Vietnam im Breitsch

Manche Länderküchen sind in unseren Breitengraden omnipräsent, daher wollen wir euch ein paar Restaurants vorstellen, die man vielleicht nur einmal in Bern findet, die aber eine tolle Abwechslung zu Curry, Pasta und Konsorten sind.
Ich starte mit Vietnam, genauer im Breitenrain bei Kim Long an der Flurstrasse 24. Fünf Jahre wohnte ich nebenan, als das Lokal noch Eintracht hiess, eine etablierte Gaststube für trinkfeste Männer, die auf mich wegen des Spelunkengrooves eher abstossend wirkte.
Seit letztem Frühjahr allerdings hat es unter dem Namen Kim Long aufgemacht und hat in der vietnamesischen Küche in Bern eine Monopolstellung. Das Spelunkenhafte ist leider geblieben, die Lichter sind etwas ungemütlich, die Deko billig, doch all das lässt einen das Wirtepaar Minh Tuay und Hong Thi Trinh (unten im Bild) vergessen.

Für unglaubliche 36.50 Franken gibt es bei den beiden ein Viergangmenü, von dem mir meine Begleitung abrät, weil es schlicht zu gross ist. Die bekannte Pho-Suppe steht natürlich auch auf dem Menü (25 Franken, ganz oben im Bild), mit frischen Kräutern und Sojasprossen. Die Suppe stellt sich als riesig heraus. «Ich kann all das aufessen», sagt mir die zierliche Hong Thi. Sie hat allerdings einen Trick: Nur die Nudeln essen und nicht die Suppe ausschlürfen.
Ich bestelle die Nudeln mit Brokkoli, Blumenkohl, Chinakohl, Karotten, Erdnüsschen und Rindfleisch (22 Franken), ein Teller, der alles vereint, worauf ich Bock hab. Die Vorspeise – die von mir heiss geliebten Sommerrollen – teilen wir uns (7 Franken).

Das Essen ist richtig schön authentisch, soweit ich das mit einem Monat Reiseerfahrung beurteilen kann. Dazu trinken wir einen Ripasso, der uns offen und mit einer Serviettenkrawatte serviert wird. Auch sonst ist der Service etwas unkonventionell: Als wir kurz draussen eine Zigarette rauchen, wird in der Zwischenzeit drinnen der Hauptgang auf den Tisch gestellt. Das Lokal ist voll und neben uns speist eine grosse Familie.
Wir sind eher spät dran und bleiben so bis zum Schluss, als nur noch Familienmitglieder da sind, zu denen sich der 40-jährige Koch Minh Tuay aus der geputzten Küche gesellt und bei denen sich auch die 35-jährige Kellnerin Hong Thi mal eine Pause gönnt.

Ein fernwehstillender Abschluss ist der vietnamesische Kaffee (7.50 Franken), für den das Wirtepaar Bohnen direkt aus seinem Heimatland importiert. Der Kaffee wird in einem Filter über der Tasse gebraut und tropft langsam auf die Kondensmilch runter. «Dann musst du rühren und auf das Eis umgiessen», erklärt mir Hong Thi. Herrlich, selbst im Januar!
Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag, 9 bis 23 Uhr. Freitag 9 bis 24 Uhr. Samstag 11 bis 20 Uhr.
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