Finger weg von Traumrenditen

Wie kann eine Firma Fantasierenditen ausschütten, wo doch die Kapitalmarktrenditen um ein Vielfaches geringer sind? Foto: Getty Images

Wie kann eine Firma Fantasierenditen ausschütten, wo doch die Kapitalmarktrenditen um ein Vielfaches geringer sind? Foto: Getty Images

Ein Verwandter hat uns eine Investition in die Firma Recyclix.com empfohlen. Nach Aussage von unserem Verwandten wird bei einem Investment von 100’000 Franken alle fünf Wochen eine Ausschüttung von rund 13’000 Franken ausbezahlt. Wenn wir über unseren Verwandten investieren, erhält er je nach Höhe des Betrages eine Provision. Ist diese Anlage sicher, oder handelt es sich um ein Scheeballsystem? Haben Sie von der Firma Recyclix schon einmal was gehört? D. S.

Nein. Ich kenne die Firma nicht und kann sie aus der Ferne auch nicht beurteilen. Das wäre unseriös. Wenn Sie im Internet suchen, finden Sie aber einfach einige Angaben zum Unternehmen mit Sitz in Polen. Sie stossen bei der Internetrecherche ebenso auf eine Fangemeinde im Netz wie auf vehemente Kritiker, welche der Gesellschaft vorwerfen, ein Schneeballsystem zu betreiben.

Da ich nicht in der Lage bin, all die höchst unterschiedlichen Informationen zu überprüfen, kann ich mich nur grundsätzlich äussern. Falls Sie bei einem Investment wie von Ihnen beschrieben tatsächlich eine solche hohe Summe ausbezahlt erhalten würden, kämen Sie auf eine absolute Traumrendite. Darum würde ich mich fragen: Warum sollte das Unternehmen so viel ausbezahlen, während die Kapitalmarktrenditen um ein Vielfaches geringer sind? Und wie genau ist es möglich, solche Renditen zu erwirtschaften? Kennen Sie die Kennzahlen, das Management und den Verwaltungsrat der Firma? Sind Abschlüsse und Geschäftsberichte zugänglich? Verfügen Sie über Handelsregister- und Betreibungsregisterauszüge der Gesellschaft? Welche Sicherheiten haben Sie, falls Sie investieren, und wo wird Ihr Kapital hinterlegt? Welche Stellen beaufsichtigen die Unternehmung? Wer genau steht für Ihr Geld gerade, und welche rechtlichen Möglichkeiten haben Sie, wenn etwas schiefgeht?

Das sind einige Grundfragen, die man sich stellen sollte, bevor man in eine Firma investiert – erst recht, wenn diese angeblich mit Traumrenditen lockt. Weiter würde ich mich fragen, warum genau ein Unternehmen Provisionen ausbezahlt, damit andere ebenfalls in dieses investieren. Auch dieser Aspekt würde mich skeptisch machen. Generell rate ich bei Firmen, die den Anlegerinnen und Anlegern innert kurzer Zeit Traumgewinne in Aussicht stellen und bei der Kapitalbeschaffung auf einem Provisionssystem basieren, zu höchster Vorsicht.

Ich persönlich würde nie in solche Unternehmen investieren, da mir das Risiko, alles Geld zu verlieren, zu gross wäre. Meist gilt in der Praxis: Je höher die Gewinnversprechen, desto kleiner die Sicherheit. Leider gibt es auch beim Geldanlegen nichts gratis. Meine Empfehlung: Prüfen Sie den Vorschlag Ihres Verwandten kritisch anhand der Grundfragen, die ich Ihnen aufgelistet habe, und fällen Sie dann selbst ein Urteil. Denn am Schluss geht es um Ihr Geld. Auch wenn Sie es verlieren. Ich selbst halte mich bei Angeboten mit im Vergleich zum Kapitalmarkt unrealistischen Traumrenditen an den einfachen Grundsatz: Finger weg.

5 Kommentare zu «Finger weg von Traumrenditen»

  • beat graf sagt:

    Alle 5 Wochen kommen 13’000.– ??? Das Jahr hat 52 Wochen, geteilt durch 5, also krumme 10 Mal = 130’000.–. Die Firma ist in Polen? Versuchen sie dann mal nach 10 Wochen an die restlichen 74’000.– zu kommen. Na ja, es steht jeden Tag ein Blöder auf, man muss ihn nur finden.

  • Christoph Bögli sagt:

    Selbst wenn man so etwas, das offensichtlich nur ein Betrug sein kann, mal sachlich betrachten will, dann darf man auch einen weiteren Aspekt nicht vergessen: Renditen von Geldanlagen reflektieren ziemlich direkt das damit einhergehende (Verlust-)Risiko. Mittlerweile gibt es eigentlich gar keine sehr risikoarmen („sicheren“) Anlagen mehr über ~3% und alles im Bereich von >10% muss zwangsweise als hochspekulativ und extrem riskant bis unseriös gelten. Nun haben wir hier ein „Unternehmen“, das mehr als 100% (plus Provisionen) bietet! Da reicht es wohl, eins und eins zusammenzuzählen um zu erkennen, dass bei solch einer „Anlage“ das Verlustrisiko bereits nach 5 Wochen gegen 100% geht..

  • Bernd A. Schiller sagt:

    Prüfen ist grundsätzlich richtig und extrem wichtig. Aber auch Regierungen und Banken sind nicht sicher! Es gilt also abzuwägen ob man das Risiko eingehen und vielleicht sehr viel Geld verdienen will oder man lieber „relativ sicher“ sein mühsam Erspartes anlegen möchte.
    Wie ich aus den bisherigen Kommentaren ersehen kann wurde sich noch nicht genug informiert. Ich arbeite seit über einem Jahr mit Recyclix und diese Plattform läuft sehr solide und ich habe bisher noch kein Problem mit Support, Technik oder den Auszahlungen gehabt. Allerdings sollte man sich auch hier das Ganze wirklich genau ansehen! Denn ich kenne viele für die ist Recyclix zu „träge“. Jede Plattform hat ihre Vor- und Nachteile! Bzgl. der Renditen kann ich nur sagen, es gibt sogar noch bessere Zahlen!

  • Molnar sagt:

    Dieter Behring lässt grüssen…

  • Peter sagt:

    ich finde, dass der Geldonkel die Informationen auf recyclix.com verstehen können sollte und sie ihn klarem Deutsch vermitteln. Dafür wurde er ja von D.S. angefragt. Es reicht nicht, dies mit weiteren Fragen zu ergänzen.
    Klar ist, dass Müll gekauft, recycliert und weiterverkauft wird. Unklar ist in den Rechenbeispielen, wo der Kaufbetrag hingeht und was die Gewinnpläne bedeuten, warum nach Zyklus 1 kein Gewinn entsteht, aber nach Zyklus 10 ist ein hoher Gewinn vorhanden. Ich habe die webseite also angeschaut.
    Ausser mit bitcoin kann man so hohe Beträge wie 100’000 euro gar nicht einbezahlen. Hingegen könnte man mit Euro 20 mitspielen.

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