Die Privatbank ist die Gebühren nicht wert

Zum Verhungern: Die Gebühren und schlechte Performance der Privatbank fressen die Rendite weg. Foto: Getty Images

Zum Verhungern: Die Gebühren und schlechte Performance der Privatbank fressen die Rendite weg. Foto: Getty Images

Seit über zehn Jahren bin ich mit meinem Wertschriftenvermögen bei einer Privatbank. Leider notiert mein Wertschriftenvermögen nach all der Zeit immer noch unter 100 Prozent. Also könnte ich glatt verhungern, wenn ich davon leben müsste. Was raten Sie mir? H. L.

Nach der Durchsicht Ihres Portfolios, das Sie mir geschickt haben, komme ich zu einem ernüchternden Schluss: Die vornehme Bank ist die stolzen Gebühren, welche Sie Ihnen verrechnet, nicht wert. Ihr Depot mit Wertschriften von über einer halben Million Franken wirkt wild zusammengewürfelt. Eine klare Strategie ist für mich nicht sichtbar. Angesichts Ihres Rentenalters ist ein Aktienanteil von rund 65 Prozent sehr mutig.

Man könnte immerhin einräumen, dass Sie noch in beträchtlichem Umfang Immobilien besitzen und Ihr Vermögen dadurch abgesichert ist. Doch selbst dann ist es nicht nachvollziehbar, warum Sie ausgerechnet einen bankeigenen Immobilienfonds im Umfang von rund zehn Prozent des ganzen Depotwertes besitzen, womit die Diversifikation Ihres gesamten Vermögens nicht verbessert wird.

Schlecht beraten wurden Sie von Ihrer Bank auch mit dem bankeigenen Obligationenfonds. Das Vehikel ist teuer und Sie haben, obwohl es ein Anleihenfonds ist, damit einiges Geld verloren. Bei den Aktien entfällt ein grosser Teil auf die bekannten Blue Chips wie Roche, Nestlé, Novartis und weitere Titel aus dem Swiss-Market-Index, wogegen nichts einzuwenden ist. Diese Papiere haben sich mehrheitlich gut entwickelt. Ein Wermutstropfen ist allerdings die Tatsache, dass Sie auf Anraten der Bank vor über zehn Jahren auch Aktien der CS und der UBS zu damals 79 Franken und 63 Franken gekauft hatten, welche beide heute nur noch auf einen Bruchteil des Einstandspreises notieren.

Noch ärgerlicher ist die Aktienposition des schon vor Jahren in Konkurs gegangenen Raffineriebetreibers Petroplus, die in Ihrem Auszug als wertlos aufgeführt wird, für die Sie aber 75 Franken pro Titel bezahlt hatten. Nicht nachvollziehbar ist ferner, warum Sie riskante Aktien von Schmolz + Bickenbach oder von Gazprom halten, mit denen Sie ebenfalls beträchtliche Verluste gemacht haben.

Wie Fremdkörper im Depot wirken zudem der bankeigene Emerging-Markets-Fonds und ein Exchange Traded Fund auf den vietnamesischen Markt, mit denen Sie ebenfalls Geld verloren haben. Eine systematische Diversifikation, wie man sie als Kunde einer renommierten Privatbank erwarten dürfte, findet in Ihrem Depot nicht statt. Vielmehr bekomme ich den Eindruck, dass Ihr Kapital nach dem Zufallsprinzip zusammengestellt wurde.

Kein Wunder, hat sich Ihr Wertschriftendepot trotz langem Anlagehorizont von über zehn Jahren negativ entwickelt. Wenn jemand in Aktien investieren möchte, empfiehlt man ihm einen langen Anlagehorizont von wenigstens zehn Jahren. Ihr Beispiel zeigt aber, dass selbst eine lange Haltedauer nichts nützt, wenn keine sinnvolle Diversifikation realisiert und gleich in mehreren Fällen auf hoch riskante Titel gesetzt wurde.

Sie wurden beim Aktienkauf nicht nur schlecht beraten: Offensichtlich hat auch niemand ernsthaft Ihr Depot überwacht. Anders kann ich mir Ihre Depotzusammensetzung, welche gleich mehrere problematische Papiere enthält, nicht erklären. Ich rate Ihnen, zu prüfen, welche Abmachungen und schriftlichen Vereinbarungen Sie mit Ihrer Bank haben. Insbesondere stellt sich die Frage, welche Vorgaben punkto Risikofähigkeit und Strategie bestanden. Hier wäre zu prüfen, ob allenfalls schriftliche Vorgaben verletzt wurden. Wenn das der Fall wäre, könnten Sie die Bank für Ihre Verluste zur Rechenschaft ziehen.

Doch selbst wenn keine schriftlichen Vorgaben vorhanden sind, würde ich mit der Bank Klartext sprechen. Sie schreiben mir, dass Ihr Bankberater die schlechte Performance immer mit dem Hinweis relativiert, diese sei gar nicht so schlecht, wenn man alle Erträge berücksichtige. Das sind billige Ausreden. Natürlich haben Sie Dividenden eingenommen, aber gleichzeitig haben Sie auch mit verschiedenen Titeln beträchtliche Verluste erlitten. Selbst wenn Sie kein Verwaltungsmandat erteilt haben, was ich annehme, hätte man Sie auf die problematischen Positionen und die ungenügende Diversifikation hinweisen müssen.

Es ist in der Tat so: Wenn Sie von Ihrem Wertschriftendepot leben müssten, würden Sie tatsächlich verhungern. Zum Glück aber haben Sie noch Immobilien: Hier rate ich Ihnen, die noch offene Hypothek so bald wie möglich zu amortisieren. Dann zahlen Sie wenigstens keine Zinsen mehr. Sollte Ihnen Ihre Bank bei den Wertschriftenverlusten nicht entgegenkommen, würde ich die Bank wechseln. Ihr Depot muss überarbeitet werden. Die teuren Fonds würde ich als Erstes abstossen. Machen Sie reinen Tisch. Die Bank hat Ihr Vertrauen schlicht nicht verdient.

4 Kommentare zu «Die Privatbank ist die Gebühren nicht wert»

  • Patrick Mueller sagt:

    Klartext bitte, auch bei der Benennung der Bank. Eine Kritik anzubringen ohne wirklich dazu zu stehen ist beschämend. Es sieht sonst so aus wie die Wadenbeissereien des Weltwoche Schurnis Dr. Philipp Gut, Schaumschlägerei.

  • martin sutter sagt:

    Im Grunde genommen benötige man keinen Vermögensverwaltungsmandat. Das verursacht vor allem hohe Kosten und kaum Mehrrendite. Der einfachste Ansatz ist, falls man das Geld in einen Mischfonds investiert. Dadurch entfällt praktisch jeder weitere Aufwand.

    Die besten und günstigsten Mischfonds, die allerdings den Euro Raum abdecken, sind m.E. der ARERO von Prof. Weber und der Portfolio Total Return ETF von der Deutschen Bank. Das EUR-CHF Währungsrisiko schätze ich dabei als nicht so hoch ein, da der CHF immer noch hoch bewertet ist.

    • Peter Wermelinger sagt:

      Da bin ich nicht Ihrer Ansicht, da Mischfonds logischerweise auch in Oblis investieren, die kaum was bringen. Der Obliteil sollte nicht investiert sein, sondern Cash auf höhere Zinsen warten. Denn wenn die Zinsen mal steigen, wird der Oblianteil im Mischfonds sinken. Ev. ein kleiner Teil des Obli-Anteiles in High-Yield Fund als Ausnahme.
      Aktienteil in einige Dividendenperlen und ETFs Small und Midcaps und weltweit.

  • Paul Seidl sagt:

    Mein Standard-Ratschlag an alle Anleger in der Schweiz: Kauft ETFs bei der PostFinance. Trotz neuerdings Depotgebühren von Fr. 90.

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