Gondeln im Marzili
Sonntags um 10 Uhr – 40 Gäste warten vor dem Restaurant Marzilibrücke auf die Türöffnung. Drinnen macht das Team von Barbara Steimer und Thomas Niffenegger das Buffet parat. «Der Brunch ist ein Selbstläufer», gibt die 38-jährige Steimer zu. Sie hat gemeinsam mit ihrem Partner Thomas Niffenegger im Februar den Wirteposten der Marzilibrücke von Stefan Ruprecht und Mike Hersberger übernommen.
Die beiden Letzteren sind die Besitzer der Taberna Gastro-Kultur AG, zu der – nebst der Marzilibrücke – die Dampfzentrale, das Café Pyrénées und das Ringgenberg gehören. «Unsere Bedingung war, dass wir hier unser eigenes Ding machen können», sagt der 35-jährige Niffenegger. Sie hätten freie Hand und würden die Besitzer, die selber hier 20 Jahre gewirtet haben, gerade mal an einer monatlichen Sitzung sehen.

Yannick Marx ist Küchenchef (25, unten im Bild), und in seinem Reich – der mutmasslich kleinsten Küche Berns – sind heute der Souschef Nicole Wyss (24), ein Spüler und ein Schnupperlehrling präsent. «Wir arbeiten hier auf einer Fläche von vier Quadratmetern», erklärt Niffenegger. Die Grösse der Küche ist auch der Grund, weshalb im Sommer im Garten ein Pizzaofen das Angebot erweitert. Auch dieses Teilkonzept will das Wirteduo zumindest im nächsten Sommer weiterführen, da es zur Fussballweltmeisterschaft passt.
Ihr kulinarisches Angebot haben die Gastronomen ebenfalls angepasst. Davor war indische Küche angesagt, jedoch hatten die neuen Wirte keinen persönlichen Bezug zu Indien und ihnen gefällt das klassisch Französische besser. «Unsere Produkte kommen aus dem Alpenraum, der sich von Monaco bis nach Österreich zieht», so Niffenegger. Er arbeitete im Schloss Bümpliz, im Hotel Murten sowie im Sternen Muri und war danach Assistent des Geschäftsführers im Gfeller am Bärenplatz. Für ihn baute er die Küchen der Zone 3 in Lyssach auf, wo ein ähnliches Konzept wie in der Plattform anzutreffen ist.
Wein vom Vully, Kürbis vom Garten

Thomas Niffenegger und Barbara Steimer (Mitte) mit Yannick Marx (links) und Jesus Alvarez (rechts).
Täglich gibt es in der Marzilibrücke ein veganes Gericht und Mittagsmenüs. Auch Regionalität schreiben die Gastronomen gross: Das Fleisch kommt von der Metzgerei Simperl in Gümligen, der Fisch schwamm im Murtensee, das Lamm zog durchs Gantrischgebiet, und der Weisswein stammt vom Vully. Das Gemüse kommt teils aus Schiffenen und der Kürbis gar aus Niffeneggers Garten oberhalb von Murten. «Wir setzen auf Lokales, aber nicht nur weil es Trend ist, sondern weil wir uns ethisch verpflichtet fühlen», sagt Niffenegger.
Die beiden lernten sich vor sieben Jahren im Hotel in Murten kennen und verliebten sich sofort. Dass sie zusammen arbeiten würden, sei für sie keine Belastung. «Aber manchmal kracht es schon, grad wegen Dienstplänen», so Steimer. «Und abschalten ist eher schwierig, da wir natürlich daheim ebenfalls über das Restaurant diskutieren.»

Diskutiert haben sie auch über ihr Konzept, in welche Richtung sie noch gehen könnten. Und aus diesen Gesprächen haben vier Gondeln resultiert, die nun im Garten stehen. Die Scheiben sind angelaufen, ähnlich wie im Film «Titanic». Ganz so heiss, wie es Leonardo DiCaprio allerdings trieb, geht es hier bei der Marzilibrücke nicht zu und her: In den Gondeln wird Fondue gegessen. «Früher konnte man das auch drinnen. Wer aber kein Fondue nahm, der musste irgendwie mit dem Käsegeruch umgehen können. Das wollten wir nicht mehr», erklärt Steimer.

Deshalb haben sie diese 16 Gondelplätze draussen und im ersten Stock das Stübli (oben im Bild) umfunktioniert. Hier herrscht Hüttencharm, an der Wand hängt ein Fonduerucksack, wie man ihn in Gstaad mieten kann, mittels Beamer wird ein Ausblick nach Gstaad projiziert.
«Die Gondeln finden grossen Anklang», sagt Niffenegger. Bereits im Sommer hatte er die Idee dazu, klapperte telefonisch alle Gondelbahnchefs ab und inspizierte – damals noch in kurzen Hosen – Gondeln in Gstaad. Die Marzilibrücke ist damit in Bern nicht der einzige Anbieter: Seit Jahren hat das Lötschberg in der Zeughausgasse auch Gondeln aufgestellt.
Winter an der Aare

Steimer und Niffenegger sind sich einig: «Der Sommer ist kein Problem, dann sind viele Leute hier unten an der Aare unterwegs. Wir wollen aber auch im Winter im Gespräch bleiben.» Der Betrieb hat praktisch zwei Gesichter: Während im Winter hier 10 Angestellte 90 Plätze bedienen, sind es im Sommer bis zu 40 Serviceangestellte, die 180 Gäste glücklich machen wollen.
Gerade hat es auch im Quartier Konkurrenz gegeben: Der Marzer hat wieder aufgemacht. «Eigentlich sind sie ja schon unsere Konkurrenten, aber es ist auch eine Chance. Je mehr Angebote es hat, desto mehr Leute kommen hierher», sagt Thomas Niffenegger zuversichtlich. Sie fürchten vielmehr die Jugendherberge, die im kommenden Jahr günstige Mittagsmenüs auftischen dürfte. «Das werden wir und sicher auch der Marzer spüren», sagen sie.
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