Insekten-Dinner im Werkhof

Am Sonntag findet im Werkhof 102 in Bern ein Viergänger mit Insekten statt. Wir haben vorgekostet.
«Die Heuschrecken schmecken, als hätte jemand mit Aromat gewürzt», sagt eine Besucherin des Insektendinners in Zürich. Ihr Begleiter steckt sich gerade einen Mehlwurm in den Mund und kämpft ein bisschen gegen den Ekel. Für mich ist es das dritte Mal, dass ich Insekten esse. Und ich muss sagen: Ich habe den Ekel abgelegt und kann mich auf den Geschmack konzentrieren. Mit mir sind rund 50 Personen hier in der Kulturkantine in Zürich mit dabei.
Damit sich alle lockern, schenkt Thierry Stecher (Vogelsanger Weine) Wein und Bier zum Apéro aus. Dazu essen wir die drei Arten Insekten, die seit dem 1. Mai legal sind: Mehlwürmer, Grillen und Europäische Wanderheuschrecken. Organisiert wird die Essensreihe, die am Sonntag auch in Bern stattfindet, von Essento.
Ich bin gespannt auf die Zubereitung und schaue den Köchen zu. Auf die Frage, ob sie viel Erfahrung damit haben, winken sie ab. «Niemand hat Erfahrung», sagt Michael Seale. Er und Gallus Knechtle von Pfefferbeere bereiten das Essen zu.

Nachdem wir sie bei der Mise en place des Amuse-bouche observiert haben, gehen wir langsam zu Tisch. Und bereits werden die Teller serviert: Mehlwurmerde (Anteil Insekten 20 Prozent, Roggencracker, Brokkoli) auf Frischkäse mit Balsamicoperlen, gepökeltes Wachtelei. Es ist hervorragend, auch oder gerade weil der Mehlwurmanteil klein ist.

Links neben mir sitzen zwei angeschwipste, aber lustige Damen. Sie sind Freundinnen und veranstalten für sich das perfekte Dinner. «Wir interessieren uns für Essen, und auch den Wein», sagen sie. Rechts sitzen zwei ältere Damen. Während des ersten Gangs (Mehlwurm-Heusuppe mit Mehlwurm-Panisse (20 Prozent Insekten)) erfahre ich von Katharina, dass sie hier ist, weil ihr Mann aus dem Kongo kommt. «Dort ist es normal, Engerlinge zu essen, Fleisch gibt es eigentlich nicht», sagt die 54-Jährige. Esther Häfliger ist wegen des ökologischen Aspekts hier.
Beim zweiten Gang machen die Köche eine tolle Show mit Trockeneis und inszenieren so die Kohlrabiravioli, die ich auf dem Teller seziere. Gerade mal eine Grille ist darin zu entdecken, aber die gibt dem Ganzen einen guten Biss.

Beim dritten Gang wird die Lautstärke in Raum lauter. Thierry meinte es gut mit dem Wein. Die Beilagen mit gebackenen Kartoffeln und Haselnuss-Mojo-Salsa hätten den Heuschreckenspiessen fast die Show gestohlen, aber auch da liessen sich die Köche was einfallen. Was das war, verrate ich jetzt nicht, sonst ist die Überraschung verdorben.
Über den Preis lässt es sich streiten: Ein Viergänger für 120 Franken? Ich kenne Köche, die mit 15 Gault-Millau-Punkten ausgezeichnet sind und dafür einen Sechsgänger anbieten würden. Insgesamt kann ich aber sagen, der Abend war ein echtes Erlebnis, perfekt abgeschlossen mit einem Dessert.
Werkhof 102, Schwarztorstrasse 102: Pop-up-Tour am Sonntag, 24. September ab 18.15 Uhr. Tickets gibt es hier.
Ein Kommentar zu «Insekten-Dinner im Werkhof»
Also, ich könnte mich in meinem grossen Garten ernähren mit Buchszündler, Maikäferlarven, sprich Engerlinge und anderem Ungeziefer. Leider füttere ich sie lieber unvergiftet dem Igel. Der hat Freude daran. Und vergessen wir nicht die verschiedenen Vögel, die sich an Insekten freuen. Jetzt will der Mensch auch noch Konkurrent werden von div. anderen Sorten, lies Menschen! Weit haben wir es gebracht. Natürlich werden die Insekten importiert, Wahnsinn!!!