Woran es liegt, wenn Ihr Depot nichts abwirft

Clever diversifizieren: Eine gute Beratung kann dem Anleger wertvolle Impulse geben. Foto: Getty Images
Im Frühjahr werde ich ein Freizügigkeitskonto in der Höhe von 200’000 Franken auflösen. Da ich bereits ein Portfolio mit Fonds und Einzelaktien habe, stelle ich mir die Frage: Soll ich ein zweites Depot bei einer zweiten Bank eröffnen, und welche Anlageklassen soll ich wählen? Ausreichend liquide Mittel für den Alltag sind vorhanden. Ich möchte eigentlich nur in Schweizer Franken anlegen und nicht in Dollar und Euro wegen des Währungsrisikos. E. R.
Das Währungsrisiko ist nicht immer ein Nachteil: Im vergangenen Jahr hätten Sie mit dem Euro erhebliche Währungsgewinne erzielt. Davon hat auch die Schweizerische Nationalbank profitiert, die nicht zuletzt deswegen einen Rekordgewinn ausweist. Ich verstehe aber, dass Sie sich mit dem Dollar und dem Euro nicht zusätzlichen Risiken aussetzen möchten.
Wenn Sie ausschliesslich auf Franken-Papiere und die Schweiz fokussieren, gehen Sie ein gewisses Klumpenrisiko ein: Wenn der Schweizer Markt einmal schlecht läuft, können Sie das nicht kompensieren und schliessen höhere Renditemöglichkeiten, welche internationale Märkte möglicherweise bieten, aus.
Gesamtsicht ist zentral
Grundsätzlich erachte ich es als sinnvoll, ein Depot international und gemäss den verschiedenen Anlageklassen zu diversifizieren – nicht aber über Einzeltitel. Dafür fahren Sie mit Anlagefonds und kostengünstigen Exchange Traded Funds deutlich besser. Sie erreichen eine Diversifikation, wie Sie es selbst nicht einrichten könnten. Wenn Sie zudem passiv geführte Fonds und mehrheitlich Indexprodukte nutzen, halten sich auch die Gebühren in engen Grenzen. Über solche Fonds können Sie die verschiedenen Anlageklassen wie Aktien, Obligationen, Immobilien, Rohstoffe usw. gut abdecken und auch da kostengünstig diversifizieren.
Ein zweites Depot müssen Sie nicht zwingend eröffnen, es sei denn, Sie sind mit Ihrer bisherigen Bank nicht zufrieden. Wenn ich Ihr Depot, das Sie mir mitgeschickt haben, anschaue, fehlt mir eine klare Logik. Das Depot enthält neben zwei Fonds mehrere Schweizer Einzeltitel. Aber für mich ist keine klare Strategie, kein roter Faden erkennbar.
Ein Fremdkörper sind zwei Positionen in kanadischen Dollars. Erst recht, da Sie schreiben, dass Sie keine Währungsrisiken eingehen möchten. Bevor Sie die weiteren 200’000 Franken aus dem Freizügigkeitskonto investieren, empfehle ich Ihnen, zusammen mit Ihrer Bank eine klare Strategie festzulegen und sich genau zu überlegen, wie viele Risiken Sie künftig eingehen können und wollen. Da Sie Ihren Lebensstandard ohne Rückgriff auf das Depot gut abdecken können, spricht nichts gegen einen hohen Aktienanteil, wie Sie ihn jetzt schon halten, vorausgesetzt, Sie sind sich genügend bewusst, dass Sie damit hohe Schwankungsrisiken eingehen.
Einzeltitel sind eine Option
Ich empfehle Ihnen, eine Gesamtsicht vorzunehmen, und dann je nach den Zielen, welche Sie mit dem Kapital verfolgen, eine Anlagestrategie auf der Basis von Fonds und Indexinstrumenten auszuarbeiten, welche gemäss den von Ihnen festgelegten Risikobandbreiten eine breite Diversifikation nach Anlageklassen ermöglichen. Damit würde ich die Basis des Depots bilden.
Wenn Sie darüber hinaus gern Einzeltitel halten, können Sie dies immer noch tun – zum Beispiel Dividendenperlen, welche eine hohe Dividende abwerfen.
Ich würde von Ihrer Hausbank und vielleicht von zwei bis drei weiteren Instituten auf der Basis des bestehenden Depots und der zusätzlichen 200’000 Franken einen konkreten Anlagevorschlag inklusive Gebührentransparenz ausarbeiten lassen. Dann sehen Sie, nach welcher Systematik die Institute arbeiten, bekommen interessante Impulse, können vergleichen und dann entscheiden.
11 Kommentare zu «Woran es liegt, wenn Ihr Depot nichts abwirft»
Waren „strukturierte Finanzprodukte“ nicht der Hauptauslöser der Wirtschaftskrise vor 10 Jahren?
Uebergeben Sie die 200’000.- dem VZ, da verdienen Sie am meisten. Ich spreche aus Erfahrung und bin der Person, die mir damals den Tip gab, ewig dankbar.
Kann dies nur bestätigen.
@Nicodemia@Paul Kellenberger,
ist das ein Dialog oder einer, in dem sich die Leute gegenseitig auf die Schulter klopfen? Wie man seit über 10 Jahren sehen kann, sind diese „Produkte“ nur dann etwas wert, wenn die Staaten sich hinter diese privaten Garantien stellen und damit die offenbar notwendigen Forderungsabschreibungen verhindern. Das betrifft mehr oder weniger alle Geldanlagen, welche Sparer aus vielen Ländern aus vielerlei Gründen gebildet haben. Denn ohne die vielfältigen Garantien, welche die Staaten an die Stelle der wertlos gewordenen Garantien privater Finanzinstitute gesetzt haben, wären schon etliche monetären Sicherheitsversprecher in die Lage gekommen zugeben zu müssen, daß ihre Versprechungen nicht das Papier wert sind, auf dem es mal in gutem Glauben geschrieben wurde.
Nur durch einen ständigen Zufluss neuer Gelder kann die Illusion einer Wertsteigerung in der Finanzwirtschaft aufrechterhalten werden. Ein Schwindel. Macht der Staat keine Schulden mehr, müssen die Privaten ihre Ersparnisse in anderen Wertpapieren anlegen (Schuldenbremse). Eine Idee wäre die Investition in Eigenkapital der Unternehmen. Das funktioniert aber dann nicht, wenn die Unternehmen, wie es seit Jahrzehnten ist, lieber Fremdkapital aufnehmen und nicht ihre Eigenkapitalbasis verbreitern. Wenn man durch Fremdkapitalaufnahme die Rendite des Eigenkapitals verbessern kann, werden sich die Aktionäre niemals darauf einlassen, die Aktienrendite durch die Erhöhung des Eigenkapitals zu verringern. Das System ist Sterbenskrank und müsste schnell abgewickelt werden. Die ZB haben Zeit gekauft
aha.
Und was raten Sie dem Fragenden nun? Alles unter die Matratze?
@Vierauge, solange die Steuerlogik das Fremdkapital bevorzugt, wird es mit der Verbreiterung des Eigenkapitals nichts, es wird mit der Schuldenbremse nichts und es wird mit der Sicherheit gegen konjunkturelle Risiken nichts. Warum wird das akzeptiert? Weil das menschliche Sicherheitsbedürfnis eher gewillt ist bei Krediten an die Sicherheit des Zinsversprechens zu glauben, obwohl diese gelegentlich zu einer Abschreibung gezwungen werden, als die vermeintliche Unsicherheit eines Aktienkurses zu akzeptieren, der kurioserweise umso weniger schwanken wird, je mehr Risiko in Form von Eigenkapital übernommen wird. Die Wiederkehr des ordentlichen Kaufmanns wird in Zukunft an dieser – eigentlich technischen – Stelle entschieden!
http://ch.4-traders.com/boerse-nachrichten/Verbraucherschutzer-fordern-nach-P-R-Pleite-mehr-Anlegerschutz–26193229/
@Paul Kellenberger, und wo bleibt Ihre fundierte Erläuterung? Bin gespannt…
Mir kommt kein ETF und kein Fonds ins Depot.
Hab früher mal Index-ETFs angeschaut.
Die Gebühren gingen noch – doch die Ausschüttungen waren unisono zu tief.
Hab nicht viel gelernt die letzten dreissig Jahren.
Aber eins schon: Finger weg von ALLEN Bank-Produkten.
Wenn Sie in den letzten 30 Jahren nicht viel gelern haben, dann hätten Sie uns auch Ihren unqualifizierten Kommentar ersparen können.