Lassen Sie sich nicht von Zinsversprechen blenden

Trügerische Vorfreude: Auch mit Obligationen in Immobilienfirmen sind bei schlechter Schuldnerqualität hohe Verluste möglich.

Im Dezember wird mir eine Lebensversicherung ausbezahlt. Die 190’000 Franken brauche ich vorläufig nicht. Jetzt hat mir ein Berater der BZ Beratungszentrum AG einen Vorschlag für eine Anlage in Obligationen in Immobilienfirmen mit fünf Jahren Laufzeit gemacht. Was sind die Risiken? Laut dem Berater natürlich keine! R.K.

Der Anlagevorschlag des BZ-Berater-Zentrums, welchen Sie mir mitgeschickt haben, sieht eine «festverzinsliche Vermögensverwaltung» vor und verspricht einen Zins von «mindestens 4 Prozent pro Jahr». Möglich sei dies mit einer «Anlage mit interessanten Coupons von soliden Unternehmen für Immobilienentwicklung und -finanzierung».

Vier Prozent Zins jährlich: Das klingt natürlich sehr verlockend. Erst recht, wenn Sie sich vor Augen halten, dass Sie mit sehr sicheren Frankenanleihen im gegenwärtigen Tiefzinsumfeld nur einen mickrigen Zins von weniger als 1 Prozent oder sogar null Prozent bekommen, wie bei den Bundesobligationen der Schweizerischen Eidgenossenschaft.

Sie könnten auch mit Frankenanleihen etwas mehr Zins erwirtschaften. Dann müssten Sie aber Abstriche bei der Sicherheit machen und Anleihen von Schuldnern mit einer deutlich geringeren Bonität nutzen.

Vier Prozent Zins pro Jahr, wie man Ihnen dies in Ihrem Anlagevorschlag in Aussicht stellt, können Sie nur erreichen, wenn Sie eine tiefere Sicherheit in Kauf nehmen. In welche Schuldner genau investiert wird, geht aus dem Anlagevorschlag leider nicht hervor. Ich rate Ihnen daher, sich bei Ihrem Berater zu erkundigen, in welche Immobilienfirmen denn im Detail investiert wird und wie es um deren Kreditwürdigkeit steht.

Zwar steht im Anlagevorschlag das Schlagwort «grundpfandgesichert». Für Sie als Anleger stellt sich aber die Frage, wer denn konkret für Ihre Einlagen haftet, wenn die Anlage schiefgeht, und wie und wo im Inland und Ausland Sie allfällige Rechte gegenüber Immobilienfirmen geltend machen müssten. Nur wenn Sie volle Transparenz haben, können Sie sich ein Bild über Ihre Risiken machen.

Unabhängig von diesen Erwägungen rate ich Ihnen, Ihr Kapital nur konservativ zu investieren. Denn das Geld, das aus Ihrer Lebensversicherung zur Auszahlung gelangt, gehört zu Ihrem Vorsorgegeld fürs Alter. Aus meiner Sicht lohnt es sich nicht, mit Altersgeld zu spekulieren.

Wenn Sie zudem den hohen Betrag von 190’000 Franken in den Anlagevorschlag fliessen lassen, gehen Sie auch ein beträchtliches Klumpenrisiko ein. Das würde ich ohnehin verhindern. Bei fast jeder Geldanlage tragen Sie zwar ein mehr oder weniger grosses Risiko. Wenn man Ihnen mindestens vier Prozent Zins pro Jahr mit festverzinslichen Anlagen in Aussicht stellt, müssen Sie davon ausgehen, dass Sie hohe Risiken tragen.

Auch mit Obligationen sind bei schlechter Schuldnerqualität hohe Verluste oder sogar ein Totalausfall möglich. Wollen Sie dies wirklich in Kauf nehmen? Hohe Renditen gibt es nie gratis. Gerade im Hinblick auf Ihr Alter würde ich mich nie von attraktiven Zinsversprechen verführen lassen, sondern darauf achten, dass das Vorsorgegeld breit diversifiziert und sicher angelegt wird.

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