Uneingelöste Versprechen

Jahrelang stand bei der Kappelen­brücke das gleichnamige Fischrestaurant. Im neuen Jahrtausend blieb das Lokal leer, nur kurz unterbrochen für ein erfolgloses Projekt, dann wurde das Haus abgerissen. Jetzt steht neben der Brücke, die Bern über den Wohlensee mit Hinterkappelen verbindet, ein Neubau. Im Erdgeschoss: ein ambitionierter Italiener namens Ristorante & Bar Lago, neuster Betrieb im SCB-Beizenreich der Sportgastro AG.

Das Lago ist der perfekte Ort, um bei der Anreise einen Spaziergang einzubauen – etwa von der Halenbrücke oder dem Gäbelbach her. Einladend ist auch die Restaurantterrasse, auf der wir in der Abendsonne den Apéro genossen. Drinnen staunten wir dann an­gesichts der Menükarte: Klassische süditalienische Gerichte mit kreativen Extras – die Vorfreude war gross.

Doch leider vermochten die Gast­geber die Erwartungen nicht zu erfüllen, obwohl uns auch das Ambiente gefiel und sein italienischer Singsang, der in der Luft lag. Am Ende war zu vieles nur halb gelungen, und einige Patzer sollten einen Monat nach Eröffnung nicht mehr passieren. Zum Halbgelungenen gehörte das Tatar von roten Crevetten (Fr. 22.50, oben im Bild), das wir uns zu Beginn als Antipasto teilten. Zwar schön angerichtet, war das Tatar von einer ei­genartig glibberigen, sülzartigen Konsistenz.

Vor allem aber war der Crevettengeschmack nicht bloss dezent, sondern schlicht nicht erkennbar. Einmal sehr gut und einmal solid waren dafür die Primi: Die Spaghetti alle vongole, zafferano e broccoli (17.50) mundeten; gut komponiert, gut abgemischt. Die Spaghetti alla bottarga (19.50, oben im Bild), also mit Butter und Meeräschenrogen, hätten wir uns aber ein bisschen deftiger gewünscht. Wie bei den Crevetten war das Meer auch hier fast gar nicht wahrnehmbar.

Brot hatten wir bis da noch keines erhalten, zum Hauptgang wurde es auf Nachfrage gebracht. Als der Hauptgang kam, standen die leeren Spaghettiteller immer noch auf dem Tisch, obwohl sie längst leer waren. So musste ein Kellner hastig abräumen, damit sein Kollege die Hauptgänge servieren konnte: ein Saltimbocca mit Wolfsbarschfilet (oben im Bild), mariniertem Thunfisch, Salbei und Spinat (36.50) sowie panierte Lammkoteletten mit Caponata (37.50, unten im Bild).

Dieses Mal gefiel das Gericht aus dem Wasser besser: Gut gewürzt, war der Fisch ebenso zart wie das Spinatbett, auf dem er lag, der Risotto dazu auf den Punkt gekocht und angenehm sämig. Beim Fleischhauptgang überzeugte die perfekte Caponata, diese herrliche Gemüsebeilage aus Auberginen- und weiteren Gemüsewürfeln. Bei den Koteletten fanden wir die Kruste aber zu dominant und zu fettig.

Zusammen mit den leeren Tellern wurde auch die kleine Schüssel mit den Vongoleschalen von der Vorspeise abgeräumt. Schade eigentlich: Wir hatten uns bereits an sie gewöhnt.

Ristorante & Bar Lago, Kappelenbrücke 2, Hinterkappelen. Tel: 031 909 19 00

Die Quittung

Auf dem Tisch: Süditalienische Küche.
Abgerechnet: Grundsätzlich angemessen, einzelne Gerichte (wie das kleine Tiramisu im Glas für Fr. 12.50) zu teuer.
Aufgefallen: Speziell attraktive Karte . . .
Abgefallen: . . . die von der Küche noch nicht entsprechend umgesetzt wird.

Ein Kommentar zu «Uneingelöste Versprechen»

  • Bärner Beizer sagt:

    Liebe Besseresser
    Schön, dass Ihr uns in Hinterkappelen besucht habt. Wir danken Euch für das ehrliche und konstruktive Feedback und nehmen uns die Kritik von Euch zu Herzen. Uns ist bewusst, dass unsere Abläufe noch nicht vollends eingespielt und routiniert daherkommen. Die ersten Wochen mit dem wunderschönen Herbstwetter waren ein grosser Segen für uns – gleichzeitig aber auch enorm intensiv. Das soll keine Ausrede, sondern vielmehr ein Erklärungsversuch sein. Wir hoffen natürlich fest darauf, dass Ihr Euren ersten Besuch bei uns bald wiederholen werdet, damit wir Euch von unserem süditalienischen Konzept und unseren Qualitäten vollends überzeugen können.
    Herzliche Grüsse & a presto!

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