Fisch, Vogel und Wildsau am Bielersee
War das jetzt Spätsommer oder bereits Frühherbst? Kürzlich spazierten die Besseresser unter blauem Himmel von Vinelz nach Hagneck, wider Erwarten nicht den Bielersee, sondern eine bewaldete Hangkante entlang und mit ständig neuer Perspektive runter auf den See. In Hagneck war das Bistro Martin-Pêcheur geöffnet, vor dem wir uns bei Wurst, Brot und Weisswein zum Apéro in die Sonne setzten und zuschauten, wie sie bald hinter Kanal und Kraftwerk unterging. Vom Bistro, nach dem Eisvogel benannt, hatten wir schon viel – nur Gutes – gehört.
Tatsächlich handelt es sich um einen wunderschönen Ort mit einer kleinen, auserlesenen Karte, die aber mehr auf Spazierpausen denn auf «richtiges» Essen ausgerichtet ist. Mitbetreiber des Bistros ist Möbelmacher Martin Blaser, dessen Stahlblau-Werkstatt im selben Haus nach Vereinbarung ebenfalls besucht werden kann. Bis Ende Monat öffnet das Bistro noch von Mittwoch bis Sonntag, im November bleibt es geschlossen, und im Dezember wechselt es auf den Winter-Wochenendbetrieb. Unabhängig von der Jahreszeit: dringende Hingeh-Empfehlung!

Fürs Znacht ging es vom See hoch ins Dorf, wo der Gasthof Brücke Hagneck nur noch wenige freie Tische hatte. Mit seinem Interieur wird dieser keinen Innenarchitekturpreis gewinnen, um es diplomatisch auszudrücken. Damit ist aber bereits fertig gemäkelt, obwohl auch der Umfang der Menükarte (deren Wildteil die Frage nach der Jahreszeit beantwortete) leise Alarmglocken ertönen liess. Was auf den Tisch kam, war aber rundum gelungen und in einzelnen Details so kreativ, wie wir es nicht erwartet hätten.

Das galt bei den Vorspeisen etwa fürs Hirsch-Carpaccio (14 Fr.), in das ein Basilikumpesto (oder doch Spätsommer?) regelrecht eingearbeitet war. Laut der Kellnerin, die jede Frage beantworten konnte, war dafür ein Stück Hirsch mit Pesto bestrichen und rouladenartig gerollt worden, ehe es wie üblich gefroren hauchdünn geschnitten wurde. Gut gebrüllt, Hirsch.
Beim Zanderfilet (36 Fr.), mit Schalotten und Knoblauch in Butter gebraten und serviert mit Gemüsereis, sorgte ein Klacks Erbsenpüree für das gewisse Extra. Beim hausgemachten Wildsaupfeffer (33 Fr.) an einer kräftigen Rotweinsauce und mit den handelsüblichen, tadellosen Wildbeilagen galt dies für die süsslichen Kügelchen, die wir nicht zuordnen konnten. Gemüse oder Frucht? Kürbis wars, wusste wieder die freundliche Kellnerin, die stets im richtigen Moment an den Tisch trat, Kürbis mit Vanille angedünstet.
Die Hauptgänge waren üppig, beim naturgemäss überladenen Wildteller hätten wir uns die Spätzli auch in einem separaten Schälchen vorstellen können dazu, den Teller ein bisschen zu entlasten. Für unsere vollen Bäuche war aber auch der doppelte Apéro verantwortlich – doch missen hätten wir nichts von allem wollen.
Gasthof Brücke, Hauptstrasse 26, 2575 Hagneck; 032 396 11 86.
Die Quittung
Auf dem Tisch: «Fischküche mit Auszeichnung», sagt ein Label auf der Karte, Fleisch, Salate, Vegi.
Abgerechnet: Eher preiswert, zumal die Gerichte auch grossen Hunger stillen.
Aufgefallen: Après-Ski-Party, Gartenfest, Metzgete (demnächst): Immer etwas los in der Brücke.
Abgefallen: Von den einheimischen Fischen auf der Karte war keiner erhältlich, bloss polnischer Egli und kasachischer Zander.
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