Investoren ziehen Geld aus Nebenwerten ab

BILD: RETO OESCHGER, BONSTETTEN, 19.05.2012 Zwei Bauern Werner Locher und Martin Haab wehren sich zum Thema " Faire Milch " Islisbergstrasse 8

Börsenüberflieger wie Milchverarbeiterin Emmi wurden auf den Boden der Realität zurückgeholt. Foto: Reto Oeschger

Dass Aktien von kleinen und mittelgrossen Unternehmen den breiten Schweizer Aktienmarkt auf lange Sicht schlagen, lässt sich mit beeindruckenden Statistiken unter­legen. Was dieselben Statistiken allerdings nicht verraten: Es kommt in diesem Titelsegment über die Jahre immer mal wieder zu brutalen Rückschlägen. Nach dem Höhenflug der letzten Monate fallen immer mehr beliebte Nebenwerte einer schleichenden Korrektur zum Opfer. Still und leise spüren Börsenüberflieger wie der Milchverarbeiter Emmi oder Ypsomed, ein führender Hersteller von Injektionssystemen, erstmals wieder die Erdanziehungskraft. Selbst die Aktien von frenetisch gefeierten Unternehmen wie Temenos oder Straumann befinden sich nicht mehr länger in Reichweite ihrer erst vor wenigen Wochen erklommenen Bestmarken. Wie mir aus London berichtet wird, nehmen mächtige ausländische Grossinvestoren Geld vom Tisch. Es ist möglich, dass Schweizer Markt­akteure diesem Beispiel folgen und die Kurse noch weiter fallen lassen. Nebenwerte ­meiden, Korrektur ist noch nicht ­ausgestanden

Das Spekulationsfeuer lodert

Zu Barry Callebaut gibt es schon seit Wochen immer wieder Übernahmespekulationen. Als mög­liche Interessenten müssen zahlungskräftige Grosskunden des in Zürich beheimateten Schokoladeherstellers wie Mondelez oder Hershey’s herhalten. Mit der Nachricht, dass sich Andreas Jacobs vom Amt des Verwaltungsrats zurückziehen werde, goss vergangene Woche ausgerechnet das Unternehmen selber reichlich Öl ins lodernde Spekulationsfeuer. Denn obschon mit Patrick De Maese­neire ein Vertreter der Familie Jacobs nachrückt, gilt die Rochade an der Spitze des Verwaltungsrats als möglicher Vorbote für eine Beteiligungsreduktion durch den Grossaktionär. Mit einem Stimmenanteil von etwas mehr als 50 Prozent hätte Letzterer bei einem Unternehmensverkauf ins Ausland ein entscheidendes Wort mitzureden. Nimmt man die derivatseitigen Handelsaktivitäten als Gradmesser, gehören die jüngsten Übernahmespekulationen wohl ins Reich der Märchen und Fabeln. Anders als in der Aktie selber herrscht in den gängigsten Call-Warrants nämlich schon seit Wochen ­Flaute. Einen grossen Bogen um die Aktie machen

Kursgewinn bis 100 Prozent

An dieser Stelle möchte ich noch kurz auf meine Derivatwette auf die Aktien der Credit Suisse zu sprechen kommen. Auf den ersten Blick wusste der von der kleineren der beiden Schweizer Grossbanken für das dritte Quartal veröffent­lichte Zahlenkranz in Analystenkreisen zwar zu gefallen. Doch wie so oft lag der Teufel im Detail. Neben höher als erwartet ausgefallenen Rückstellungen für Rechtskosten nahm man der CS auch den Margenrückgang im Private Banking übel. Als Folge davon wurde ihre Aktie an diesem Tag mit einem Minus von mehr als 7 Prozent «abgewatscht». Wer meiner Empfehlung vom vergangenen Sonntag Folge leistete, konnte auf dem Put-Warrant WCSBRV (Valorennummer 30767513) einen Kursgewinn von bis zu 100 Prozent erzielen. Obschon dieser durch den Kursverlust von bis zu 70 Prozent auf dem Call-Warrant WCSCCV (Valorennummer 30768708) geschmälert wurde, ist die Wette mit sehr viel Glück aufgegangen. Aktie selber weiterhin meiden

Auftragsflaute dauert an

Ausländische Leerverkäufer haben damit begonnen, sich auf Burckhardt Compression einzuschwören. Wie Erhebungen des Beratungsunternehmens Markit zeigen, laufen mittlerweile Wetten im Umfang von knapp 15 Prozent aller ausstehenden Aktien gegen den führenden Anbieter von Kolbenkompressorsystemen. Die Leerverkäufer leihen sich Aktien aus und veräussern diese in der Hoffnung, sie zu einem späteren Zeitpunkt günstiger wieder zurückkaufen zu können. Die hohe Abhängigkeit von Kunden aus der Öl- und Gasindustrie macht Burckhardt Compression schon eine ganze Weile zu schaffen. Die Auftrags­flaute dürfte andauern, kürzten mit Shell, BP oder Statoil doch zuletzt grosse Mineralölkonzerne ihre Investitionsvorhaben. Aktie meiden

Übertriebener Kursrückgang

Schon seit Wochen bietet sich den erfolgsverwöhnten Aktionären von Actelion ein ungewohntes Bild: Nachdem die Aktie des Biotechnologiekonzerns in den letzten Jahren die Gewinnerliste öfter anführte, kann sie sich der Kursschwäche bei anderen Pharmawerten nicht länger entziehen. Bei Barclays wird die Aktie deshalb neuerdings sogar als «dead money» bezeichnet. Sinngemäss übersetzt, heisst das in etwa: Mit dieser Aktie lässt sich in den kommenden Monaten kein Geld verdienen. Ich sehe das etwas anders und halte den Kursrückgang der letzten Wochen für über­trieben. Aktie kaufen

Ein Kommentar zu «Investoren ziehen Geld aus Nebenwerten ab»

  • Peter Schneider sagt:

    „Nachdem die Aktie des Biotechnologiekonzerns“. Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Biotechnologie . Frage: welche Actelion-Produkte sind biotechnologischer Herkunft? Womöglich keins? Die Medikamente werden rein chemisch hergestellt; die Wirkstoffe sind Small Molecules und z.B. keine Antikörper… Soll heissen: Actelion ist mehr „Pharma“ als Novartis und Roche. Wohingegen Actelion keinerlei Expertise in „Biotech“ hat, forschen und produzieren Roche und Novartis biotechnologisch. Soll heissen: die „Überbewertung“ von Actelion basierend auf der Nutzung von „Buzzwörtern“, die in keinster Weise das Geschäft umschreiben, muss früher oder später einer stinknormalen Pharmabewertung weichen. Dann wenn jeder merkt, dass „Biotech“ eine Mogelpackung ist.

Die Redaktion behält sich vor, Kommentare nicht zu publizieren. Dies gilt insbesondere für ehrverletzende, rassistische, unsachliche, themenfremde Kommentare oder solche in Mundart oder Fremdsprachen. Kommentare mit Fantasienamen oder mit ganz offensichtlich falschen Namen werden ebenfalls nicht veröffentlicht. Über die Entscheide der Redaktion wird keine Korrespondenz geführt.