Ein Berg Nidle, dick Butter und eine Käseschnitte


Auf den letzten Metern zur Oberstockenalp.

Der Ausflug in die Berge fängt gut an, mit Heidi von der BLS. Weil nämlich die Besser­esser – wenn sie mehr als ein Publibike aufschliessen müssen – mit dem ­Leben manchmal überfordert sind. Dank der netten Dame mit silbergrauem Undercut kommen wir doch noch aufs Stockhorn. Die Überwältigung, wie klein doch alles aussieht – der Thunersee gleicht einem Plantsch­becken, Bern einem Dorf –, ­müssen wir mit einem «Gaffee» und einem «Cöggeli» hinunterspülen. Illegalerweise füttern wir auch die freche Dohle, die sich sofort zu uns gesellt. Unter uns unweit des Ober­stockensees liegt das Ziel: das Berggasthaus Oberstockenalp. Den kürzesten Weg dahin sieht man von oben, im Zickzack den Hang hinunter. Wir entscheiden uns für die Route über den Strüssligrat. Den Weg teilen wir uns mit zwei Däninnen, die ein­ander wegen Höhenangst aus­lachen. Nach dem Grat fällt der Weg steil ab, und wir müssen ein bisschen klettern. Immer wieder lugt das Berg­restaurant hinter Felsen oder zwischen Tannen hervor, was uns motiviert. Nach 50 Minuten erreichen wir die Oberstocken­alp, wo die Familie Bühler-Blum zwanzig Kühe und fünf Schweine hält.

Und eben Gäste bewirtet. Nach einem Schwatz mit dem Sennen Werner und dem Neosennen Adrian, der eine Auszeit von Stadt und Videokamera nimmt, setzen wir uns auf die Terrasse. Die freundliche Bedienung bringt das Menü und kurz darauf ein Simmentaler Märzen (6 Fr.) und ein Glas St-Saphorin (4.50 Fr.). Für den Besseresser ist klar, hier muss man eine Käseschnitte essen. Er wählt die Variante mit Speck, Peppadew – einem süss-pikanten Früchtchen – und Spiegelei (21 Fr.). Die Besseresserin liebäugelt mit einer Tagessuppe mit zwei Sorten Käse (15 Fr.), doch die gibt es heute nicht. So entscheidet sie sich für einen ­kalten Teller, um das Können des Sennen zu beurteilen. Der Oberstockenteller (20 Fr.) scheint dafür am besten geeignet. Während drinnen in der Küche das Essen präpariert wird, beäugen wirdie anderen Gäste. Die Däninnen haben den Abstieg mittlerweile auch geschafft. Auf der Terrasse sitzt eine Britin im T-Shirt, ­obwohl eine kalte Brise aufge­kommen ist. Hinter dem Besseresser sitzen laute Deutsche, was wir zum Anlass nehmen, darüber zu sinnieren, was auf einer Alp nerven kann.


Käseschnitte mit üppiger Dekoration.

Fliegen, Gülle­geruch oder . . . Dann kommt unser Essen, und unsere ­­Ge­danken werden abgelenkt. Der Besseresser schwärmt von der Käseschnitte, die Besseresserin verstummt ebenfalls. Das Fleisch kommt aus einer Metzgerei in Erlenbach. Der Hartkäse ist einjährig und noch etwas jung. Dafür ist der dreijährige Hobelkäse mit schönen Salzkristallen durchsetzt. Am Ende des ­Sommers werde man nur noch zweijährigen auftischen können, wird der Senne Werner später im ­Käsekeller erzählen. Die Butter – so lernt die Besseresserin – muss man nicht aufs Brot schmieren, sondern legen. Nicht gerade für Weight Watchers.

Wir essen aber alles auf, in der Hoffnung, dass sich deshalb die Wolken wieder verziehen. Weit gefehlt, es fängt gar an zu ­donnern. Meinen wir zumindest, bis wir merken, dass Mittwoch ist. Mittwoch ist Kampfjetflugtag. Wir müssen lachen, weil wir uns täuschen liessen.


Im Keller liegen die Alpkäselaibe auf dem Gestell. Fotos: Besseresser

Täuschen liessen wir uns ­später noch einmal: Die aufmerk­same Kellnerin drückt einer Frau einen Kuss auf den Mund. Wir sind erstaunt ob diesem Service. Doch wie sich her­ausstellt, ist es ihre Mutter, die sie besucht. Auch mit ihnen kommen wir schnell ins Gespräch und stehen wenig später staunend im Käsekeller, wo Werner Bühler von ­seiner Arbeit erzählt. Auch die Britin streckt ihre Nase rein, sie versteht Bahnhof, aber nickt ­anerkennend. Oben auf der ­Terrasse wird die Meringue mit Bergrahm (Portion 7 Fr., halbe Portion 4 Fr.) serviert, der ­Besseresser setzt aufs Alpen­nidlechöpfli mit Fruchtsauce (6 Fr.), was sich als leckere Panna cotta mit flüssiger Aprikosenkonfitüre entpuppt.

Mit dem Geschmack vom Nidletäfeli im Mund, das zum Kaffee serviert wurde, nehmen wir die letzte halbe Stunde Wanderung bis zur Zwischenstation Chrindi unter die Füsse. Sie reicht nicht dafür, all die Nidle-Anke-Käse-Kalorien zu kompensieren. Doch es war den Besseressern noch nie so egal.<br>

Bergwirtschaft Oberstockenalp,3762 Erlenbach. Tel. 033 681 14 88. www.oberstockenalp.ch

 

Die Quittung

Auf dem Tisch Käseschnitten, Plättli, Suppen, Wurst, Spiegelei, was braucht ein Wanderer mehr?

Abgerechnet Günstige Preise.

Aufgefallen Ab acht Personen kann man auf Vorbestellung den Feuerring für Grillevents buchen.

Abgefallen Armeemuffel sollten den Mittwoch meiden, da die Kampfjets nicht nur eine Runde drehen.

Aufgestiegen Die Höhendifferenz zwischen Stockhorn und Bergwirtschaft beträgt 500 Meter. Wer lieber hochwandert, steigt in Chrindi aus der Gondel.

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