Wein gewinnt

 

Am Samstag konnte ich mir endlich einen Platz am «Wein vs Bier» ergattern. Das Duell fand im proppenvollen Sääli des Restaurants Du Nord in der Lorraine statt und wurde zum neunten Mal durchgeführt. Michel Gygax von der Weinhandlung Weinerlei und Pierre Dubler von der Brauerei Felsenau moderierten den Anlass. Beide brachten einen Gast mit: Für den Wein war Pirmin Muoth von Delinat aus dem Liebefeld da und von der Bierseite Fran Macias von der Maca Craft Brewery aus Bümpliz. Die Spielregeln des Duells: Zu jedem Teller des Fünfgängers bekommt man jeweils einen Deziliter Bier und einen halben Deziliter Wein. Nach dem Gang entscheiden die Gäste, welches Getränk besser passt, indem sie jeweils ein Kärtchen in die Luft strecken.

1. Gang: Butternusskürbissuppe mit Rüebli, Ingwer und Kräutercrème fraîche.

Da ich Bier nur im Wankdorf trinke und mich eher bei Wein auskenne, war ich voreingenommen und stimmt bei der ersten Runde schon mal für den Wein (Viña Llopis, Valencia, Trauben: Moscatel und Gewürztraminer, bei Delinat). Praktisch das ganze Sääli wählte wie ich, all meine Tischnachbarn und die Jury stimmten allerdings fürs Bier (Venus von Maca in Bümpliz, schmeckt nach Pfirsich und Banane). Ich halte nichts von der Tyrannei der Mehrheit und hatte an mich an Anspruch, immer das besser passende Getränk zu wählen. Ich suchte mir heimlich das Aromarad für Bier aus dem Netz, um den Gerstensaft besser beschreiben zu können. Die Getränke wurden auch erst nach der Abstimmung verraten, und der Weinkenner Muoth kehrte mit stolz geschwellter Brust an seinen Tisch zurück.

2. Parmesan-Minz-Ravioli mit Champignons und Lauch

Beim zweiten Gang sprach ich mit niemandem über meine Präferenzen und degustierte alles bis zum definitiven Urteil schweigend. Zugegebenermassen hatte ich beim Schweigen keine Wahl, weil die grandiosen Ravioli mich schlicht verstummen liessen. Dann geschah das Unglaubliche: Es gab ein Unentschieden im Saal. Der Wein (Rosmarie, Marco Casanova, Walenstadt, ein biodynamischer Chardonnay, 2014, ausgetrunken, eigentlich käuflich bei  Weinerlei) wie auch das Bier (ein luftiges Weizen, mit Noten von Bananen, Limettenblättern und Koriander) bekamen gleich viele Stimmen. Biersommelier Dubler versuchte noch den Preisvorteil des Bieres zu betonen: «Mischu, was kostet eigentlich die Flasche?» «31 Franken», entgegnete dieser. Gubler hob das Bierfläschchen in die Luft und meinte bloss: «Drü füfzg …» Zwischenstand: 2:1 für den Wein.

3. Gang: Ribelmaispoularde, Pistazienkruste, Rosmarinrahmsauce, Quarkpizokel und Speck-Schwarzwurzeln

Beim Hauptgang wurde es mit den vielen Zutaten auf dem Teller besonders schwierig. Zur Schwarzwurzel – so fand zumindest ich – passte keiner. Zu Pizokel eher das Bier. Zum Poulet mit der Pistazienkruste eher der Wein. Doch die Rosmarinrahmsauce änderte alles, und so stimmte ich und auch 34 andere für den gegärten Traubensaft. Diesen hielten wir zuerst für einen Pinot noir, doch in der Nase roch er nach einem Spanier. Tatsächlich war es ein Pinot von Hanspeter Lampert aus dem Bündnerland (Diva, 2013, käuflich bei Weinerlei). Das milde Bier «Apollo II Saison» kam aus dem Hause Blackwell aus Burgdorf, das «native, wild ales» braut. «Das Volk hat ja bekanntlich nicht immer recht, aber in diesem Fall habt ihr recht», sagte der Weinkenner Gygax, grinste hämisch zu Dubler und erntete laute Lacher. Nicht nur das Duell stachelte sie an, natürlich degustierten sie auch mit und der Alkohol enthemmte sie hörbar, sehr zum Vergnügen der Gäste. Zwischenstand: 3:1 für den Wein.

4. Gang: Drei verschiedene Reifegrade Vacherin, Birnenbrot und Dörrpflaumensenf

Der Hauptgang war üppig ausgefallen, so war ich froh um die Pause. Aber dann ging es weiter mit dem Käseplättchen. Und hier gewann das Bier (Kali von Maca), wenn auch knapp mit 28:22. «Es ist das erste Mal in den neun Duellen, die wir hatten, dass ein Black IPA gewinnt», meinte Dubler. Der Naturwein (Amore proibitio, erhältlich bei Weinerlei), den uns in der Nase an Katzenpipi erinnerte, kommt von Marcello und Ursula Reichmuth aus dem Piemont, die auf sogenannte homöo-biodynamische Art produzieren. Der Wein besteht aus der Vidaltraube, eine Kreuzung von amerikanischer und europäischer Rebe. 3:2 für den Wein.

5. Gang: Honigparfait, caramelisierte Baumnüsse und lauwarmer Zimtapfel

 

Meine Tischnachbarin kündigte schon nach zwei Schlucken an: «Ganz klar das Bier, egal, was für ein Dessert kommt.» Und sie hat es auch durchgezogen, wie auch 30 weitere Gäste. Tatsächlich war das Dessert sehr süss, und mit dem Wein (Schilfwein, Sepp Moser, Neusiedlersee, 2013, Scheurebe (Kreuzung von Riesling und Bukett), käuflich bei Delinat) wurde dies so einigen zu süss. Das Bier (Jubilee Porter von Blackwell, Burgdorf, mit Kaffee- und Schokoladennoten) dämpfte die Süssigkeit ein wenig. «Den 20 Stimmen danke ich, den anderen kann ich nicht helfen», sagte der Weinhändler Muoth, was ihm einen lauten Lacher von uns Gästen einbrachte. Und dann stand es 3:3. In den neun Duellen habe es auch noch nie ein Unentschieden gegeben, und das wollten die Macher so auch nicht hinnehmen. Wir Gäste stimmten – vollgegessen und angeschwipst – noch einmal ab, und siehe da: Der Wein gewann.

Fazit: Leckerschmecker und lustig

Wer Weinreisen zum Essen mag, wird an diesem Event seine wahre Freude haben. Für Biernovizen (wie mich) ist es spannend, wie Bier zum Essen passend kombiniert kann. Ganz am Schluss kam die junge Küchencrew ins Säli und bekam einen verdienten Applaus, der Mehrgänger war nämlich auch sehr lecker. Insgesamt war es ein kulinarisch bombastischer, gaumenkitzelnder und witziger Abend.

Bier vs. Wein: 10. Duell am 18. März im Du Nord, Lorrainestrasse 2, 3013 Bern. Anmeldung unter 031 332 90 90 oder geniessen@dunord.ch. Fünfgangmenü inklusive Wein und Bier für 120 Franken. 

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