Finanziell absichern bis ins hohe Alter

Leibrente: Am ehesten sinnvoll für ältere Menschen, die davon ausgehen, dass sie sehr alt werden. Foto: Esther Michel
Ich möchte mit 76 Jahren eine Leibrentenversicherung abschliessen mit fünf Jahren Aufschub und ohne Rückgewähr, jährliche Rentenauszahlung 70’000 bis 100’000 Franken. Zur Sicherheit möchte ich dabei die Rentenauszahlung auf zwei oder drei Versicherer aufteilen. Meine Frage: Ist diese Aufteilung aus Sicherungsgründen sinnvoll? F. H.
Eine Leibrente hat den Vorteil, dass man sich mittels einmaliger Einzahlung bis zum Ende des Lebens ein zusätzliches Einkommen garantieren und sich so seine Rente aus der AHV- und Pensionskasse aufbessern kann. Man schafft sich finanzielle Sicherheit im Alter und hat wie früher im Erwerbsleben neben der Rente ein regelmässiges Einkommen. Man ist also sicher, dass einem das Geld gemäss definiertem Lebensstandard bis zum Lebensende reicht.
Am ehesten Sinn ergibt eine solche Leibrente für ältere Menschen, die davon ausgehen, dass sie sehr alt werden. Faktisch übertragen sie dann nämlich das Langlebigkeitsrisiko auf die Versicherung.
Für Sie ist es natürlich ein Glück, wenn Sie ein hohes Alter erreichen dürfen. Finanziell kann es allerdings problematisch werden: Je älter man wird, desto mehr vom Vermögen ist aufgebraucht, und unter Umständen kann es irgendwann eng werden. Ihre Sicherheit zusätzlich steigern können Sie in der Tat, indem Sie mehrere Leibrenten bei verschiedenen Versicherern abschliessen. Die Risiken bei den Schweizer Versicherungsunternehmen stufe ich aufgrund der sehr strengen Regulation als tief ein. Aber wenn Sie das Restrisiko möglichst ausschliessen möchten, können Sie dieses leicht mit einer Diversifikation auf mehrere Versicherer deutlich senken. Bei hohen Beträgen kann dies durchaus sinnvoll sein.
Heikler finde ich aber andere Aspekte: Wenn Sie eine Leibrente abschliessen, müssen Sie sich entscheiden, ob Sie ein Produkt mit oder ohne Rückgewähr wählen. Der Entscheid hängt nicht zuletzt von Ihren Erben und davon ab, ob Sie diese möglichst begünstigen möchten. Bei einer Leibrente mit Rückgewähr kommen Ihre Erben bei Ihrem Tod in den Genuss des noch nicht aufgebrauchten Geldes. Sollten Sie aber früh nach Beginn der Versicherung sterben und haben eine Police ohne Rückgewähr, würden Ihre Erben leer ausgehen und das Kapital bleibt bei der Versicherung. Sie müssen somit wählen, ob es Ihnen wichtig ist, dass die Erben begünstigt werden oder nicht.
Der Nachteil der Leibrente mit Rückgewähr liegt darin, dass Sie erstens weniger Rendite bekommen, und zweitens, dass Sie zusätzliche Gebühren und Steuern zahlen. So wird beispielsweise eine Stempelsteuer von 2,5 Prozent der Einmalprämie bei Leibrentenversicherung mit Rückgewähr fällig.
Offen gesagt, bin ich gegenüber Leibrenten kritisch. Erstens ist die Rendite, welche Sie selbst bei Leibrenten ohne Rückgewähr nach Abzug aller Gebühren bekommen, angesichts der tiefen Zinsen mickrig. Mögliche Überschussanteile sind naturgemäss nicht garantiert – sodass meist wenig bleibt. Dazu kommt ein anderer gewichtiger Nachteil: die Steuern. Die aus der Leibrente generierte Zahlung müssen Sie zu 40 Prozent als Einkommen versteuern. Da Sie das Geld, welches Sie in die Leibrente investieren, aber früher schon einmal als Einkommen versteuert hatten, zahlen Sie so faktisch doppelt Steuern. Die tiefen Renditen und die hohen Steuern machen Leibrenten aus meiner Sicht unattraktiv.
Ich frage mich, warum Sie nicht einfach einen Vermögensverzehrplan mit Ihrer Bank erstellen. So können Sie ebenfalls jeden Monat ein Zusatzeinkommen erhalten, den grösseren Teil des Geldes, welchen Sie erst später brauchen, aber noch anlegen. Vor allem aber bezahlen Sie auf diesem Einkommen aus dem Vermögensverzehr keine Steuern, weil Sie ja nur Ihr Vermögen aufbrauchen.
Was Sie damit aber nicht lösen können, ist das Langlebigkeitsrisiko. Irgendwann ist das Vermögen aufgebraucht. Bei der Leibrente hingegen haben Sie die Sicherheit, dass die Versicherung die Rente tatsächlich bis zum Lebensende zahlen muss.
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