Teure Baumängel: Ein Fall für den Anwalt

Fehlerhafte Bauweise: Auf Rügefristen achten. Foto: Getty

Fehlerhafte Bauweise: Auf Rügefristen achten. Foto: Getty

Wir sind seit einigen Jahren Besitzer einer damals neuen Eigentumswohnung. Nun haben wir erhebliche Mängel im Bad/WC sowie an den Wänden festgestellt. Die Handwerker wollen davon nichts mehr wissen. Sind die Bauschäden verjährt? W. P.

Mängel, die beim Bau Ihrer Eigentumswohnung oder als Folge einer fehlerhaften Bauweise entstanden sind, können Sie nicht zeitlich unbegrenzt bei den Handwerkern geltend machen. Nach einer bestimmten Zeit kommt es zu einer Verjährung. In diesem Fall können die Handwerker die Haftung zu Recht ablehnen.

Entscheidend für Sie ist, wann das Haus bzw. Ihre Eigentumswohnung gebaut wurde und die schriftliche Bauabnahme stattfand. Ab dann laufen die Fristen. Da ich nicht weiss, wann Ihre Wohnung konkret erstellt wurde, und auch die weiteren Details nicht kenne, kann ich aus der Ferne nicht beurteilen, ob in Ihrem Fall die Verjährungsfrist tatsächlich abgelaufen ist oder nicht.

Zu prüfen ist auch, nach welchen Normen in Ihrem Vertrag mit dem Ersteller der Wohnung oder mit der Generalunternehmung die Rügefristen festgelegt wurden. Oft zur Anwendung gelangen in Verträgen die SIA-Normen – also die Normen des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins (SIA). Diese legen fest, dass bis zu zwei Jahre nach der Bauabnahme offene und verdeckte Mängel jederzeit angemeldet werden können. Nach zwei Jahren können indes offene Mängel nicht mehr eingebracht werden.

Hingegen dürfen verdeckte Mängel noch während drei weiterer Jahre angemeldet werden. Kürzere Fristen gelten bei elektrischen Geräten, die eingebaut wurden.

Falls in Ihrem Vertrag nicht die SIA-Normen zur Anwendung kommen, gelten automatisch die gesetzlichen Regeln des Obligationenrechts OR. Demnach müssten Sie offene und verdeckte Mängel umgehend nach Feststellung melden. Bei Eigentumswohnungen und Häusern können Sie Mängel während fünf Jahren nach der Bauabnahme rügen. Die Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre. Sollte der Ersteller der Wohnung einen Mangel aber wissentlich nicht offengelegt haben, dauert die Verjährungsfrist zehn Jahre.

Das Baurecht ist allerdings sehr komplex und die dazugehörende Gerichtspraxis ebenfalls. Wenn es sich in Ihrem Fall um schwerwiegende Mängel handelt, empfehle ich Ihnen, sich an einen auf das Baurecht spezialisierten Anwalt zu wenden. Dieser kann abschätzen, ob Ihre Mängel gemäss den Vertragsbedingungen berechtigt sind und ob die Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen ist.

Falls Sie eine Rechtsschutzversicherung besitzen, würde ich vorgängig abklären, ob diese eine Vertretung in diesem Fall übernimmt. Leider ist man sich beim Kauf einer Eigentumswohnung oder eines Hauses nicht bewusst, welche rechtlichen Risiken man rund um den Bau und Baumängel eingeht. Angesichts der Komplexität des Baurechtes ist man als Konsument und Laie rasch überfordert.

Weil es bei Streitigkeiten um Baumängel oft um grössere Summen geht, lohnt es sich meines Erachtens, die Kosten für einen Bauanwalt zu investieren. Da Baufirmen meist von Anwälten vertreten werden, haben Sie ohne anwaltliche Vertretung mit Ihren Anliegen meist einen schweren Stand.

 

8 Kommentare zu «Teure Baumängel: Ein Fall für den Anwalt»

  • Martin T. sagt:

    Normale Rechtsschutzversicherungen haben keine Versicherungsdeckung bei Neu- bzw. Umbauten. Solche Fälle sind explizit in den AGB ausgeschlossen. Hierzu gibt es aber Spezialversicherungen bei grösseren Versicherungsgesellschaften (z.B. AXA Winterthur).

  • groeg sagt:

    In meinen Unterlagen steht 10 Jahre für verdeckte Mängel.

    • Hans Hegetschweiler sagt:

      Nein Herr Groeg, es sind 5 Jahre. Anders ist es, wie im Artikel richtig ausgeführt wird, nur bei absichtlich verschwiegenen Mängeln (die sind aber kaum je zu beweisen). Zu beachten ist, dass man die Verjährung nach 5 Jahren durch Klage, Verjährungsverzicht oder Betreibung unterbrechen muss, eine Reklamation genügt nicht.. Und zu beachten ist auch, dass bei bereits gebrauchten Häusern in der Regel jede Gewährleistung ausgeschlossen wird (oder diese auf die Handwwerkergarantien beschränkt wird, die 5 Jahre nach Erstellung auslaufen).

  • Marc Ballinari sagt:

    Und wie prüft man einen Anwalt ob er wirklich etwas taugt? Selber schon nieten erlebt und zu genüge von solchen gehört! Bei denen kann man kein Geld zurück fordern, wie im Laden wenn man faule Ware kriegt!

    • Jakob Lucero sagt:

      Mit dem HEV der eine armada von Fach- Anwälten hat wurde ich auch zünftig mit relevanten Punkten aufs Glatteis geführt. Ich merkte mitnichten von dem HEV Slogen: Konsequent für Ihr Eigentum oder die Nummer 1 für ihre Immobilie. Ein Hohn, dass David gegen Goliat gewinnt

  • johannes Vettori sagt:

    Die Garantiefrist für sogenannte verdeckte Mängel kann varieren. Gängig sind 5 oder 10 Jahren. Oft von der Grösse des Bauvorhabens abhängig.

    Jedoch… verdeckte Mängel geltend zu machen, ist nicht einfach. Es gibt keine klare Regen, was als verdeckt gillt und was nicht… oft ist es interpretation resp. Auslegungs- und Ansichtssache… entscheiden werden Gerichte, Sachverständiger, Friedensrichter, ect.
    Feuchteschäden können verdeckteMängel sein.. müssen aber nicht.
    Mit Feuchteschäden hat man leider oft nicht die Zeit, mit der veseitigung zu warten, bis die Haftungsfrage geklärt ist, da sich der Schaden sonst ausweitet. Oft muss der Eigentümer in Vorleistung den Schaden beheben bis die Haftung entgültig geklärt ist.
    Ein Bauanwalt oder ein Sachverständiger ist definitiv zu empfehel

  • Noldi Schwarz sagt:

    Vor allem wenn man in ein neues Eigenheim zieht macht es mehr als Sinn, Informationen über den Architekten sowie die involvierten Bau- und Installationsfirmen einzuholen. Sind diese seit Jahren regional im Geschäft, und man hört mehrheitlich Gutes von ihnen, kann (sollte) nicht viel schief gehen.

    • Hans Hegetschweiler sagt:

      Na ja, freiwillig zahlt auch ein angesehener Handwerker nichts. Es ist beim Kauf in jedem Falle abzuklären, ob noch eine Garantie/Gewährleistung besteht und ob es allenfalls Garantiescheine gibt. Im Grunde haben Sie aber schon recht. Es gibt anständige Handwerker, die Mängel anstandslos beheben, und freche, die sich von der Mängelbehebung drücken. So leicht, wie Sies es sagen, ist es abwer leider nicht, herauszufinden, wer anständig (und auch noch solvent) ist.

Die Redaktion behält sich vor, Kommentare nicht zu publizieren. Dies gilt insbesondere für ehrverletzende, rassistische, unsachliche, themenfremde Kommentare oder solche in Mundart oder Fremdsprachen. Kommentare mit Fantasienamen oder mit ganz offensichtlich falschen Namen werden ebenfalls nicht veröffentlicht. Über die Entscheide der Redaktion wird keine Korrespondenz geführt.