Neue Player im harten Streaming-Markt

Noch führt Netflix: Doch mit Grosskonzernen wie Walt Disney oder Time Warner wächst die Konkurrenz im Markt. Foto: Shutterstock
Was halten Sie von der Netflix-Aktie? Der Kurs ist seit längerem am Steigen. Ist das nur ein kurzes Feuerwerk, oder denken Sie, das Konzept von Netflix hat weiteres Potenzial? W.D.
Netflix ist eine spannende Erfolgsgeschichte. Das US-Unternehmen ermöglicht seinen Abonnentinnen und Abonnenten, Filme und Serien online oder per Streaming auf Smart-TVs, Spielkonsolen, PC, Macs, Smartphones, Tablets und weiteren Geräten zu schauen. Dabei haben die Nutzer unbegrenzten Zugriff auf die Inhalte. Für viele beliebt macht den Dienst auch die Tatsache, dass man die Filme und Serien ohne Werbeunterbrechung konsumieren kann.
Allerdings ist der internationale Online-Streamingmarkt einem brutalen Wettbewerb ausgesetzt, in dem sich die Marktteilnehmer nichts schenken. Zu den direkten und indirekten Konkurrenten von Netflix zählen auf dem internationalen Parkett grosse Player wie Amazon, Hulu, aber auch Time Warner oder Walt Disney. Weil Disney selbst am Online-Streamingmarkt partizipieren will, hat der Unterhaltungskonzern seine Partnerschaft mit Netflix beendet.
Dank exklusiven Inhalten und einfacher Technologie dominiert Netflix aber weiterhin den Online-Streamingmarkt und weist weltweit 118 Millionen Abonnenten aus. Netflix-User kaufen ein Monatsabonnement, das sich automatisch verlängert, aber auch unkompliziert online gekündigt werden kann. Die Kunden können sich rasch wieder verabschieden. Das Unternehmen muss mit immer neuen Exklusivinhalten die bestehenden Abonnementen bei der Stange halten und gleichzeitig mit einem enormen Marketingaufwand, der die Kosten in die Höhe treibt, neue Kundinnen und Kunden gewinnen.
Darum hat Netflix nicht nur Milliarden an Dollars in neue Spielfilme und Serien investiert, sondern auch den Werbeaufwand stark erhöht. Im laufenden Jahr sollen zwei Milliarden Dollar in die Hand genommen werden, um neue Kunden an Netflix heranzuführen.
Für die Aktionäre hat sich das bislang ausbezahlt. Im vierten Quartal des letzten Jahres stieg der Gewinn von Netflix auf rund 186 Millionen Dollar und hat sich fast verdreifacht. Auch im gesamten Geschäftsjahr 2017 konnte der Gewinn auf rund 560 Millionen Dollar nahezu verdreifacht werden. Entsprechend hat die Aktie auch in diesem Jahr, nach einer Traum-Performance schon im letzten Jahr, erneut massiv zugelegt. Die Börsenkapitalisierung liegt bei mehr als 100 Milliarden Dollar. Damit ist Netflix heute an der Börse doppelt so viel Wert wie hier in der Schweiz die Grossbank Credit Suisse.
So interessant ich Netflix finde und dem Konzept durchaus weiteres Wachstumspotenzial zugestehe, so habe ich punkto Bewertung Bedenken. Auf dem aktuellen Niveau sind die Netflix-Papiere meines Erachtens sehr hoch – wenn nicht klar zu hoch bewertet.
Ich gebe zu, das habe ich früher auch schon bei Apple gesagt. Dennoch ist der Apple-Kurs noch weiter gestiegen. Wenn Sie Aktien von Netflix erwerben, sollten Sie nicht nur das Wachstumspotenzial sehen, sondern auch die erheblichen Risiken: Wenn es Netflix trotz Milliardeninvestitionen in Inhalte und Kundengenerierung nicht gelingt, weiterhin in schnellem Tempo grosse Kundenschichten weltweit zu gewinnen, dürfte die Netflix-Aktie schwer unter Druck kommen.
Vor allem die Konkurrenz von Walt Disney würde ich nicht unterschätzen. So schnell Netflix aufgestiegen ist, genau so rasch kann das Unternehmen in der Beliebtheit der Kunden verlieren. Kunden im Online-Streamingmarkt sind alles andere als treu. Wenn ein anderer Anbieter bessere Inhalte – allenfalls sogar zu attraktiveren Konditionen – offeriert, sind viele Kunden schnell weg. Die hohe Bewertung von Netflix wäre dann ganz sicher nicht mehr gerechtfertigt.
2 Kommentare zu «Neue Player im harten Streaming-Markt»
Guter Beitrag, vieles trifft zu, Herr Spieler, vor allem was die Überwertung und Risiken angeht. Beurteile Netflix aber dennoch optimistisch. Gründe dafür sind der First Mover Advantage, wie er auch bei Amazon besteht. Hat ein Anbieter einmal eine bestimmte Marktdominanz erreicht, ist er kaum mehr zu schlagen. Die (grösstenteils) hohe Qualität des Filmangebotes, die clevere globale Strategie, permanent Filmen neuer Länder anzubieten und das Know-how in der Datenanalyse kommen hinzu. Hat ein Unternehmen einmal eine dermassen starke Marke und die Reputation des Marktführers, verstärkt sich auch die Kundenbindung. Zudem steigen die Gewinne mit dem Wachstum und Netzwerkeffekt überproportional. Und: Mit Abopreisen und Werbemöglichkeiten besteht auch noch viel Potenzial für Mehreinnahmen.
Die Rechnung ist für Netflix rasch gemacht. Börsenwert 100 Mia. USD bedeuten, der Konzern muss in 10 Jahren mindestens 7 Mia. USD Profit pro Jahr erzielen, nur um den heutigen Aktienkurs zu rechtfertigen. Statt 118 Millionen Abonennten benötigt Netflix mindestens 400 Millionen, um auf die 7 Milliarden Profit pro Jahr gelangen zu können. Doch auf der Erde leben nur etwa 1,5 Milliarden Menschen, die sich Netflix (zu den heutigen Preisen) leisten könnten, was etwa 600 Mio. Haushalte/mögliche Abonennten bedeutet. Nur wenn in 10 Jahren zwei Drittel der wohlhabenden Menschen weltweit zu Netflix-Kunden geworden sind, ist der heutige Börsenkurs gerechtfertigt. Eine Unmöglichkeit, angesichts der bestehenden Zwangsgebühren in vielen Ländern fürs Fernsehen/Radio.