Lieber Finanzberater, drängeln gilt nicht

Amortisieren statt anlegen: Verkleinern Sie den Anteil Ihrer Hypotheken. Dann sparen Sie Bankzinsen. Foto: Getty Images
Mit 60 Jahren hatte ich mir ein Dreifamilienhaus gekauft. Vor zwei Monaten habe ich den ersten Teil meiner 3. Säule ausbezahlt bekommen und Swiss Life hatte mir die Anlagelösung Swiss Life Premium Delegate vorgeschlagen. Ich hatte abgelehnt, da Reparaturen für das Haus anstehen. Nun werden weitere 25’000 Franken fällig, die ich bei Swiss Life investieren könnte. Ist das clever? R. L.
Bevor Sie sich Gedanken über eine Anlagelösung machen, würde ich Sie fragen, ob Sie allenfalls auf Ihrem Dreifamilienhaus noch Hypotheken haben. Die meisten Leute hierzulande haben für ihr Wohneigentum eine mehr oder weniger grosse Fremdfinanzierung. Falls das bei Ihnen ebenfalls der Fall ist, würde ich zumindest prüfen, ob Sie nicht die Hypothek teilamortisieren möchten. Denn dann sparen Sie wenigstens die Bankzinsen.
Obwohl die Hypothekarzinsen momentan tief sind, fahren Sie bei vergleichbaren Risiken besser, wenn Sie das Kapital für die Amortisation verwenden. Dazu kommt, dass viele Banken sogar eine Teilamortisation verlangen, sobald jemand pensioniert wird, da je nach finanziellen Umständen eine Tragbarkeit der Hypothek im Rentenalter auf der Basis von höheren Zinsen nicht mehr gegeben ist. Falls Sie über keine Fremdfinanzierung verfügen, sieht die Sache anders aus. Dann macht es Sinn, wenn Sie das aus der 3. Säule nun ebenfalls bezogene Geld, welches Sie während der nächsten Jahren nicht brauchen, investieren.
Keine Gratis-Lösung
Swiss Life Premium Delegate, wie es Ihnen vorgeschlagen wurde, ist eine Anlagelösung, welche auf Anlagefonds basiert. Je nach Ihrer Risikofähigkeit und Ihren Präferenzen wird für Sie ein Fondsportfolio zusammengestellt und verwaltet. Falls Sie das Kapital später doch wieder brauchen, können Sie die Fondsanteile jederzeit verkaufen. Allerdings müssen Sie trotz breiter Diversifikation mit mehr oder weniger starken Kursschwankungen rechnen. Sollten Sie die Fondsanteile in einer schwachen Börsenphase abstossen, ist es möglich, dass Sie Verluste erleiden.
Wie hoch die Risiken sind, hängt von der von Ihnen gewählten Anlagestrategie ab. Da Sie mir schreiben, dass Sie grossen Wert auf eine hohe Sicherheit legen, dürfte die Variante mit einem Aktienanteil von 50 Prozent kaum infrage kommen, da hier stärkere Schwankungen zu erwarten sind. Bei der Ihnen ebenfalls vorgeschlagenen Variante Income ist der Aktienanteil mit 25 Prozent geringer und damit auch das Schwankungsrisiko kleiner. Gratis gibts die Anlagelösung allerdings nicht: Zusätzlich zu einer jährlichen Pauschalgebühr von 0,8 Prozent für die Vermögensverwaltung und Depotführung würde Ihnen von der Swiss Life eine Ausgabekommission von 1,1 Prozent auf die einbezahlten Anlagebeträge sowie allfällige Fremdspesen verrechnet.
Eine Erfolgsgarantie haben Sie für Ihr Fondsportfolio nicht. Garantiert sind nur die Gebühren, die Sie auch zahlen müssen, falls sich Ihr Depot nicht positiv entwickelt. Abgesehen von der eingangs angesprochenen möglichen Hypothekenamortisation rate ich Ihnen, das fondsbasierte Vermögensverwaltungsmandat Swiss Life Premium Delegate nicht vorschnell abzuschliessen und sich auch nicht von Beratern drängen lassen. Vielmehr würde ich zusätzlich bei zwei anderen Banken und Versicherungen ebenfalls Vorschläge für die Anlage Ihres Geldes inklusive Gebühren einholen. Dann können Sie vergleichen und sehen, welche Anlageform tatsächlich Ihren eigenen Bedürfnissen am besten entspricht.
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