Spekulieren Sie nicht mit Ihrem Altersgeld

Schutz vor unliebsamen Überraschungen: Bei der Anlage von Pensionskapital sollte Sicherheit vor Rendite stehen. Foto: iStock

Ich (66) habe 140’000 Franken, einen Teil meines PK-Vermögens, in einen risikomoderaten ZKB-Fonds mit nur 35 Prozent Aktienanteil investiert. Er steht aber schon jetzt, nach der leichten Korrektur, 1,3 Prozent im Minus. Ich befürchte bald eine wesentlich stärkere, möglicherweise sogar crashartige Korrektur. Mit einem eigenen Wertschriftendepot mit Growth-Strategie und Technologie-Aktien-Schwerpunkt habe ich 11’000 Franken investiert und innerhalb von fünf Monaten ein Plus von über 20 Prozent erreicht. Wäre es sinnvoll, das Geld aus dem Fonds abzuziehen und 10 Prozent davon in mein eigenes Depot zu nehmen? Ich hätte dann ein tieferes Aktieninvestment mit sogar wesentlich höherer Rendite. M.D.

Ich bin skeptisch, ob Ihre Rechnung aufgeht – vor allem, was Ihre erwartete «wesentlich höhere Rendite» betrifft. Und weil Sie mir schreiben, dass Sie schon bald eine grössere Korrektur an den Börsen erwarten oder sogar einen Crash.

Es ist erfreulich, dass Sie mit Ihrem eigenen Aktiendepot ein schönes Kurswachstum erreicht haben. Offenbar hatten Sie bei der Titelwahl einen guten Riecher. Ich bin allerdings der Auffassung, dass viele Technologieaktien trotz der Korrektur in diesem Jahr nach wie vor hoch oder in vielen Fällen zu hoch bewertet sind.

Nun weiss ich nicht, in welche Titel Sie genau investiert haben, aber es wäre eine Illusion, zu glauben, dass bei einem Crash, wie Sie ihn erwarten, ausgerechnet die Technologieaktien von einem Kurseinbruch verschont blieben. Falls es tatsächlich zu einem Crash käme, müssten Sie nicht nur in Ihrem Strategiefonds der ZKB mit 35 Prozent Aktienanteil, sondern auch in Ihrem eigenen Wertschriftendepot mit deutlichen Rückschlägen rechnen.

Der Unterschied liegt darin, dass ein Crash bei den Aktien voll durchschlägt. Beim Fonds hingegen wird der Rückschlag durch die breite Diversifikation – insbesondere durch die konservativen Anlageklassen wie Anleihen oder Immobilien – in der Regel etwas abgefedert. Das bedeutet aber nicht, dass Sie beim Fonds keine Buchverluste einfahren. Die jüngste Korrektur hat dies ja deutlich gemacht.

Mir ist klar, dass Sie nicht das gesamte Geld, welches jetzt im Fonds steckt, auch in Aktien investieren würden, sondern nur 10 Prozent zusätzlich – also weitere 14’000 Franken. Für Ihren Weg spricht, dass Sie, wenn Sie den Rest zum Beispiel stockkonservativ einfach aufs Bankkonto legen würden, mit dem Grossteil Ihres Geldes abgesichert wären und nur mit 25’000 Franken dem Auf und Ab der Börsen ausgesetzt wären, was weniger als ein Viertel Ihres Kapitals ausmachen würde.

Allerdings dürfen Sie nicht automatisch davon ausgehen, dass Sie mit dem zusätzlichen Geld, das Sie ebenfalls in Wachstumsaktien investieren, zwingend wieder ein tolles Kursplus innert weniger Monate erreichen. Möglich ist ebenso ein empfindlicher Kurstaucher.

Dazu kommt, dass Sie auf dem Geld, das Sie dann aufs Bankkonto legen, keine Rendite haben. Nach Gebühren und Teuerung – diese ist allerdings sehr klein – verlieren Sie auf diesem Kapital sogar etwas Geld. Mit dem Fonds hingegen profitieren Sie von einer deutlich breiteren Diversifikation.

Wenn Sie wirklich überzeugt sind, dass es bald zu einem Crash kommt, würde ich nicht noch mehr Geld in Aktien stecken, sondern die Gewinne mitnehmen.

Persönlich bin ich nicht ganz so pessimistisch wie Sie. 2018 wird zweifellos nicht mehr ein derart gutes Börsenjahr wie 2017. Im Gegenteil: In diesem Jahr dürften wir wohl noch die eine oder andere Korrektur sehen. Zudem müssen Sie sich generell auf deutlich stärkere Kursschwankungen an den Aktienmärkten einstellen.

Signale für einen Crash sind derzeit nicht offensichtlich. Die Konjunktur entwickelt sich weltweit positiv, eine Rezession zeichnet sich nicht ab, die Unternehmensgewinne sprudeln, und die Zinsen sind nach wie vor tief, obwohl die US-Notenbank die Sätze weiter erhöht.

Heikel für die Börse könnte es aber bei unerwarteten geopolitischen Ereignissen werden. Doch solche sind kaum abschätzbar. Sie müssen jederzeit mit diesem Risiko rechnen. Letztlich müssen Sie sich gut überlegen, wie viel Risiko Sie mit Ihrem Geld eingehen können und wollen.

Da es sich mehrheitlich um Ihr Altersgeld handelt, würde ich nur geringe Risiken eingehen und im Zweifelsfalle eher auf etwas Rendite verzichten. Oder anders ausgedrückt: Mit Altersgeld würde ich nicht spekulieren, sondern es bewusst eher konservativ anlegen.

2 Kommentare zu «Spekulieren Sie nicht mit Ihrem Altersgeld»

  • Martin Leu sagt:

    „Signale für einen Crash sind derzeit nicht offensichtlich.“ Wenn es denn so einfach wäre! Es ist ja gerade eine Eigenheit von Crashes, dass sie dann auftreten, wenn am wenigsten damit gerechnet wird. Deshalb lohnt es sich unbedingt, ein wenig Aufwand für eine Absicherung zu betreiben. Und dies eben kontinuierlich und nicht nur dann, wenn man einen Rückschlag erwartet. Am besten geeignet ist aus meiner Erfahrung ein rollendes Portfolio von Back Ratio Spreads auf den SPX (jeweils 2 otm short Puts kombiniert mit 3 long Puts). Aufgrund des damit erzielten neg Delta, pos Vega und pos Vomma bläht sich dieses Konstrukt bei einem Crash wie ein Airbag auf und kann damit einen Grossteil der Aktienverluste kompensieren. Wird dieser Hedge-Trade geschickt aufgesetzt, kostet er wenig bis nichts.

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