Zwei Prozent Zins – aber nicht risikolos

Raiffeisenbank: Verlockende Anteilscheine. Foto: Keystone

Raiffeisenbank: Verlockende Anteilscheine. Foto: Keystone

Die Raiffeisenbank gibt mir die Möglichkeit, zusätzliche Anteilscheine zu zeichnen. Soll ich für maximal 20’000 Franken Anteilscheine zeichnen mit einem momentanen Zins von 2 Prozent, was anhand der sonstigen Zinsen ja recht gut ist? W.Z.

Ja, sofern diese Anlage in Ihre sonstige Anlagestrategie passt, die Diversifikation gegeben ist und Sie über die nötige Risikobereitschaft dafür verfügen, würde ich diese Möglichkeit nutzen. Auf die Risikobereitschaft weise ich ausdrücklich hin, weil eine Zeichnung solcher Anteilscheine keineswegs ganz risikolos ist. Indem Sie und weitere Sparer Anteilscheine Ihrer lokalen Raiffeisenbank kaufen, stellen Sie der Bank Eigenkapital zur Verfügung. Dafür werden Sie gut verzinst.

Die Zeichnung von Anteilscheinen darf allerdings nicht mit einer Spareinlage oder einer Obligation verwechselt werden. Bei diesen wären Sie weit besser geschützt. Denn Gelder auf dem Bankkonto sind durch die Einlagensicherung geschützt, und auch Obligationen sind konkursrechtlich weit besser abgesichert als Anteilscheine. Sollte Ihre Bank irgendwann in Schieflage geraten, müssten Sie damit rechnen, dass Sie Ihr Geld verlieren.

Die Anteilscheine sind vergleichbar mit Aktien: Wenn eine Firma Konkurs geht, ist das Eigenkapital meist weg, und die Besitzer von Anteilscheinen und Aktien gehen leer aus oder müssen sich mit einer geringen Konkursdividende zufriedengeben. Entscheidend für Sie zu wissen ist, dass das Geld, welches Sie in die Anteilscheine investieren, nicht etwa durch die Einlagensicherung der Banken garantiert ist. Sie tragen also das volle Risiko.

Umso wichtiger ist es, die Risiken Ihrer Bank zu kennen. Ich empfehle Ihnen, den Geschäftsbericht Ihrer lokalen Raiffeisenbank zu studieren und sich über die Risiken informieren zu lassen. Sollte tatsächlich mal eine lokale Raiffeisengenossenschaft in Schräglage geraten, gehe ich davon aus, dass ihr die Raiffeisen-Gruppe zu Hilfe eilt. Die Raiffeisenbanken-Gruppe als Ganzes stufe ich als gut geführt und solide ein. Die Bank wird zwar von der Nationalbank immer wieder mal wegen ihres hohen Engagements im Schweizer Hypothekengeschäft kritisiert. Und natürlich hat die Gruppe aufgrund ihres beträchtlichen Marktanteils im Hypothekensegment ein erhöhtes Risiko bezüglich dem hiesigen Immobilienmarkt. Dennoch stufe ich die Risiken bei der Raiffeisengruppe als vernünftig ein.

Jedenfalls ist die Gruppe weit besser durch die letzte grosse Finanzkrise gekommen als unsere Grossbanken UBS und Credit Suisse und weitere Banken. Die Gefahren bei Anteilscheinen von Raiffeisen stufe ich als geringer ein als jene der Grossbankenaktien.

Der Fokus auf das Inlandgeschäft und die eher konservative Geschäftsstrategie lassen erwarten, dass die Raiffeisen-Gruppe auch künftig eine solide Entwicklung erfährt. Vor diesem Hintergrund würde ich die Anteile zeichnen – allerdings nur, wenn Sie sich bewusst sind, dass Anteilscheine als solche immer ein erhöhtes Risiko beinhalten und Sie dieses Risiko angesichts Ihrer übrigen Anlagen und Ihrer Lebenssituation tragen können und wollen.

 

2 Kommentare zu «Zwei Prozent Zins – aber nicht risikolos»

  • Benni Aschwanden sagt:

    Ich muss mal ein Kompliment loswerden. Die Beiträge im Geldblog von Herrn Martin Spieler sind für mich als Finanzlaien immer sehr interessant zu lesen, verständlich geschrieben und praxisnah. Ein Highlight.

  • will williamson sagt:

    Nach meinem Dafürhalten kann eine lokale Raiffeisenbank nur im Falle einer veritablen Immobilienkrise oder wegen der Nachschusspflicht der Bank (nicht der Anteilhalter) im Falle eines Fiaskos der Zentralbank in Schwierigkeiten kommen.

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