Wahren Sie die Selbstverantwortung!

Gut gemeint, aber oft wenig sinnvoll: Eine Schenkung der eigenen Liegenschaft kann ins Auge gehen. Foto: iStock

Ich habe eine Eigentumswohnung, und meine Hypothek ist zurückbezahlt. Ich bin 74 Jahre alt und werde nur noch wenige Monate arbeiten. Danach habe ich noch ein Einkommen von monatlich 2500 Franken. Ich lebe sehr bescheiden, mache keine Ferien und denke, dass ich durchkomme mit meinem Geld. Habe auch noch etwas Vermögen. Ich habe zwei Kinder und frage Sie, ob ich den Kindern die Wohnung schenken soll. Die Kosten würde ich weiter tragen, aber ich möchte nicht, dass man mir die Wohnung mal wegnehmen kann. H. R.

Ich habe Respekt vor Ihnen, dass Sie noch weit über das offizielle Pensionierungsalter arbeiten und ganz offensichtlich von niemandem abhängig sein möchten.

So haben Sie erreicht, dass Sie sich ein stattliches Vermögen ansparen konnten und die Eigentumswohnung sogar ganz abzahlen konnten. Da verstehe ich gut, dass Sie zum Erreichten Sorge tragen möchten. Wer für sein Geld viel gearbeitet hat, gibt es in der Regel ungern und sicher nicht locker aus.

Gleichzeitig schreiben Sie mir, dass Sie sehr bescheiden leben und keine Ferien machen. Aus Ihren Zeilen höre ich aber auch etwas Sorge wegen Ihrer finanziellen Zukunft heraus. Sie haben offenbar Angst, dass man Ihnen die Wohnung wegnehmen könnte. Diese Befürchtung halte ich für unbegründet.

Tatsächlich ist es so, dass man – abgesehen von einem Freibetrag – auch auf Ihr Vermögen zurückgreift, falls Sie pflegebedürftig würden und Ihre monatlichen Einnahmen aus der Rente zur Deckung der Kosten zum Beispiel in einem Heim nicht reichen würden.

Da Sie derzeit sogar noch arbeiten, besteht zu dieser Sorge offenbar noch kein Anlass. Zudem würde zuerst Ihr nicht in der Liegenschaft gebundenes Vermögen zur Zusatzdeckung von Kosten zugezogen. Solange Sie gesundheitlich in der Lage sind, selbstständig zu wohnen, kann Ihnen ohnehin niemand Ihre Wohnung einfach wegnehmen.

Wenn Sie nun Ihre Wohnung an Ihre Kinder verschenken und tatsächlich pflegebedürftig würden und das bei Ihnen vorhandene Geld nicht für die Kosten reichen würde, würde die erfolgte Schenkung an die Kinder mitberücksichtigt. Ansonsten könnten ja alle, die befürchten, dass sie pflegebedürftig werden, rasch ihr Vermögen verschenken und sich dann vom Staat aushalten lassen – sprich von uns Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern. Dies halte ich für problematisch.

Wenn immer möglich, sollte man auch im Alter Selbstverantwortung üben und soweit dies machbar ist, für sein Leben und seine Betreuung selbst aufkommen. Der Staat und unser Sozialwesen sollten nur einspringen, wenn wirklich Not vorhanden ist.

Sie könnten die Wohnung an Ihre Kinder verkaufen – sogar zu einem etwas reduzierten Familienpreis. Dann bliebe die Wohnung in der Familie. Den Erlös könnten Sie für Ihren weiteren Lebensunterhalt und Ihre Betreuung im hohen Alter nutzen.

Für mich ergibt es aber keinen Sinn, dass Sie Ihren Kindern die Wohnung schenken, selbst aber sehr bescheiden leben, keine Ferien machen und, falls Sie pflegebedürftig würden, ohne Mittel dastehen würden.

Ich rate Ihnen, das Beste aus Ihrem Leben zu machen, die Ihnen zur Verfügung stehende Zeit so zu nutzen, dass Sie möglichst viel Lebensfreude haben. Dafür lohnt es sich, das Geld, das Sie sich mit viel Arbeit angespart haben, auch auszugeben.

 

4 Kommentare zu «Wahren Sie die Selbstverantwortung!»

  • D. Grossen sagt:

    Verkaufen sie Ihr abbezahltes Haus und Sie müssen sich wohl kaum mehr Sorgen machen um ihre finanzielle Zukunft. Bei ihrem fortgeschrittenen Alter wird das Geld dafür wohl allemal reichen. Es reicht bloss dann nicht, wenn sie den Wohltäter für ihre Kinder spielen möchten. Dann müssen sie eben konsequenterweise schmal durch. Aber bitte nicht auf Kosten der Allgemeinheit, welche egoistisches wohltätertum zu Recht nicht goutiert.

  • Gunter Fischer sagt:

    …Ich rate Ihnen, das Beste aus Ihrem Leben zu machen, die Ihnen zur Verfügung stehende Zeit so zu nutzen, dass Sie möglichst viel Lebensfreude haben. Dafür lohnt es sich, das Geld, das Sie sich mit viel Arbeit angespart haben, auch auszugeben….
    Mit 74 Jahren mit Geld viel Lebensfreude kaufen?
    Dazu hätte ich gerne mal ein paar Tips, wie das geht.

  • Anh Toàn sagt:

    „Solange Sie gesundheitlich in der Lage sind, selbstständig zu wohnen, kann Ihnen ohnehin niemand Ihre Wohnung einfach wegnehmen.“

    Wo steht das denn?

  • Werner Schüpfer sagt:

    Es gibt viel zu viel Vermögen, welches bei den Alten liegt und die jungen Familien haben nichts. Falls es in deren Möglichkeit liegt, sollten die älteren Leute einen Teil des Vermögens weitergeben, damit sich die Nachkommen nicht erst im Alter eine Wohnung leisten können. Bezüglich Eigenverantwortung: Warum soll derjenige, der spart, schlechter behandelt werden als derjenige, der sein Geld verprasst? Warum soll der, der eine Wohnung hat, keine Ergänzungsleistungen erhalten, derjenige, der sich einen Ferrari leistet, aber schon?

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