Der Löwe im Glas

Man nehme Genfiddich und Balvenie – und bekomme einen Leomhann.

Es gibt sechs Destillerien in Dufftown.

Dufftown ist ein beschauliches Dorf in den schottischen Highlands. Was der Ort an Whisky hervorbringt, ist hingegen fast unüberschaubar. Nicht weniger als sechs aktive Destillerien sind hier beheimatet, die grösste und bekannteste heisst Glenfiddich, welche jährlich die Rekordmenge von 14 Millionen Litern Whisky produziert.

Nun hat es sich ja vielleicht herumgesprochen, dass ich nicht der allergrösste Fan von Glenfiddich bin, aus dem einfachen Grund, weil diese Whiskys für mein Empfinden zu sehr auf Massengeschmack getrimmt sind und oft genau so schmecken: beliebig.

Ganz anders verhält es sich mit Balvenie, Glenfiddichs kleiner Schwester-Destillerie, die nur einen Steinwurf entfernt liegt. Bei Balvenie rieche ich Charakter; der Whisky hat einen wiedererkennbaren Grundgeschmack – ganz gleich, in welchen Fässern er gereift ist. Einziger Wermutstropfen: Viele Balvenies sind nur stark runterverdünnt mit 43% oder 40% erhältlich.

Was, wenn man nun Glenfiddich und Balvenie vermählen würde und einen Whisky in Fassstärke erhielte? Voilà: Hier kommt der 26-jährige Leomhann (schottisch-gälisch für Löwe), die erste Koproduktion des unabhängigen Abfüllers Murray McDavid mit dem Schweizer Fachhändler Glen Fahrn. Und ja, ich muss sagen, dieser Löwe kommt mit gutem Gebrüll und satten 51,8% daher. Er schmeckt hell, feingliedrig und bietet einen Mix von gut gelagerten Früchten aus der oberen Gewürzkammer – mit erstaunlich langem Abgang. Könnte der Leomhann singen, er wäre ein hohes C.

Warum aber der Fantasiename? Weil er ein sogenannter T-Spooned Vatted Malt ist. Das heisst, ein Glenfiddich wurde mit einem Teelöffel Balvenie verschnitten und darf sich deshalb nicht Single Malt nennen. Seis drum. Wenn er so schmeckt wie Leomhann, dann wächst mir vielleicht auch Glenfiddich noch ans Herz.

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