Der Bär im Essen
Schlemmen rund um den Säntis: Dank Bärli-Biber, Alpenbitter und anderen ungesunden Dingen ist das ganz leicht. Eine kulinarische Reise zum Berg.
Es gab ihn mal, den Kanton Säntis. Natürlich hatte Napoleon da seine Hände im Spiel, während der Helvetischen Republik hiess der Kanton mit Hauptstadt St. Gallen eben so wie das geografische Merkmal in der Gegend: Säntis. Diesen Bergkanton gab es nur drei Jahre, bis 1801, um genau zu sein. Heute treffen auf dem Gipfel drei Kantone zusammen: Appenzell Ausserrhoden, Appenzell Innerrhoden und St. Gallen. Was diese Geschichtslektion soll? Zum Kulinarischen überleiten. Auf dem Teller beim Säntis-Zmorge oben auf 2502 Metern über Meer ist der Kantönligeist zu spüren. Aber auf positive Art und Weise. Die Gegend rund um den Säntis weist eine hohe Dichte an Spezialitäten auf – viele mit Kultpotenzial.

Nach 35 langen Jahren: Der alte Dampfkessel bei Appenzeller Alpenbitter im wohlverdienten Ruhestand.

Elegant und energieeffizient: Der neue Schnelldampferzeuger.
Wir waren ja vor nicht allzu langer Zeit im Appenzellerland. Damals gabs zum Dessert auch einen Appenzeller Alpenbitter, der auch ein bisschen Mitschuld an der historischen Einleitung von vorher hat. Genau hundert Jahre nach dem «Kanton Appenzell» von 1802 sammelte ein 20-jähriger AppenzellerKräutlein, Wurzeln, Blüten und Samen, 42 verschiedene. Emil Ebneter hiess der Bursche, und er gilt als Erfinder vom «Appenzeller», der damals von Ärzten als Heilmittel empfohlen wurde. Auch heute schwören viele noch auf die wohltuende Wirkung des Digestifs, der ohne jegliche chemischen Zusatzstoffe auskommt. Das Rezept ist Familiengeheimnis, und in Appenzell wird er «Alpebetter» genannt, was ein schöner Wortzufall ist: «Better» heisst auf Englisch besser, und ja, vielleicht sind die Alpen im Alpstein einfach ein bisschen besser. Übrigens: Seit 1981 war der Dampfkessel bei der Appenzeller Alpenbitter in Betrieb. Ende Mai hat er einem modernen Schnelldampferzeuger Platz gemacht. Dieser ist schneller, effizienter, umweltfreundlicher und eleganter. Aber halt schon nicht mehr so schön!
Im Appenzell gedeiht und ruht schliesslich auch der eigentliche Star der Gegend: der Käse. Weltbekannt wohl, «räss» und immer bekömmlich, im Sommer wie Winter. Wenn wir schon bei den Spezialitäten im Appenzell sind: Siedwurst, Mostbröckli, «Chrempfli» (so was wie Anisgebäcke ohne Anis) und natürlich das vielleicht beliebteste Souvenir, das Biberli.

Biberli-Glacé (Bild: www.baerli-biber.ch)
Der Appenzeller Biber ist ein Gebäck aus Honigteig, gefüllt mit einer hellen Mandelmasse. Er ist in verschiedenen Formen und Grössen erhältlich und zeigt meist ein typisches Appenzeller Motiv. Die grossen Biber werden in denAppenzeller Bäckereien noch von Hand hergestellt. Und der berühmteste unter ihnen ist ohne Zweifel das Bärli-Biberli der Firma Bischofberger. Es liegt in Landgasthöfen jeweils neben Zweifel-Chips und Kägifret (Letzteres stammt ja auch aus der Umgebung des Säntis, aus dem Toggenburg, dorthin reisen wir übrigens später in diesem Jahre noch) und ist, das darf man ruhig sagen, 75 Gramm «mmh», eingepackt in saisonaler Originalbauernmalerei. Der Bärli-Biber ist das einzige Weihnachtsgebäck, das während des ganzen Jahres schmeckt. Warum das so ist, weiss wohl nur die Familie Bischofberger, die ihn 1957 als Marke eintragen liess.
Bilderbuchmässig wie auf den Biberli-Verpackungen geht es übrigens auf dem Berg selber nicht immer zu und her: Dort geschah sogar ein Mord. 1922 wurden Wetterwart Haas und seine Frau Maria Magdalena tot aufgefunden, die Geschichte ist im Film «Der Berg» von Markus Imhoof ausführlich beschrieben und vor allem grandios gespielt unter anderem von Mathias Gnädinger. Diese Episode passt insofern in diesen Text, weil die Vorfahren der Mansers, die das Berggasthaus Alter Säntis auf dem Gipfel führen, auch schon da waren (wohl aber nicht am Ort des Verbrechens, das nie restlos aufgeklärt wurde). Seit 1850 tischt die Familie Manser Speisen und Getränke aus der Region auf. Schon nur darum lohnt sich ein Besuch.
BIBERFLADEN-PARFAIT:
Sie brauchen etwa 20 Minuten für die Zubereitung, aber ungefähr 6 Stunden zum Gefrieren.
Zutaten: 1 Vanillestängel, 2 frische Eigelbe, 2 EL Zucker, 50 g Appenzeller Biber, ½ EL Lebkuchengewürz, 1 EL Schokoladepulver, ½ dl Appenzeller Alpenbitter, 1 dl Rahm, 2 frische Eiweisse, Prise Salz, 1 EL Zucker; Appenzeller Biber zum Verzieren, wenig Pfefferminze zum Verzieren.
Zubereitung: Vanillestängel längs aufschneiden, Samen auskratzen. Eigelbe, Zucker und Vanillesamen in einer Schüssel mit den Schwingbesen des Handrührgeräts rühren, bis die Masse heller ist.
Biber an der Bircherraffel fein reiben, mit Lebkuchengewürz, Schokoladepulver und Appenzeller Alpenbitter unter die Eimasse rühren. Rahm steif schlagen. Eiweisse mit dem Salz steif schlagen, Zucker beigeben, kurz weiterschlagen, bis der Eischnee glänzt.
Eischnee und Schlagrahm sorgfältig unter die Masse ziehen, sofort in eine mit Klarsichtfolie ausgelegte Cakeform (circa 20 cm) giessen. Zugedeckt circa 6 Stunden gefrieren. Parfait in Scheiben schneiden, verzieren, sofort servieren.
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