Rehabilitierung des Toggenburgs

Heute reisen wir in die Ostschweiz zwecks Imagekorrektur. Das Toggenburg SG hat ja zurzeit ein Problemchen mit dem Bild nach aussen (Neonazi-Konzert, Polizei überfordert, Anwohner konsterniert, „Pnos feiert in Kaltbrunn“ – Kaltbrunn ist gar nicht mehr Toggenburg, was aber niemand weiss).

Zufällig bin ich in der Gegend aufgewachsen ausserdem der Meinung, Bösem soll man mit Liebe und gutem Essen entgegentreten. Und dann ist es auch noch so, dass dieses kleine, regengeplagte Tal in der Ostschweiz so viele verschiedene Spezialitäten hervorbringt wie kaum eine andere Schweizer Region dieser Grösse. Los gehts!


1. Schlorziflade
 

schlorzifladen

Für Nicht-Ostschweizer: Flade ist eine Wähe, und der Schlorzifladen der beste Kuchen auf der Welt. Wenn man ihn gern hat. Schlorzi ist die Masse von getrockneten Birnen, die zwischen Kuchenteig und viel Rahm liegt. Schnaps ist natürlich auch noch in diesem „Bereflade“, und gegessen wird er das ganze Jahr über, vor allem aber an Silvester, die im Toggenburg Hüslinacht heisst. Seit Urzeiten schenkt man sich dann einen Schlorziflade, und nie ist einer wie der andere, weil natürlich alle ein Geheimrezept horten. Wir verraten hier jenes von Toggenburg Tourismus mit dem Tipp: Kaufen Sie sich die Birnmasse bei Coop oder Migros („Birnbrotmasse“), sonst wird dieser Flade nie fertig.

 

2. Kägifretli

(Bild: zvg)

Oft kopiert, aber selbstverständlich wurde das Original nie erreicht: Die Kägifretli aus Lichtensteig sind und bleiben ein sicherer Wert in einer unübersichtlichen Güeziwelt. Und es gibt kein Dessert, mit dem man so gut Jenga spielen kann. Achtung: Im Fabrikladen kann man leicht die Fassung verlieren, weil es so viele schöne Souvenirs gibt. Hier ein Rezept für einen Kägifretlibecher.

 

3. St.-Johann-Biersj-hell-glas

Das Bier aus dem Toggenburg. Die Brauerei, das ehemalige Restaurant Mauer in Neu St. Johann, wurde vor ein paar Jahren neu eröffnet, Bier wird allerdings seit Mitte des 19. Jahrhunderts gebraut, eine lange Geschichte! Zurzeit ist es sogar wieder möglich, Mitbesitzer der Brauerei zu werden (bis Mitte Dezember), und bei der Bierprinzessin kann man Bier bestellen. (Okay, das ist jetzt gelogen. Es wird per Post geliefert.)

4. Bloderchäs

 

Eine Delikatesse ursprünglicher Art: Bloderchäs. Ursprünglich deshalb, weil man, vereinfacht, einfach die Magermilch stehen lässt, bis sie dick, also Bloder ist. Passt zu Brot und Gschwellti. Und vielem anderen. Zum Bild: Surchäs (oben) ist die Rheintaler Version des Bloderchäs (hier flankiert von Rheintaler Ribel und Chörbliwasser). (Bild aus: Paul Imhof: „Das kulinarische Erbe der Schweiz„, Band 3, Echtzeit Verlag)

5. Jersey Blue

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Weltberühmt: Jersey Blue made in Toggenburg. (Bild: nk)

Zweimal in Folge hat Willi Schmid aus Lichtensteig den World Jersey Cheese Award mit seinem Jersey Blue gewonnen. Warum? Weil es keinen anderen Blauschimmel gibt, der im Mund so leicht zerschmilzt. Manchmal entscheidet Willi Schmid erst am Morgen früh, welchen Käse er produzieren wird – je nachdem, welche Milch gerade geliefert wurde. Ein Besuch im Käseshop lohnt sich. Auch, weil man noch viel mehr als Jersey Blue kauft.

 

6. Försterkäse

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Das ist Thomas Stadelmann von der Käserei Stofel in Unterwasser mit seinem famosen Försterkäse, den man erwärmt und dann wie ein Fondue isst. Auch er bietet noch andere, wilde Käsesorten an, sie heissen unter anderem Sennebueb, Tannenkäse, Berg-Brie, Blauer Enzian oder Geissentanne. Übrigens: Auf ein Käseplättli gehört das

 

7. Toggenburger Birebrot

Feucht, dunkel, köstlich: Das Toggenburger Birnbrot (Bild: nk).

Es Gehört, wie „Kulinarisches Erbe der Schweiz“ schreibt, „wie das Glarner und das Bündner Birnbrot sowie der Luzerner Birnenweggen und das Kleingebäck Birnenweggli zur grossen Familie der Birnbrote und Birnenweggen“. Bis nach dem Zweiten Weltkrieg fungierte es als traditionelles Klaustags- und Weihnachtszeitgebäck, heute Gottseidank als Delikatesse während des ganzen Jahres. Das Rezept (von hier):

Toggenburger Birnbrot

Zutatenliste für Toggenburger Birnbrot
500 g Zopfmehl, ½TL Salz, 75 g Butter, 2½ dl Milch, 20 g Hefe, 1 EL Zucker, 1 Eigelb, 350 g Dörrbirnen weich gedämpft, 80 g Dörrpflaumen entsteint, 100 g Feigen, Rotwein, 50 g Datteln (entsteint), Nüsse, Mandeln, 1 EL Zitronenschalenpaste, 10 g Birnbrotgewürz, 1 TL Zimt, 1 dl Kirsch

Zubereitungsschritte

  • Für den Teig Mehl und Salz in einer Schüssel mischen. Butter schmelzen, Milch dazugeben und zum Mehl giessen. Hefe mit Zucker auflösen, beigeben und alles zu einem weichen Teig kneten.
  • Zugedeckt auf das Zweifache aufgehen lassen.
  • Inzwischen für die Füllung Birnen mit Dörrpflaumen und Feigen in Rotwein zugedeckt 15 Min. weich kochen. Auskühlen lassen, gekochte Früchte und Datteln klein schneiden. Nüsse grob hacken und Weinbeeren, Zucker, Zitronenschalenpaste, Gewürze, restlichen Wein, Zimt und Kirsch beigeben. Gut durchkneten.
  • Ein Drittel des Teigs beiseite legen.
  • Restlichen Teig teilen und zu Rechtecken von 30 x 25 cm auswallen.
  • Restlichen Teig unter die Fruchtmasse kneten.
  • Die Füllung teilen und in langen Rollen auf die Teige legen.
  • Teigränder mit wenig Wasser befeuchten und einschlagen.
  • Die Brote mit der Verschlussseite nach unten auf ein mit Backpapier belegtes Blech legen.
  • Mit Eigelb bestreichen und mit einer Gabel regelmässig einstechen.
  • Blech in den kalten Ofen schieben, bei 200 °C in der unteren Ofenhälfte ca. 55 Min. goldbraun backen.
  • Auf Gitter auskühlen lassen.

 

8. Morga-Bouillon

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Es gibt einfach keine bessere. Am besten kauft man sie sich im Fabrikladen (ist nur donnerstags geöffnet), und dann gleich auf Vorrat. Morga war ihrer Zeit einst weit voraus: Seit der Gründung vor mehr als 80 Jahren entwickelt, produziert und vertreibt die Firma vegetarische und Bio-Lebensmittel aller Art – heutiges Hipsteressen. (Bild: Morga)

9. Toggenburger Bauernschüblig

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DIE Fleischspezialität. Wird im traditionellen „Buurerauch“ zur Vollendung veredelt. (Bild: www.metzger-metzger.ch)

10. Olma-Bratwurst

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Man sagt, die beste Olma-Bratwurst mache der Schmid in St. Gallen. Mag sein. Die vom Rust in Neu St. Johann steht an zweiter Stelle. Auch hier gilt: Hauptsache, Sie essen sie OHNE SENF!
(Bild: www.metzger-metzger.ch)

11. Stockberg-Speck

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Muss man da noch etwas anfügen? Nein.
(Bild: Toggenburg Tourismus)

12. Zimtflade

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Zimtflade. (Bild: www.toggenburg.org)

Böse Zungen behaupten, der Zimtflade sei besser als der Schlorziflade. Das ist natürlich Blödsinn. Aber von der Tischkante weisen würd ich ihn jetzt auch nicht. Ausserdem ist er total einfach herzustellen, wie in diesem Video zu sehen ist (die Frau spricht allerdings überhaupt nicht toggenburgerisch, liebes SRF). Das Rezept, wir verwenden nicht saure Milch wie die Abderhaldens auf der Alp (siehe Film):
Zutaten für 4 Personen: 1 Kuchenteig, Aprikosenkonfitüre
200 g Zucker, 200 g Schraps (vom Beck oder gemahlene Resten-Guetzli), 10 g Zimt, 20 g Backpulver, 5 dl Milch, 300 g Mehl, 1 Prise Salz, 100 g Butter
Vorbereitung: Fladenblech mit Kuchenteig auslegen. Mit einer Gabel einstechen und leicht mit Aprikosenkonfitüre bestreichen. Den Ofen auf 200 °C vorheizen.
Zubereitung: Zucker, Schraps, Zimt, Backpulver, Mehl und Salz gut mischen. Milch und flüssige Butter dazugeben. Diese Füllung auf dem Teig gleichmässig verteilen und sofort in den Ofen geben. Ca. 25 Minuten bei 200 °C backen.
Schmeckt leicht warm am besten. (Quelle: „Bloderchäs und Schlorziflade“, Toggenburger Verlag)

2 Kommentare zu «Rehabilitierung des Toggenburgs»

  • Dirven Mathilda sagt:

    Oh Zimtfladen. Wo gibt es diesen zu kaufen.?
    War gerade in Wilfhaus.

    • Nina Kobelt sagt:

      Liebe Frau Dirven
      Am besten, Sie schauen in den Bäckereien nach. Ich weiss sicher vom Birebrot in der Bäckerei Abderhalden in Wattwil. Was es bei fast allen Becken gibt, ist der Toggenburger Mandelfisch, eine weitere süsse Spezialität.

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