Die Fesselspiele der Banken

Banken fesseln Kunden mit Rahmenverträgen an sich. Foto: Getty Images

Banken fesseln Kunden mit Rahmenverträgen an sich. Foto: Getty Images

Ich habe eine Liborhypothek. In der Produktevereinbarung ist die Laufzeit vom 1. März 2015 bis 1. März 2020 festgelegt. Es steht nichts über eine Vorfälligkeitsentschädigung, falls ich vorher kündige und keine Nachfolgehypothek abschliesse. Ich möchte die Hypothek bei einer anderen Bank abschliessen. Wenn ich jetzt kündige, mit welchen Kosten muss ich rechnen für diese vorzeitige Auflösung? H. K.

Leider dürfen Sie sich nicht allein auf die Produktevereinbarung verlassen. In der Regel bestehen die Hypothekarverträge der Banken mit ihren Kundinnen und Kunden aus mindestens zwei Teilen. Der eine Teil ist die von Ihnen zitierte Produktevereinbarung. Darin sind unter anderem die genauen Zinskonditionen sowie die Laufzeit definiert.

Zusätzlich haben Sie aber einen Rahmenvertrag für die Hypothek unterschrieben. In diesem Rahmenvertrag oder in einem Zusatz, der ein integrierter Vertragsbestandteil bildet, regeln die Banken grundsätzliche Fragen wie eine mögliche vorzeitige Auflösung. Vergleichbar ist dieser Rahmenvertrag mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die man etwa bei der Kontoeröffnung akzeptiert. Auch bei den Rahmenverträgen für Hypotheken sind viele juristische Details aufgeführt. Damit halten sich die Banken schadlos, und als Kunde ist man in einer schwierigen Position.

Wie bei den Allgemeinen Geschäftsbedingungen liest man als Kunde das Kleingedruckte und die Fülle der Angaben beim Rahmenvertrag und den juristischen Zusätzen vor Vertragsunterzeichnung meist nicht so genau und unterschreibt sie einfach. Für Ihren Fall ist dieses Kleingedruckte allerdings entscheidend. Mit dem Rahmenvertrag bindet man sich auch bei Liborhypotheken meist während mehrerer Jahre. Prüfen Sie Ihren Rahmenbetrag – also nicht die Produktevereinbarung – genau: Darin dürfte im Detail geregelt sein, wie eine vorzeitige Vertragsauflösung gehandhabt wird.

Ohne dass ich die Vertragsdetails in Ihrer Bank kenne, weiss ich aus Erfahrung, dass die Banken üblicherweise auf die Erfüllung der Vertragsbedingungen pochen. Eine vorzeitige Auflösung dürfte für Sie nicht ohne Kostenfolgen möglich sein. Konkret verlangen die Banken wie bei Festhypotheken eine Vorfälligkeitsentschädigung – also faktisch die Zinszahlungen, welche bis zum Ende der festgelegten Vertragsdauer fällig wären.

Die Bank macht geltend, dass sie einen Zinsausfall hat. Dieser berechnet sich aus der Differenz zwischen dem definierten Kreditzinssatz und dem für die Bank erzielbaren Zinssatz für eine Anlage des Hypothekenbetrages am Geld- und Kapitalmarkt mit der entsprechenden Restlaufzeit. Was bei Ihnen bei der Liborhypothek gilt, ist im Rahmenvertrag aufgeführt. Darauf verzichtet wird meist nur, wenn Sie bei der gleichen Bank eine andere Hypothek abschliessen, indem Sie etwa von einer Libor- in eine Festhypothek wechseln.

Ihre Hausbank hat allerdings kein Interesse daran, dass Sie mit ihrer Hypothek zu einem Konkurrenten wechseln, der wahrscheinlich günstiger ist. Sie wird darum die Einhaltung des Vertrags verlangen und unter Umständen noch eine happige Gebühr für die angeblichen administrativen Aufwände der vorzeitigen Vertragsauflösung aufführen. Unter dem Strich wird das für Sie ein schlechtes Geschäft. Wie hoch der Aufwand für Sie wird, kann ich aus der Ferne nicht berechnen, da ich Ihre Vertragsdetails nicht kenne. Ich rate Ihnen, direkt mit Ihrer Bank zu sprechen und von ihr den Aufwand schriftlich beziffern zu lassen. Da können Sie rasch vergleichen, ob sich die Zinsermässigung bei der neuen Bank im Vergleich zu den entstehenden Kosten bei der Vertragsauflösung lohnt.

Das dürfte nicht der Fall sein, und Sie werden unter dem Strich deutlich mehr zahlen. Indem die Banken strikt auf Vertragseinhaltung pochen, versuchen sie die Kunden an sich zu binden. Leider ist es ein Irrtum, zu glauben, dass man bei Liborhypotheken einfach und schnell aussteigen kann. Flexibel ist nicht der Vertrag an sich, sondern nur die Zinsen, welche an den Libor gekoppelt sind und rasch ändern können. Das heisst aber nicht, dass man auch als Kunde gegenüber der Bank schnell kündigen kann. Im Gegenteil: Man ist je nach Rahmenvertrag ähnlich wie bei einer Festhypothek zwei bis drei Jahre gebunden, trägt aber das volle Zinsrisiko.

12 Kommentare zu «Die Fesselspiele der Banken»

  • yves baumann sagt:

    Übrigens: Wussten Sie schon, dass der LIBOR ein reiner Fake ist? Googeln Sie mal Libor-Skandal.
    Witzig, wie Betrüger einfach weiter machen können, wenn die Betrüger Banken sind …

    • Thomas Burckhardt sagt:

      Das ist bei dieser Anfrage nicht das Thema. Die Behauptung, LIBOR sei reiner Fake, ist unrichtig. Nach den auf LIBOR bezogenen rechtsgültig verhängten Sanktionen gegen Banken muss man davon ausgehen, dass in der Vergangenheit LIBOR-Sätze in etlichen Fällen betrügerische Komponenten beinhalteten, was jedoch nicht den Zinssatz in vollem Umfang zum Fake macht. Wie gross diese Komponenten waren wissen wir i.a. nicht. Ob das bei heute oder erst vor kurzem abgeschlossenen Verträgen noch so ist, wissen wir ebenfalls nicht.

      • Peter Sieber sagt:

        Doch, denn der LIBOR wird nicht als Composite angegeben sondern ist EIN Referenzzinssatz. Wird also betrogen, und damit, wie Sie sagen, Komponentnen beeinflusst, ist der gesamte Zinssatz falsch. Sobald eine Komponente eines Ganzen falsch ist, ist das Ganze falsch.

    • Pjotr Müller sagt:

      Wenigstens sind Libor-Hypotheken kein Fake. Die gibt es nämlich tatsächlich. Und sie sind immer günstiger, als alle anderen Hypotheken.

      • Nadine Binsberger sagt:

        @Müller: völliger Quatsch, es kommt auf die Entwicklungen der Finanzmärkte während den Laufzeiten an. Zu „immer“: die Bank gewinnt immer, da können sie machen was sie wollen. Selbst wenn sie sich phänomenal verzocken kommt Papa Staat und vervielfacht ihnen zum Trost die Boni, damit sie guten Mutes weiterspielen können.

      • second step sagt:

        Sie sind momentan und häufig günstiger als andere Hypotheken, d.h. aber mitnichten dass sie immer günstiger sind. Sie sind nur billiger weil das Risiko eines Zinsanstiegs grösser ist als bei anderen Hypotheken, z.B. flexiblen. Deswegen sind sie ja günstiger. Festhypotheken sind ja gerade deswegen etwas teurer, weil man während der Laufzeit praktisch Null-Risiko eines Zinsanstiegs hat. Für dieses fehlende Risiko bezahlt man halt (ein wenig) mehr. There’s is no such thing as a free lunch.
        Wer behauptet Libor-Hypotheken seien „immer“ günstiger checkt’s es irgendwie nicht ganz.

    • yves baumann sagt:

      @Burckhardt: Klar wissen wir dass LIBOR reiner Fake ist. Googeln Sie doch bitte mal Matt Taibbi und Libor. Denken Sie die Banken haben einfach aufgehört zu betrügen, nur weil einzelne (der kleinen Fische) ins Gefängnis kamen und die Banken absolut lächerliche Bussen zahlen mussten? Finde ich schon ein wenig leichtgläubig …

  • Michael Bader sagt:

    Mindestens ein grosser Schweizer Lebensversicherer verzichtet in seinen Rahmenverträgen seit 2017 auf die Vorfälligkeitsentschädigung bei Handänderungen. D.h der Verkauf oder der Übertrag einer Liegenschaft sind auch bei langen Laufzeiten möglich.

  • Paul Meier sagt:

    Der LIBOR Zinssatz ist momentan gleich tief wie eine Festhypothek mit 3 oder 4 Jahren Laufzeit. Wird der Zinssatz weiter sinken? Ich glaube kaum. Also kann ich doch mit einem Wechsel bei gleichem Zinssatz 3 oder 4 Jahre stabile Hypothekkosten erreichen.

  • Stefan W. sagt:

    Wenn ich einen Vertrag über eine bestimmte Laufzeit abschliesse, dann gehe ich nicht davon aus, dass ich diesen Vertrag vor Ende eben dieser Laufzeit problemlos auflösen kann. Denn warum würde er sonst für eine bestimmte Laufzeit abgeschlossen?
    Das Problem scheint mir somit nicht die böse Bank, sondern der etwas ambivalente Kunde zu sein, der sowohl definierte Laufzeit, als auch jederzeitigen Ausstieg möchte.

    • Nadine Binsberger sagt:

      @Stefan: juristisch korrekt, aber inhaltlich absurd, weil es sich nicht um irgendeinen Vertrag handelt, sondern um Geldleihe. Aus dem Alltag gegriffen: jeder Mensch, der jemand anderem Geld leiht, ist froh, wenn er das Geld zurückbekommt. Erst recht, wenn das vor der erwarteten Laufzeit geschieht. Aber mit diesen seltsamen neunen Verträgen besteht der Gläubiger auf die Aufrechterhaltung einer Schuld. Extrem absurd. Aber wenn man damit Geld machen kann, sind die Banken selbstverständlich als erste dabei. „Fesselspiele“ ist genau das richtige Wort dafür. Es gäbe aber auch noch viele ergänzende, ebenfalls nicht schmeichelhafte. Aber: wer mit bekannten Halsabschneidern zusammenarbeitet, ist auch etwas selber schuld.

  • Richard Rubli sagt:

    Ja, es gibt schon Naivlinge! Wenn ich einen Vertrag abschliesse mit genau definierten Bedingungen (Laufzeit, Zinssatz, usw.), dann habe ich mich daran zu halten, da gibt es doch einfach nicht zu rütteln. Wie gross wäre der Aufschrei wohl, wenn die Bank bei einer plötzlichen allgemeinen Zinserhöhung auch den vereinbarten Liborsatz erhöhen würde….

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