Anleihen von Krisenstaaten sind riskant

Erneut vor der Staatspleite: Plakate in Buenos Aires mit Protestparolen gegen den IWF. Foto: Reuters
Vor Jahren hatte ich wegen der attraktiven Zinsen Anleihen der Republik Argentinien gezeichnet. Unterdessen habe ich mehr als 89 Prozent verloren, und jetzt sind diese wohl ganz am Boden. Nun habe ich von meiner Bank ein Umtauschangebot für meine bis 2033 laufenden argentinischen Bonds mit längeren Laufzeiten bis 2039 oder 2043 oder 2047 erhalten. Was halten Sie davon? Oder muss ich diese Titel definitiv abschreiben? P.R.
Von den hohen Zinsen auf argentinische Anleihen haben sich in den letzten Jahren viele Anleger locken lassen. Symbolhaft dafür steht Argentiniens Anleihe mit 100 Jahren Laufzeit, die das Land erst vor drei Jahren lanciert hatte. Dank dem Zins von über 7 Prozent gelang es der argentinischen Regierung damals, am Kapitalmarkt über 2 Milliarden Dollar einzusammeln.
Die Investoren sahen angesichts der rekordtiefen Zinsen hierzulande nur die 7 Prozent. Dabei war damals schon klar, dass dies nicht gut gehen kann. Inzwischen ist der Kurs der 100-jährigen Anleihe so wie die meisten argentinischen Papiere tief in den Keller gegangen. Kein Wunder: Das Land steuert direkt in den nächsten Zahlungsausfall. Fällige Zinsen auf Staatsanleihen sind ausgesetzt worden.
Zwar verhandelt das Land noch mit Gläubigern über eine Umschuldung. Argentiniens Präsident Alberto Fernandez hatte den Gläubigern ein Angebot für eine Restrukturierung der Schulden vorgestellt. Sein Vorschlag sah einen Aufschub fälliger Zahlungen bis 2023 vor sowie eine Reduzierung der Zinsen um rund 60 Prozent.
Die Corona-Krise und der Crash beim Ölpreis haben Argentinien wirtschaftlich den Todesstoss gegeben.
Indem wie in Ihrem Fall in längere Laufzeiten gewechselt wird, versucht man mehr Zeit zu gewinnen – in der Hoffnung, dass dann doch noch alles gut kommt. Zwar verspricht die argentinische Regierung, dass sie die Schulden begleichen wolle und mittel- und langfristig wieder ein nachhaltiges Wachstum anstrebe.
Ich sage es Ihnen direkt: Machen Sie sich keine Illusionen. Argentinien ist pleite, und Sie müssen wohl den grössten Teil Ihres Geldes abschreiben. Die Corona-Krise und der Crash beim Ölpreis haben Argentinien im Zuge der Turbulenzen an den Finanzmärkten wirtschaftlich den Todesstoss gegeben. Aufgrund der Corona-Pandemie verhängte die Regierung eine Ausgangssperre und legte die Wirtschaft lahm.
Doch schon zuvor durchlief das Land einmal mehr eine tiefgreifende Krise. Massgeblich dafür verantwortlich sind ein massiv aufgeblähter Staatsapparat, eine bescheidene Produktivität und eine Schattenwirtschaft. Während die Teuerung in die Höhe ging, sanken immer mehr Argentinier in die Armut. Corona macht jetzt alles noch schlimmer. Argentinien ist in bester Gesellschaft mit anderen Emerging Markets, deren Wirtschaft und Anleihen ebenfalls abgestürzt sind.
Das Muster wiederholt sich: Auf der Suche nach Rendite kaufen Investoren in guten Zeiten hoch riskante Anleihen von völlig unzuverlässigen Schuldnern wie Argentinien, doch in Krisenphasen flüchten sie innert kürzester Zeit aus den Papieren. Wer zu wenig schnell ist, sitzt dann auf den Verlusten.
Sie haben während einiger Jahre schöne Zinsen verdient mit ihren argentinischen Anleihen. Das ist die positive Seite. Der Haken an der Sache ist, dass Argentinien seine Schulden gar nie mehr zurückzahlen kann. Sie können den Vorschlag, den Ihnen Ihre Bank präsentiert hat, annehmen und darauf hoffen, dass die längere Laufzeit Besserung bringt. Ich glaube nicht daran.
Dennoch würde ich dem Umtausch zustimmen, gleichzeitig aber zumindest mental das Geld abschreiben. Am ehesten noch Chancen, wenigstens einen Teil ihres Geldes zu sichern, haben jene, die Anleihen von Argentinien halten, die nicht nach argentinischem Recht lanciert wurden, sondern nach britischem oder amerikanischem Recht. Internationale Schuldpapiere haben eher eine Chance, teilweise zurückbezahlt zu werden, als jene nach argentinischem Recht.
Das dürfte Ihnen helfen, da Ihre Anleihen in Euro aufgelegt sind. Argentinien geht rund alle 20 Jahre pleite. Nun ist es wieder so weit. Wenn man wegen der hohen Zinsen in Anleihen von Krisenstaaten investiert, sollte man von Beginn an gleich den Zahlungsausfall einkalkulieren – oder die Finger davon lassen.
3 Kommentare zu «Anleihen von Krisenstaaten sind riskant»
Faszinierend. Man nennt das „auf der Suche nach Rendite“ – der Volksmund hat dafür klarere Worte: geldgeil, den Hals nicht voll bekommen, Habgier und so weiter. Auch wenn man mit den Katholiken nicht viel am Hut hat, bei der Einordnung der Habsucht als Todsünde haben sie mal klar ins Schwarze getroffen!
Wieder mal einer, der in hohe Zinsen investiert hat, einige Zeit den Zins garniert hat und sich dann wundert wenn nix zurückkommt.
Im Sport nennt man das „doppelter Vorteil“. Der Schiedsrichterlässt nach einem Foul weiterlaufen („Vorteil“), der Spieler verliert den Ball doch noch, dann pfeift der Schiedsrichter Foul. Der Spieler hat zwei Chancen, erst darf er den Vorteil nutzen, dann kriegt er den Freistoss, obwohl er selber den Ball verloren hat.
Der hohe Zins aus Argentinien war der „Vorteil“, jetzt hat er den Ball verloren (seinen Einsatz). Nun gibt es keinen Freistoss, der Ball ist weg.
Ja damals als Macri diese 100-Jahresbondanleihe bis anno 2117 über rund 2.7 Mrd $ mit einem Coupon von 7.125% und einem damaligen Ausgabe Yield von fast 8% ausgegeben hat, hat man an der Wall-Street über die grenzenlose Blödheit von Macri noch gelacht.
Jetzt nachdem dieser Bond noch gerade bei 28.32% steht und die Zinszahlungen auch ungewiss sind, da ist wohl so manchem dieser Spötter das Lachen vergangen…
Gier frisst Kleinhirn – einmal mehr