Bei Geldfragen endet die Freundschaft oft

Berater Martin Spieler sagt, warum er Geldangelegenheiten und private Beziehungen nie vermischen würde.

Von wegen Freunde fürs Leben: Leider ist schon manche Freundschaft am Geld zerbrochen. Foto: Getty Images

Ich bin 61 und werde noch bis 65 teilpensioniert 40 Prozent weiterarbeiten. Bei verschiedenen Banken habe ich 3.-Säule-Konten und werde dann bei der Pensionierung das Kapital beziehen. Es stellt sich die Frage, wie ich jetzt und dann nach der Pensionierung mein Geld anlegen soll. Ich bin eher vorsichtig. Eines ist klar: Ich kann mein Geld nicht selbständig verwalten. Ein langjähriger Freund rät mir davon ab, mein Geld teuer verwalten zu lassen. Er würde das für mich übernehmen. Was ist Ihre Meinung? Z.C.

Mir ist nicht klar, warum Sie Ihr Pensionskassenkapital beziehen wollen, obwohl Sie sich nicht vorstellen können, dieses selbst zu verwalten und unsicher sind, wie Sie das Kapital investieren möchten.

Ihren zusätzlichen Angaben entnehme ich, dass Ihre gesicherten Renteneinahmen eher bescheiden sind. Sie sind nach Ihrer Pensionierung auf zusätzliche Einnahmen oder einen Vermögensverzehr angewiesen. Der Vorteil eines Rentenbezugs bei der Pensionskasse wäre, dass Sie sich absichern: Denn die Pensionskasse zahlt Ihnen die Rente bis ans Lebensende.

Nach der Pensionierung kann die Rente gemäss heutigem Gesetzstand auch nicht verändert werden – unabhängig davon, ob es an der Börse rauf oder runter geht. Die AHV und die Rente würden Ihnen die finanzielle Basis für Ihren Lebensstandard garantieren. Das Geld aus der 3. Säule könnten Sie nutzen, um Ihren Lebensstandard nach der Pensionierung zusätzlich zur Rente noch etwas aufzubessern. Wenn Sie hingegen das Kapital der Pensionskasse beziehen, tragen Sie das volle Anlagerisiko. Auch bei der Anlage des 3.-Säule-Geldes tragen Sie nochmals ein Anlagerisiko.

Sie sind in der Tat darauf angewiesen, dass all dieses Kapital angelegt wird. Doch der Preis für eine Rendite ist immer ein mehr oder weniger hohes Anlagerisiko. Die Coronakrise hat Ihnen gerade gezeigt, dass es an den Finanzmärkten auch mal heftig nach unten gehen kann. Wie lange die Unsicherheit an den Finanzmärkten anhält, wissen wir nicht.

Die Bank können Sie locker auswechseln, den Freund aber nicht.

Sie müssen sich überlegen, ob Sie mit solchen Unsicherheitsphasen an den Finanzmärkten auch dann noch gut leben können, wenn Ihr Pensionskassengeld investiert wäre und Sie das Anlagerisiko tragen. Es ist gut möglich, dass Sie selbst bei einer umsichtigen Anlage in einzelnen Börsenphasen auf beträchtlichen Buchverlusten sitzen und die gewünschten Einnahmen aus dem Vermögen vielleicht länger auch mal ausbleiben. Die Rente hingegen hätten Sie auf sicher.

Ich bin keineswegs grundsätzlich gegen einen Kapitalbezug. Mir geht es nur darum, Ihnen zu zeigen, dass Sie mit diesem Schritt das volle Anlagerisiko tragen und dazu auch emotional in der Lage sein müssen.

Eine andere Frage ist die Art der Vermögensverwaltung. Diese können Sie auch delegieren. Bei einer Bank zahlen Sie dafür mehr oder weniger hohe Gebühren und dürfen ein professionelles Investment erwarten, das Ihrem Risikoprofil entspricht. Das Anlagerisiko tragen Sie trotzdem.

Das Gleiche gilt, wenn Sie Ihr Geld von Ihrem langjährigen Freund anlegen lassen, der die Vermögensverwaltung kostenlos übernehmen würde. Das ist freundlich und ehrenvoll von ihm. Allerdings halte ich mich persönlich an den Grundsatz, dass ich Geldangelegenheiten und Freundschaften nie vermischen würde. Leider ist schon manche Freundschaft am Geld zerbrochen. Sie sollten sich überlegen, wie es Ihnen gehen würde, wenn die – wahrscheinlich durchaus umsichtige – Vermögensverwaltung Ihres Freunde zur Folge hätte, dass Sie auf hohen Buchverlusten sitzen. Für eine Freundschaft kann eine solche Situation zu einer heiklen Belastungsprobe werden.

Auch bei einer Bank müssen Sie mit Verlusten rechnen. Aber die Bank können Sie locker auswechseln, den Freund aber nicht. Darum würde ich das Vermögen bei der Bank lassen und deren Expertise nutzen, was allerdings nicht heisst, dass Sie auf die Ratschläge Ihres Freundes verzichten müssen.

Die Entscheidungsgewalt würde ich dabei aber behalten, denn letztlich sind es nur Sie selbst, der auch die Verluste trägt. Darüber hinaus würde ich die Variante Rente zumindest nochmals genau prüfen.

15 Kommentare zu «Bei Geldfragen endet die Freundschaft oft»

  • Panja Flöte sagt:

    Gute Antwort von Martin Spieler, mehr gibt’s zu diesem Thema eigentlich nicht zu sagen.

    Wer trotz Unerfahrheit unbedingt selbst anlegen möchte, dann nur einen passiven Mischfonds zu günstigen Konditionen kaufen und zwecks Entsparen stückweise verkaufen (z.B. monatlich). Eine günstige Lösung hierzu bietet nach wie vor Avadis an. Ebenbürtige Lösungen sind mir nicht bekannt.

    • Panja Flöte sagt:

      TrueWealth kann da auch noch mithalten. Blöd sind hier einfach die Fonds mit Domizil USA (ist aus erbtechnischen Gründen ein Unding).

      • Kurt Seiler sagt:

        Soll ich anstatt USA Europa kaufen?
        Nie und nimmer!
        Den attraktivsten Markt links liegen zu lassen ist einfach nur eine Todsünde.

      • Panja Flöte sagt:

        Es geht nicht um ETFs, die in USA-Titel investieren (= gut), sondern um ETFs, deren Domizil (= Land, in dem der ETF aufgelegt wurde, ist ersichtlich an der ISIN; US = USA, IE = Irland, LU = Luxemburg, CH = Schweiz etc.). Das Fondsdomizil hat Auswirkungen auf Steuern und Erben etc. — Gute Fondsdomizile für Schweizer sind Schweiz, Irland und Luxemburg.

  • DerRealist sagt:

    Ich kenne hierzu in der CH auch nur AVADIS mit so einem Vehikel, welches ich nutzen würde oder sogar schon nutze, wirklich gut!
    Aber was machen, wenn man auf einmal ein paar HundertT aus der PK erhält. Die Zahle ich ja nicht morgen in einen solchen Fonds ein. Also muss ich gestaffelt reingehen. Bei z.B. einem PK Kapital von 800k geht das unterumständen 2Jahre oder mehr, bis ich das ganze Geld parkiert habe, damit der Durchschnitt stimmt. In dieser Zeit erhalte ich keinen Zins und Zinseszins….auf das nicht investierte Geld.

    • Peter Rohner sagt:

      Es gibt Untersuchungen, die sagen, dass man normalerweise besser fährt, wenn man das Kapital auf einen Schlag investiert:
      https://www.gerd-kommer-invest.de/einmalanlage-vs-phaseninvestment/

      Wem das zu riskant ist, kann natürlich gestaffelt investieren (was ich selbst auch tun würde). Die einzelnen Tranchen müssen ja nicht besonders klein sein, auch die Zeit-Abstände müssen nicht gross sein. Bei 800K würde ich z.B. monatlich 100K investieren (evtl. sogar 150-200K).

  • Markus Zumkeller sagt:

    Falls nicht bereits geschehen, wieso nicht einmal mit sukzessiven Investionen via das 3. Säule Kapital beginnen? Es gibt von einigen Bankinstituten auch 3. Säule Fonds, welche beim Erreichen des Rentenalters bzw. beim „Auszahlungszeitpunkt“ behalten werden können, d.h. sie werden einfach vom 3. Säule Depot in ein freies Depot umgebucht mit entsprechender Abrechnung z.G. der Steuerbehörde.

  • urs brand sagt:

    „Bei verschiedenen Banken habe ich 3.-Säule-Konten und werde dann bei der Pensionierung das Kapital beziehen. “

    Wie immer der Entscheid betreffend PK Gelder ausfällt – würde ich jetzt beginnen Jahr für Jahr ein 3. Säulekonto aufzulösen um die Kapitalsteuer tief zu halten. Alle Konten im gleichen Jahr zu beziehen ist absolut unsinnig und teuer.

    • Rove Zoegla sagt:

      Wenn die 3a Konten separat nach einem eigenen Tarif besteuert werde, so ist der Betrag ja in jedem Jahr immer gleich. Erklärung warum zu unsinnig und teuer?

      • meta schenk sagt:

        Der Steuersatz ist mindestens in unserem Kanton progressiv, d. h. je höher das bezogene Kapital in einem Jahr X ist, desto höher ist der Prozentsatz, der als Steuer zu bezahlen ist. Bei uns kippt es ungefähr bei CHF 50K – darunter ist der Satz moderat, darüber steigt er dann ziemlich rasant an. Mit einem gestaffelten Bezug spart man demzufolge Geld. Wieviel, das sagt einem der Steuerrechner der Kantonalen Steuerverwaltung (sollte auf der Webseite des Kantons abrufbar sein).

  • Willy Wupp sagt:

    Einmal mehr, wie so oft, eine schlicht falsche Behauptung. Diesmal sogar von Herrn Spieler! Es ist NICHT wahr, dass man sein Kapital nach dem Bezug anlegen MUSS! Weder in Aktien, noch in Obligationen, noch in EFTs oder ETFs, noch in Gold oder Immobilien, noch in was auch immer. Man DARF sein Geld ganz simpel auf einem Bankkonto oder unter der Matratze lagern. Und langsam verzehren. Momoll, das ist möglich und erlaubt!
    So wie das helvetische Steckenpferd der Steueroptimierung fakultativ ist, so muss man auch dem Hobby des Vermögenswachstums mittels Anlageprodukten NICHT nacheifern.
    Einfach damit das mal wieder gesagt ist.
    Ja, ich weiss, dass Inflation und Bankspesen Geld kosten und ja, ich kann sehr gut damit leben, denn diese Kosten sind marginal im Vergleich zum Anlagerisiko.

    • Panja Flöte sagt:

      Wer das Kapital nimmt, es nicht anlegt und jährlich 5% verbraucht, hat einen Zustupf für 20 Jahre. Wer die Rente nimmt, hat auch mind. 5% jährlich, und das lebenslang. Wenn in diesem Fall das Geld nicht reicht, kann man bei der AHV Ergänzungsleistung beantragen. — Bei einem Kapitalbezug und nach dessen Verbrauch wird eine Ergänzungsleistung oft schwierig.

    • Renata Rubina Rolischo sagt:

      @Willy Wupp:
      Falsch ist Ihre Aussage, denn – vielleicht ist Ihnen das zu spitzfindig – Kapital kann nicht „nicht investiert“ sein. Auf dem Konto setzen Sie alles auf die Anlagekategorie „Flüssige Mittel“, und das ist natürlich eine dumme Idee. Sie unterstellen: Spesen immer klein, Inflation immer klein, Gegenpartei-Risiko Null. Und zwar nicht für heute, sondern für 20-30 Jahre.
      Wer plant, von seinem Kapital 20 Jahre leben zu können, dem kann gesagt werden: Bravo, die Hälfte brauchen Sie also 10 Jahre nicht, einen Viertel sogar 15 Jahre! Das ist ein Anlagehorizont, über den „Flüssige Mittel“ wirklich eine dumme Anlage ist…

  • Gerrit Gerritsen sagt:

    guter Antwort von Martin Spieler. Wenn der Freund als (gratis) Vermögungsverwalter auftreten will, gibt es immer noch das Risiko, dass dieser Freund stirbt. Und dann???

  • Christian Suter sagt:

    Wenn Sie keine Erben haben, oder diesen nichts hinterlassen wollen, dann würde ich das Pensionsgeld als Rente beziehen, dann sind Sie sicher, egal wie alt Sie werden. Für ‚Extras‘ haben Sie ja immer noch die 3a-Säulen (oder das Geld daraus).
    Wenn Sie sich nicht selbst um die Anlage kümmern wollen (oder eben für das Geld aus den 3a-Konten) würde ich Fonds kaufen, die in Aktien investieren (zB Selfservice-Fonds der PoFi) – die werden professionell verwaltet und da können Sie immer soviel Geld rausnehmen (oder einzahlen) wie Sie wollen und die Gebühren halten sich im Rahmen.

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