2016 wird das Jahr der grossen Übernahmen

Willkommen auf unserem neuen Geldblog. Jeweils am Dienstag und Donnerstag beantwortet der Geldberater Martin Spieler Ihre Geldfragen. Jeweils am Sonntag wird die Börsenkolumne von Armando Guglielmetti aufgeschaltet.

Grosser Appetit: Chemchina greift nach Syngenta, 3M nach Straumann. Foto: Getty Images

Grosser Appetit: Chemchina greift nach Syngenta, 3M nach Straumann. Foto: Getty Images

Mehrere wichtige Schweizer Konzerne werden im neuen Jahr in Übernahmekämpfe verwickelt sein. Allen voran der Agrarchemiehersteller Syngenta. Er manövrierte sich in eine derart exponierte Lage, dass er bereits im Frühjahr eine Fusion mittels Übernahme durch eine US- oder deutsche Gesellschaft realisieren wird. Falls es Syngenta nicht gelingt, in den Industrienationen einen Partner zu finden, könnte die Übernahme durch Chemchina rascher als erwartet zum Ziel führen.

Die in Staatsbesitz stehende Chemchina kauft seit Wochen in sämtlichen Kursschwächen Syngenta-Namenaktien, wie aus zuverlässigen Quellen am Markt zu vernehmen ist. Ausserdem werden die Kauftransaktionen gemäss Gerüchten zum Grossteil «über zugewandte Orte» abgewickelt, damit das rigide helvetische Meldesystem von überschrittenen Anteilsgrenzen wie 3, 5 oder 10  Prozent «elegant» umgangen werden kann.

Die Schlinge um die Gesellschaft beginnt sich zuzuziehen – mit seit Mitte Dezember nahezu Tag für Tag breiter gefragten Call-Warrants und Kaufoptionsscheinen sowie Futures-Kontrakten auf Syngenta. Die Chancen stehen gut, dass Chemchina mit einer Serie von Options-Ausübungen «über Nacht» unerwartet eine namhafte Syngenta-Beteiligung ausweisen und dazu eine für Syngenta-Aktionäre attraktive Teil-Übernahme-Offerte in der Höhe von 470 Franken lancieren wird.

Straumann-Aktionären winkt eine satte Übernahmeprämie

Übernahmegelüste gibt es auch rund um den Dentalimplantatehersteller Straumann. Er könnte in US-Hände geraten. Der stark wachsende Basler Konzern steht als neuer globaler Branchenführer in der Zahnprothetik und Zulieferer von Zahnärzten zusehends im Fokus der US-Medizinaltechnikindustrie. Wie Marktquellen berichten, steht Straumann im Visier des Technologiekonzerns 3M aus Minnesota, der als Zulieferer in der Zahn-Medizinaltechnik zusehends um Marktanteile im lukrativen US-Markt ringt. Die mit aktuell 4,9 Milliarden Franken bewertete Straumann könnte jedoch auch von anderen US-Adressen übernommen werden, die in der Zahnprothetik globale Wachstums­ambitionen aufweisen.

Die grosse Frage ist, ob die Familie Straumann ihren Anteil mit einem satten Zuschlag nach Amerika verkauft. Gemäss Marktgerüchten wird jedenfalls erwartet, dass die freien Straumann-Aktionäre in ein paar Monaten eine Übernahmeofferte von 400 Franken je Aktie erhalten, was einer Prämie von gut 30 Prozent auf den aktuellen Aktienkurs oder einem Übernahmepreis von rund 6,5 Milliarden Franken entsprechen würde.

Der Arzneimittelhersteller Basilea weist von allen Biotech-Wachstumswerten die besten Chancen auf, in den kommenden Monaten von einem freundlichen Übernahmeangebot profitieren zu können, wie aus Basel zu hören ist. Als erster seriöser Interessent zeigte sich der Berner Pharmahersteller und -händler Galenica, der dieses Jahr seine Pharmasparte abspalten will. Basilea hat gemäss Marktquellen ein erstes Angebot mit einem Übernahmepreis von 150 Franken je Aktie negativ beantwortet und dabei durchblicken lassen, dass mindestens ein Übernahmepreis von 175 Franken erforderlich sei.

Jahresfavoriten UBS, Novartis, Roche, Swiss Re und Syngenta

Nach der Rasur des Schweizer Aktienmarkts durch die Aufgabe der Frankenuntergrenze durch die Nationalbank verwandelten sich im Januar 2015 die zuvor starken Aussichten für zahlreiche Unternehmenswerte und den Gesamtmarkt. Die Massnahme der Nationalbank löste eine Wachstums­abschwächung der Schweiz aus. Im neuen Jahr kann die Schweizer Währung nur an Popularität einbüssen: Aufgrund des mittlerweile doppelt so starken Wachstums in der Eurozone verabschiedet sich die Welt nun endgültig vom Mythos des sicheren Hafens. Der Schweizer Franken könnte eine Abschwächung erfahren.

Die langfristige starke Performance von Substanzwerten wird sich auch 2016 bestätigen, weshalb ich Novartis und Roche, UBS und Swiss Re sowie die in Übernahmegefahr stehende ­Syngenta zu meinen SMI-Jahresfavoriten ­erküre. Bei Novartis und Roche werden neu zugelassene Blockbuster 2016 nachhaltige Wachstums­impulse bieten. UBS und Swiss Re sind als Dividendenanhebungs- bzw. Renditefavoriten im Finanzsektor topgesetzt. Die potenziellen Kurstrendwende-Kandidaten sind in Richemont und Swatch zu finden, die nach dem schlechten 2015 mit neuen Produkteimpulsen wieder verstärkte Marktanteilsgewinne in ihren Kerngeschäften realisieren können.

Die grössten Risiken aus Aktionärssicht bestehen bei jenen schrumpfenden Gesellschaften, denen längst nicht alle Restrukturierungen glückten. Der Versicherungskonzern Zurich bekräftigte zuletzt, die Dividende nicht antasten zu gedenken – eine vorläufige Entscheidung, welche durch einen neuen Konzernchef infrage gestellt werden kann. ABB könnte zu vermehrten Abspaltungen schreiten, um dem wachsenden Druck der Grossaktionäre auszuweichen. Fraglich ist auch, ob es der Solar- und Windkraftindustrie gelingt, vom globalen Umrüstungsboom zu profitieren. Am Markt bestehen breite Zweifel, ob der Schweizer Solarzulieferer Meyer Burger endlich auf den seit Jahren erhofften Wachstumskurs einschwenkt.

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