Glühwein-Liebe

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Weihnachten hat für mich primär negative Seiten, aber einer rettet jeweils alles: der Glühwein. Meist stehe ich am ersten Advent zum ersten von unzähligen Malen an einem Stand, beim Platzhirsch am Waisenhausplatz nur ungern, weil man dort zu lange warten muss, beim Münstermärit siehts ähnlich aus, aber wenigstens ist der Glühwein gut.

Dieses Jahr war alles anders, ich schaffte es erst gestern – ich traf mich mit einer Freundin auf einen Glühwein. Sie ist ebenfalls ein grosser Fan und gibt zu: «Manchmal bin ich viermal in der Woche an einem Stand. Und letztes Jahr haben sie am 28. Dezember rund um mich herum schon angefangen, die Deko abzubauen, ich wollte einfach nicht gehen.» Ich musste lachen beim Gedanken, wie sie sich an ihre Tasse klammerte und nicht einsehen wollte, dass die Glühweinzeit vorbei war.

Von irgendwoher haben wir den Tipp erhalten, dass es beim Progr tollen Glühwein (rot und weiss für 6 Franken, leider nur im Kartonbecher) gebe. Meine Freundin hatte nur eingewilligt unter folgender Bedingung: «Glühwein muss man draussen trinken.» Und da gibt ihr der Progr recht: Schon von weitem sieht man die Discokugel, Fähnchen, Feuer und Falafel locken ebenfalls. Wie ein Zirkus ist der Innenhof dekoriert, und wir Glücklichen finden sogar einen Sofaplatz. Klar hat das Outdoor-Glühweintrinken Nachteile: eiszapfenkalte Füsse, Kopfschmerzen vom billigen Wein, klebrige Handschuhe, weil man schon nach der zweiten Tasse keine Balance mehr hat – aber dennoch macht es draussen am meisten Spass. Und die kalten Füsse jagen einen ja auch zu einer christlichen Stunde heim.

Jeder hat ja so seine Vorlieben, wenn es um den Ort zum Glühweintrinken geht, vielleicht ist es die Mahogany Hall oder der Propeller (der heuer aber aus bürokratisch-mühsamen Gründen keinen ausschenkt). Im Progr gefällt es meiner Freundin zwar ganz gut, «aber es isch haut ke Märit, gäu. Gestern war ich beim Münster und ich sags dir, es hatte gar nicht viele Leute.» «Ja, aber kein Wunder, Liebes, es war ja erst Montag.» «Ah, stimmt», sie musste lachen. Wer aber viermal pro Woche zum Glühweinstand will, der muss früh in der Woche anfangen …

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PS: Ganz elegant trinkt man übrigens auf der Dachterrasse im Hotel Schweizerhof am Berner Bahnhof, wo man den tollsten Ausblick auf die Stadt hat. Wer vor 16.30 Uhr eintrifft, kann den Sonnenuntergang über Bern und das Abendrot auf den Bergen sehen. Der Glühwein wird hier auch nicht kalt, weil er in Glastassen mit einer Doppelwand serviert wird. Dazu gibt es kitschige Weihnachtslieder (den Soundtrack von «Aschenputtel» oder «Feliz Navidad»), man sitzt gediegen auf Fellen und bekommt flauschige Wolldecken. Kostenpunkt: 6 Franken. 

PPS: Und wo trinkt ihr gerne Glühwein? 

2 Kommentare zu «Glühwein-Liebe»

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