Urteilsunfähig: Wie kann ich vorsorgen?

Alters- und Pflegeheim: Früh genug persönliche Entscheidungen treffen. Foto: Thomas Egli

Alters- und Pflegeheim: Früh genug persönliche Entscheidungen treffen. Foto: Thomas Egli

Was passiert, wenn ich durch Unfall oder Krankheit urteilsunfähig würde? Wie kann ich sicherstellen, dass mein Vermögen trotzdem verwaltet und meine Rechnungen für Miete und anderes weiter bezahlt werden? R. I.

Dafür sollten Sie einen Vorsorgeauftrag errichten. Darin legen Sie fest, wer im Fall Ihrer Urteilsunfähigkeit, etwa durch einen Unfall oder eine Krankheit, darüber entscheidet, welche Art von Pflege Ihnen zugutekommt oder wer für Ihre finanziellen Angelegenheiten schaut. Auch wenn man urteilsunfähig wird, müssen Rechnungen beglichen werden und muss sichergestellt sein, dass das Vermögen in Ihrem Sinne weiter verwaltet wird. Unter Umständen ist es auch nötig, die Wohnung zu kündigen und den Haushalt aufzulösen. Auch dies ist mit einem Vorsorgeauftrag Ihrer Vertrauensperson übertragen.

Sie übernimmt während Ihrer Urteilsunfähigkeit Ihre Vertretung im Rechtsverkehr. Ziel ist es, dass diese Person ganz in Ihrem Interesse handelt. So, wie Sie es gern hätten. Damit ein Vorsorgeauftrag gültig ist, muss er wie ein Testament handschriftlich verfasst und mit Datum und Unterschrift von Ihnen versehen sein. Oder aber Sie lassen Ihren Vorsorgeauftrag von einem Notar ausarbeiten und öffentlich beurkunden.

Wirksam wird der Vorsorgeauftrag erst, wenn Sie tatsächlich urteilsunfähig wären. Die Vertrauensperson kann also vorher nicht an Ihr Vermögen, sondern nur im schlimmsten Fall, wenn Sie selbst nicht mehr dazu in der Lage sind. Damit Banken diese Vollmacht akzeptieren, muss der Vorsorgeauftrag zum Zeitpunkt Ihrer Urteilsunfähigkeit von der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Ihres Wohnkantons geprüft und für in Ordnung eingestuft werden. Sie muss etwa abklären, ob die im Vorsorgeauftrag genannte Vertrauensperson tatsächlich willens ist, diese Aufgabe zu übernehmen.

Problematisch sind zwei Aspekte: Erstens dauert diese Prüfung durch die Kesb oft einige Wochen oder sogar Monate. In dieser Zeit kann Ihre Vertrauensperson nicht über die Finanzen bei der Bank verfügen, es sei denn, Sie erteilen dieser bereits vor der Urteilsunfähigkeit die Vollmacht auf Ihrem Vermögen. Doch darin liegt der zweite Problempunkt: Vielleicht möchten Sie Ihrer Vertrauensperson nicht die Vollmacht über das gesamte Vermögen geben, solange Sie ja selbst handeln können, sondern erst dann, wenn Sie schlimmstenfalls urteilsunfähig wären.

Eine Möglichkeit, dies zu überbrücken, besteht darin, dass Sie für diesen Fall ein zusätzliches Bankkonto mit liquiden Mitteln errichten und der Vertrauensperson zusätzlich zum Vorsorgeauftrag auch bereits heute eine Vollmacht dafür erteilen. So kann diese auch Rechnungen zahlen, während der Vorsorgeauftrag von der Kesb noch auf seine Gültigkeit überprüft wird.

Wichtig ist, dass überhaupt bekannt ist, dass Sie einen Vorsorgeauftrag erteilt haben. Darum sollten Sie eine Kopie davon Ihrer Vertrauensperson sowie einer im Vorsorgeauftrag genannten Stellvertretung übergeben. Zusätzlich empfehle ich, den Vorsorgeauftrag bei Ihrer kantonalen Kesb zu hinterlegen. Dafür fällt zwar meist eine kleine Gebühr an. Es ist aber sichergestellt, dass Ihr Wille im Fall einer Urteilsunfähigkeit bei den richtigen Stellen hinterlegt und damit auch tatsächlich umgesetzt wird.

12 Kommentare zu «Urteilsunfähig: Wie kann ich vorsorgen?»

  • Andreas_Inderbitzin sagt:

    Toll, oder ?
    Um die Sozialindustrie, auch KESB genannt, einigermassen von mir fern halten zu können, benötige ich nun also einen Vorsorgeautrag, möglichst amtlich beglaubigt, welcher dann immer noch von eben dieser KESB abgesegnet werden muss.
    Anstelle des Normalfalles, dass meine Partnerin für mich sorgt, muss ich dies als Ausnahmefall speziell vertraglich absichern.
    Wer garantiert mir dann, dass die KESB nicht mit zs. Auflagen und Vorschriften versuchen wird, den Führsorgeauftrag meiner Partnerin zu sabotieren ?
    Die KESB darf prüfen, berurteilen und auch noch gleich selber darüber richten, ob sie auf die Zwangsbehütung meiner Person verzichten will.
    Mit Bürgerrechten hat dies gar nichts mehr zu tun.
    Soweit ist es mit uns gekommen. Bravo.

    • Vinzenz Bieri sagt:

      @ Andreas Inderbitzin: Sie bringen es auf den Punkt. Die KESB ist Partei. Die KESB kontrolliert sich selbst. Darum hat die KESB immer Recht. Sie werden für jeden behandelten Rechtsstreit kostenpflichtig. Die KESB muss keine Fragen beantworten. Die KESB kann Ihnen Rechte verweigern, Rechte verzögern oder nach eigenem Interesse Rechtsbelehrungen unterlassen, weil es von Amtes wegen keine unabhängige Kontrollbehörde über der KESB gibt. Eine Verfügung der KESB muss innert Frist angefochten werden, nachher verfallen alle Rechte. Wenn Sie Verfügungen anfechten, müssen Sie viel Geld in die Hand nehmen und mit unbekanntem Ausgang prozessieren. Im ZGB hat es der Nationalrat unterlassen, die betroffenen, meist behinderten, bemitleidenswerten und betagten Menschen, vor der KESB zu schützen.

  • Susanna Burri sagt:

    Der Vorsorgeauftrag ist reine Augenwischerei. Einzig, wenn die Familie zerstritten ist, ist es vorteilhaft, wenn die Entscheidungskraft in der Familie blieben soll.
    Ein vom krank gewordenen Elternteil bestimmter Familienbeistand z.B. hat trotzdem mit der KESB zu tun, ist rechenschaftspflichtig, und darf wichtige Entscheidungen nicht alleine treffen.
    Die KESB kann jederzeit entscheiden, dass der Familienbeistand „unfähig“ ist, und das Mandat entziehen. Bis die Leute merken, wie ihnen geschieht, sind meist die Fristen verpasst – und alle Macht in den Händen der KESB.
    In meinen Augen reine Verarschung. Eine Familienbeistandschaft kann man auch ohne Vorsorgeauftrag beantragen, wenn die Familie nicht zerstritten ist.

  • Flo sagt:

    Mir macht die unangreifbare Macht der KESB Angst!
    So wie ich das verstanden habe bin ich und auch meine selbst ausgewählten und von mir Bevollmächtigten der KESB völlig ausgeliefert. Unabhängig davon was ich selbst gewollt, bestimmt und festgehalten habe – wenn es denn irgend jemandem von der KESB nicht „gefällt“!

  • sandro Studer sagt:

    Die Kesb muss abgeschafft werden, aber wie bei den Verdingkindern gibt es immer Profiteure.

    • Vinzenz Bieri sagt:

      @ Sandro Studer: Ihrem Vergleich mit Verdingkindern kann zugestimmt werden, weil die KESB nach dem ZGB paragraphenbestimmt zu arbeiten hat und damit immer Recht bekommt. Die KESB hinterlässt verzweifelte Menschen, welche nicht selten in den Suizid getrieben werden. Bei der KESB bleibt das Wort Beistand in der Regel eine Worthülse.

  • Fürer Hans sagt:

    Eindeutig ein Fall, bei dem die Behörden die viel gerühmte Selbstbestimmung einer Person so weit als nur möglich behindern oder besser noch verunmöglichen wollen! Dabei wäre es ja einfach: eine Art Willensäusserung zulassen, welche (wie das Testament im Todesfall) im Fall von Urteilsunfähigkeit rundum zu 100% berücksichtigt werden muss. Dass eine KESB auch hier dreinreden und sich zur Beurteilung erst noch alle Zeit der Welt lassen darf, ist ein Skandal erster Güte! In welchem Staat leben wir eigentlich?

  • Otto Frey sagt:

    „Zusätzlich empfehle ich, den Vorsorgeauftrag bei Ihrer kantonalen Kesb zu hinterlegen.“ Gilt nicht für den Kanton Aargau; da muss man den Vorsorgeauftrag bei der Einwohnerkontrolle gegen Gebühr registrieren. Hinterlegung ist nicht notwendig, bzw. die Gemeinde übernimmt das nicht. Wenn der Vorsorgefall eintritt, wird die KESB informiert, dass ein Vorsorgeauftrag vorliegt. Die Prüfung der Gütigkeit des Vorsorgeauftrages durch die KESB muss generell unbedingt beschleunigt werden. Eine Verzögerung dieser Prüfung ist nicht im Sinne der Betroffenen.

  • Karl sagt:

    Man sollte die KESB nicht ständig verurteilen. Sie hat durchaus ihre Berechtigung und ist oft auch ein Segen für die Gesellschaft. Was subjektiv gilt, gilt nicht unbedingt für alle Fälle des gesellschaftlichen Geschehens und für alle Anforderungen des tatsächlichen Lebens, der Realität.

    Nun: Ich habe ein zivilrechtskonformes Testament. Und darüber hinaus längst einen Vorsorgeauftrag, der allen Beteiligten bekannt ist. Schleierhaft und unbeantwortet geblieben ist für mich dabei die Frage, warum dieser – wie hier wieder kolportiert – handschriftlich wie ein Testament abzuschreiben und zu datieren wäre. Ich habe bis jetzt nicht herausgefunden, ob das die KESB oder wer auch immer verlangt; gesetzliche Bestimmungen sind mir unbekannt.

  • Züri sagt:

    @ Karl

    Art. 361 ZGB

    • Vinzenz Bieri sagt:

      @ Züri: Der Vorsorgeauftrag wäre demnach gemäß Art. 361 ZGB beim zuständigen Zivilstandsamt zu hinterlegen, welche den Vorsorgeauftrag in die zentrale Datenbank einzutragen hätte.

  • Lina More sagt:

    „Damit Banken diese Vollmacht akzeptieren, muss der Vorsorgeauftrag zum Zeitpunkt Ihrer Urteilsfähigkeit von der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Ihres Wohnkantons geprüft und für in Ordnung eingestuft werden.“
    Müsste das nicht „zum Zeitpunkt Ihrer Urteilsunfähigkeit“ heissen? Überprüft wird der Vorsorgeauftrag ja erst dann.

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