Wie eine Pflanze auf die Henne kam
In meinem Garten tummelt sich eine ganze Hühnerschar. Die Hühner gackern nicht, sie scharren nicht, sie legen keine Eier – sie stehen bloss da, sind dekorativ und werden von den Bienen geliebt. Natürlich ist die Rede nicht von richtigen Hühnern, sondern von Pflanzen, von Fetthennen.
Fetthenne. Ein eigenartiger Name für eine Staude, finden Sie nicht auch? Eben. Höchste Zeit, der Sache auf den Grund zu gehen: Woher, zum Kuckuck, hat die Fetthenne ihren Namen?
Erste Station ist das Internet. Oberlehrer Wikipedia versagt bei der Frage nach der Herkunft des Namens. Zwar erfährt man viel über die Pflanze selber, zum Beispiel, dass ihr wissenschaftlicher Name Sedum ist. Aber eben nichts zu ihrer deutschen Bezeichnung. Also weiter im Text. Auf rohkostwiki.de werden wir fündig: „Der deutsche Name Fetthenne nimmt einmal Bezug auf die dickfleischigen Blätter, der Namensteil Henne kommt wohl von Henne und Küken und weist auf die ungeschlechtliche Vermehrung der Pflanzen hin.“ Aha. Ähnliches ist bei gartenanlegen.net zu finden. Zusätzlich liest die interessierte Gärtnerin dort, dass „reichlich spekuliert“ werde, woher der Name Fetthenne komme. Die Webseite liefert auch gleich ein Beispiel: „Einige Hühnerbesitzer lassen durchscheinen, dass der Pflanzenname auf die altertümliche Freilandhaltung des Geflügels zurückzuführen sei. Hühner, die sich an Sedum labten, sollen besonders wohlgenährt gewesen sein, so dass sich der gewichtige Effekt in der deutschen Namensgebung niederschlug.“
Das scheint doch reichlich weit hergeholt. Es ist wohl an der Zeit, das Telefon zur Hand zu nehmen und sich bei Fachleuten aus Fleisch und Blut Rat zu holen. Zum Beispiel bei Luzia Bonsanti von der Berner Blumenbörse: „Die Fetthenne speichert Wasser in ihren Blättern“, erklärt sie. Das wiederum lasse das Blattwerk beim Berühren fett erscheinen – fett im Sinne von „übergewichtig“, nicht im Sinn von „ölig“. „Die Fähigkeit, Wasser zu speichern, hilft der Pflanze, lange trockene Perioden gut zu überstehen“, so die Fachfrau weiter. Sehr interessant, wirklich. Aber was ist jetzt mit der Henne? Wo kommt die her? Auch das weiss sie: „Eine Sedum-Art bildet an ihren Blättern kleine Nachkommen aus, sie ist eine sogenannte Brutpflanze. Die „Jungen“ bekommen Wurzeln, fallen ab und wachsen an.“ Daher die Verbindung zum Federvieh. Allzu oft, sagt Luzia Bonsanti noch, sehe man diese Sedum allerdings nicht. Sie ist ein Zimmergewächs und offenbar bei Weitem nicht so hübsch wie ihre Freiland-Verwandten. Trotzdem hat es sich mit der Zeit ergeben, dass alle Sedum den Namen Fetthenne tragen – auch jene, die keine Brutpflanzen sind.
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