versicherungseinrichtungen.
Weiter dazu zählen öffentlich-rechtliche Körperschaften und Vorsorgeeinrichtungen und Unternehmen mit professioneller Tresorerie. Dazu Anleger, die mit einem beaufsichtigten Finanzintermediär einen schriftlichen Vermögensverwaltervertrag haben oder vermögende Privatpersonen.
Der letzte Punkt wirkt etwas gar schwammig. Als vermögende Privatperson gilt, wer schriftlich bestätigt, direkt oder indirekt über Finanzanlagen von mindestens 2 Millionen Franken netto zu verfügen. Nicht dazu gezählt werden Immobilien oder Guthaben der 2. und 3. Säule.
Wenn Sie mit Ihrem Vermögensverwalter und beaufsichtigten Finanzintermediär einen schriftlichen Vermögensverwaltervertrag abgeschlossen haben oder Finanzanlagen von über 2 Millionen Franken aufweisen, gelten Sie automatisch als qualifizierter Anleger – selbst dann, wenn Sie sich nicht als solcher empfinden.
Ihr Vermögensverwalter wird auf die Unterzeichnung des Formulars pochen.
Lösen könnten Sie Ihren Zwiespalt, den ich verstehe, indem Sie auf dem Formular handschriftlich einen Vorbehalt anbringen.
Erwähnen Sie, dass Sie selbst – anders als Ihr Vermögensverwalter – nicht über fachtechnisches Wissen und die damit verbundene Erfahrung mit Finanzanlagen verfügen, welche Sie als qualifizierten Anleger ausweisen würde.
9 Kommentare zu «Warum gelte ich als «qualifizierter Anleger»?»
Interessant wäre, was sich dadurch ändert, ob ich als qualifizierter Anleger gelte oder nicht.
Eventuell kann dies die Steuerbehörde auf den Plan rufen. Börsengewinne sind für Private generell von der Einkommenssteuer befreit. Als „qualifizierter Anleger“ kann man da schon mal ins Fettnäpfchen treten. Es gibt da noch ein paar andere Kriterien welche Herr Spieler bestimmt erklären kann. Es kann aber schon ein Kriterium genügen um hier steuerpflichtig zu werden.
Ich denke Sie verwechseln „qualifiziert“ mit „gewerbsmässiger Wertschriftenhandel“. Für letzteres ist für die EStv u.a. das Volumen und die Haltedauer massgeblich, für ersteres nicht.
Und die Verluste?
Ist doch keine Einbahnstrasse.
an der Börse werden ja so oder so die Gewinne privatisiert und die Verluste der Allgemeinheit auferlegt. So fände ich es korrekt, wenn dies bei den Steuern umgekehrt würde und Gewinne versteuert werden müssen (wie durch Arbeit erwirtschaftetes) und die Verluste selber berappt werden müssten…
@H. Lüthi: Wenn sie in einem Jahr an der Börse mehr erwirtschaften als mit Rente / Arbeitseinkommen können sie schon steuerpflichtig werden für Börsengewinne. Wenn Sie dann noch bei einer Bank arbeiten kennt die Steuerbehörde kein Pardon.
@Scharnagel, @Werner: Lesen Sie doch einfach das Kreisschreiben Nr. 36 der ESTV, bevor Sie den Teufel an die Wand malen. Von „qualifiziert“ im Sinne der FINMA Regeln ist dort nirgends die Rede.
Es gibt viele Anlage Produkte welche sie nicht kaufen können wenn sie nicht als „qualifizierter Anleger“ klassiert sind.
Wer sich die Pensionakassengelder voll auszahlen liess und das Geld in Wertschriften angelegt hat, verdient mit Sicherheit an der Börse mit Dividenden mehr als mit dem AHV-Einkommen. Deswegen als „Qualifizierter Händler“ eingestuft zu werden wäre absurd.
Ein Portfolie über zwei Millionen und dies gerade zum 31. Dez.! Was gilt dann, wenn zwei Monate später die Werte 10 % gesuchen sind?