Der vergessene Geschmack

Bitter, diese Tafel (Bild: © Manuela Rüther, AT Verlag).
Bitter ist nicht gleich bitter, und ältere Menschen haben weniger Mühe mit Chicorée, Artischocken und anderen bitteren Lebensmitteln. Warum das so ist, lesen Sie hier.
Bei der Lektüre dieses wunderschönen Kochbuchs kam mir in den Sinn, dass meine Mutter früher immer warmen Chicorée servierte, in meiner Erinnerung waren das gemütliche Abende, während es draussen schneite und stürmte. Als ich dann auf Seite 124 über dieses Rezept stolperte, war ich so etwas wie glücklich. Und blieb es, auch nach dem Kochen und dem Essen.

Verheissungsvolles Blass: Überbackener Chicorée (Bild: © Manuela Rüther, AT Verlag)
Überbackener Chicorée ist eigentlich ein belgischer Klassiker und wird im Original mit einer Béchamelsauce zubereitet. Hier aber bringt hier eine leichte Sauce das bittere Chicoréearoma zur Geltung. Verheissung in Blass!
4–6 Köpfe Chicorée,
Olivenöl zum Braten,
einige Zweige Thymian,
Salz, schwarzer Pfeffer aus der Mühle,
3 TL Rübensirup oder Honig,
2 EL frisch gepresster Zitronensaft,
2 Schalotten,
30 g Butter,
50 ml Weisswein,
150 ml Rahm,
1 1/2 TL Mehl,
1 Prise geriebene Muskatnuss,
150 g würziger Gruyère,
30 g Haselnüsse
Den Backofen auf 220 Grad vorheizen. Chicorée längs halbieren. Olivenöl zusammen mit Thymianzweigen erhitzen, Chicorée zugeben und von allen Seiten kräftig anbraten. Hitze reduzieren, Chicorée mit Salz und Pfeffer würzen und mit 2 Teelöffeln Rübensirup und Zitronensaft beträufeln. In ofenfeste Form geben, Kräuterzweige entfernen.
Schalotten fein schneiden. Butter in einem Topf schmelzen und die Schalotten darin andünsten. Salzen, restlichen Teelöffel Rübensirup darüberträufeln, mit Weisswein ablöschen und so lange köcheln lassen, bis der Wein fast vollständig eingekocht ist. Den Rahm und 150 ml Wasser angiessen und die Sauce 6–8 Minuten kochen. Durch ein Sieb streichen und nochmals aufkochen. Das Mehl mit möglichst wenig kaltem Wasser anrühren und die Sauce damit leicht binden. Mit Salz und Muskat abschmecken und über den Chicorée geben.
Gruyère reiben, Haselnüsse hacken. Beides auf dem Gemüse verteilen. Die Backofentemperatur auf 200 Grad reduzieren, den Chicorée 15–20 Minuten überbacken, bis er eine goldgelbe Kruste bekommt. Mit Weissbrot oder Salzkartoffeln servieren.
Übrigens:
Verschiedene Legenden ranken sich um die Entdeckung des sonderbar blassen Zichoriengewächses. Eine davon erzählt, dass belgische Bauern ihre für die Kaffeeherstellung gezüchteten Zichorienwurzeln in der Erde vergruben, um sie in den politisch unruhigen Zeiten rund um die Gründung des belgischen Königreiches um 1830 zu verstecken. Durch Zufall entdeckten sie einige Monate später die weissen, zartbitteren Blattsprossen.
Infos und Rezept aus: Manuela Rüther «Bitter – der vergessene Geschmack», AT Verlag, 240 S., ca. 36 Fr.
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