Wo die Zitronen blühn – da lässt es sich lesen
Aktuelle Wetterprognosen sagen verregnete Feiertage voraus, zumindest in unseren Breitengraden. Wer liest, den muss derlei nicht kümmern, wer liest, kann reisen, in den Süden zum Beispiel, ohne dabei im Stau zu stehen. Drei Portionen Lesefutter, und das im wahrsten Sinne: In diesen Romanen geht es um Essen und Rezepte.
Zuckersüsses auf Sardinien

Die Zitronenschwestern von Valentina Cebeni
Das Romandebüt «Zitronenschwestern» war in Italien ein grosser Erfolg, obwohl oder vielleicht deshalb, weil es doch sehr nah am Kitsch gebaut ist. Die Umgebung, in der die Geschichte spielt, ist bezaubernd, die Autorin Valentina Cebeni (32) beschreibt eine fiktive Insel in der Nähe von Sardinien, die an einen nie endenden Sommer erinnert. Cebeni soll dabei von Tavolara, einem kleinen Eiland in ebendieser Gegend, inspiriert worden sein. Das Lieblingsbuch der Autorin ist, wie sie der italienischen «Elle» verriet, Tolstois «Anna Karenina». Vielleicht hat sie sich ein bisschen zu sehr mitreissen lassen von jener Dramatik.
Worum geht es? Elettra steckt in einer Lebenskrise: Ihre Mutter Edda, eine begnadete Bäckerin, liegt im Koma, Elettras Freund ist weg, und sie jammert irre viel herum. Unter mysteriösen Umständen erhält sie den Tipp, auf einer Mittelmeerinsel die Vergangenheit ihrer Mutter aufzuarbeiten. Dort lebt sie in einem baufälligen Kloster, fängt an zu backen, verliebt sich und macht sich eine Menge unnötiger Gedanken.
Highlight: Die tollen Rezepte, die mitgeliefert werden. Zum Beispiel jenes von den Zitronenbonbons (siehe unten) oder den Anisbrötchen, einem Gebäck, das «die Seele der Menschen streicheln kann». Ja, das ist Blödsinn, aber wie sie schmecken!
Schwachpunkt: Eine unterwürfige Hauptfigur und sinnlose Handlungen ebendieser.
Wer soll das lesen? Fans von Nora Roberts. Und Leserinnen mit dem Motto: Sprachliche Finessen sind überbewertet, Hauptsache, alles schön romantisch!
Valentina Cebeni: «Die Zitronenschwestern» (448 S., Penguin Berlin)
Die Zitronenbonbons
von Elettras Mutter Edda:
Zutaten: 200 g Zucker, 100 ml Zitronensaft, 1 EL Zitronenschale, mit Honig kandiert, 12 g Gelatine, 1 TL natürliches Vanillearoma, Zucker zum Dekorieren.
Die Gelatine mindestens 10 Minuten lang in kaltem Wasser einweichen, die Zitronenschale in kleine Würfel schneiden.
Zucker, Zitronensaft und Vanillearoma in einen Topf geben und bei mittlerer Hitze zum Kochen bringen. Nach 2 Minuten die ausgedrückte Gelatine hinzufügen und umrühren, bis diese sich vollständig aufgelöst hat. Die Flamme ausstellen und die Masse in pralinengrosse Silikonförmchen füllen, in die vorher jeweils ein kandierter Zitronenschalenwürfel gelegt wurde. Die Bonbons abkühlen lassen, aus den Förmchen lösen und in Zucker wälzen.
Wein und Sein in Australien
Ein Weinberg zum Verlieben – ein Buch zum Verlieben. Dass vieles ziemlich voraussehbar ist, schadet der Geschichte nicht. Im Gegenteil: Man wäre sehr enttäuscht, wäre es nicht so.
Worum geht es? Rose Bennett, eine ehemalige Spitzenköchin in London, wird von ihrem Freund sitzen gelassen und reist deshalb nach Australien, wo sie einen Job auf einer Weinfarm im Shingle Valley annimmt. Dort kocht sie sich in die Herzen der Kinder und natürlich des Winzers.
Highlight: Als Leserin ist man dank präzisen Beschreibungen gedanklich sofort vor Ort: «Der Wind, der durch das Shingle Valley fegte, schien geradewegs aus der Antarktis zu kommen. Unter dem verwaschenen blassgrauen Himmel erstreckten sich kahle Weinstöcke in parallelen Reihen, so weit das Auge reichte.»
Schwachpunkt: Das Benehmen der Exfrau des Winzers ist völlig unglaubwürdig.
Wer soll das lesen? Fans von Jojo Moyes.
Kayte Nunn: «Ein Weinberg zum Verlieben» (384 S., Piper)
Apfelkuchen in Vermont
Louise Miller lebt und arbeitet als Patissière in Boston. Ihr erster Roman beginnt fulminant und endet dann eher gemächlich. Die Autorin lässt ihre Hauptfigur erst mal den Arbeitsplatz in Brand setzen, sie dann auf dem Land um den Respekt der Bewohner kämpfen und schliesslich eine Menge kochen. Der Titel des Romans mag gar öde sein, doch diese intelligente Geschichte um eine Köchin hat Charme. Und ist gespickt mit Witz und guten Ideen.
Worum geht es? Patissière Olivias Karriereaussichten lösen sich in Rauch auf, sie flüchtet sich deshalb zu ihrer besten Freundin ins ländliche Vermont. In einem kleinen Landgasthof findet sie Unterschlupf und Arbeit – und schliesslich ein Zuhause, nach dem sie gar nicht gesucht hatte. Auch Thema im Buch: eine kauzige Lokalbevölkerung, ein kauziger Kollege und Wettbewerbe, an denen etwa der beste Apple-Pie gekürt wird.
Highlight: Der Roman als Ganzes und im Speziellen die erste Seite mit Sätzen wie «Der Club feierte seinen 150. Geburtstag, und Jameson Whitaker, der Präsident, hatte Baked Alaska mit Pistazieneis bestellt. Und da er mich darum bat, als er gerade auf mir lag, unter einem Betttuch aus feinem italienischem Leinen in Zimmer 8, hatte ich es ihm versprochen, auch wenn ich mir ziemlich sicher war, dass ein Baked Alaska im Jahr 1873 nicht auf der Speisekarte zu finden gewesen wäre.»
Schwachpunkt: Das letzte Kapitel heisst «Juli, ein Jahr später» und ist im Gegensatz zum Rest des Buches äusserst kitschig geraten. Auf den folgenden Seiten wird man allerdings mit dem Rezept eines preisgekrönten Apple-Pies belohnt. Dieses liest sich kompliziert, das Resultat dürfte dann aber, nun ja, in die Kränze kommen.
Wer soll das lesen? Wer J. Ryan Stradals «Die Geheimnisse der Küche des Mittleren Westens» gemocht hat, wird auch hier seine Freude haben (ausser am letzten Kapitel, siehe oben).
Louise Miller: «Die Zutaten zum Glück» (408 S., Suhrkamp/Insel)
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