Wo der Hund begraben liegt

Ich weiss nicht, ob es Ihnen bewusst ist, aber Sie werden sterben. Sie brauchen sich dafür nicht zu schämen. Das passiert selbst den besten Menschen. Kant: tot. Mozart: tot. Gandhi: tot. Elvis: höchstwahrscheinlich tot. Sie sehen, es gibt kein Entrinnen.
Weil die erbarmungslose Vergänglichkeit der eigenen Existenz angsteinflössend sein kann, arbeitet die Menschheit seit Jahrtausenden an Massnahmen, die Linderung schaffen sollen. Diese sehen vor, dass das geistige Bewusstsein nach dem körperlichen Ableben nicht abgeschaltet, sondern an einem Ort weitergeführt wird, den es mittels individueller Evaluation durch eine höhere Instanz zu bestimmen gilt. Dabei kommt ein moralisches Bonus-Malus-System zur Anwendung, das jedoch etliche regionale Eigenheiten kennt. In unseren Breitengraden stehen diese altherkömmlich unter der Schirmherrschaft des Christentums.
Wie viele andere Massnahmen sieht es auch das Christentum vor, den von ihnen zu evaluierenden Individuen kleine Landflächen zur Verfügung zu stellen, in denen deren sterbliche Überreste vergraben werden können. Diesem Prinzip soll nun in Bern eine Neuerung beigefügt werden. Der städtischen GLP scheint die Rettung des Planeten nicht genug zu sein, und sie versucht nun ihr Einflussgebiet über irdische Grenzen hinweg zu hieven. So fordert sie, dass auf Friedhöfen Verstorbene künftig ihre Haustiere mit ins Grab nehmen dürfen. Was also selbst in gewissen Mietverträgen verboten wird, soll in den städtischen Ruhestätten nun erlaubt werden. Der Gemeinderat gibt sich jedenfalls offen und will das Anliegen prüfen.
Mich stört das nicht, habe aber Fragen. Wie soll denn diese gemeinsame Bestattung genau funktionieren? Egal, wie nahe sich Besitzer und Haustier stehen – die Länge ihrer Lebenszyklen werden sie wohl kaum aus Rücksicht auf eine gemeinsame Bestattung aneinander anpassen. Wenn der Besitzer also vor dem Haustier sterben sollte, wird dieses dann zwecks Beerdigung mit narkotischer Nachhilfe aus dem Leben entfernt? Und was hätte das wiederum zu bedeuten, wenn das Tier vor seinem Halter stirbt?
Ich befürchte, dass eine solche Handhabung in sämtlichen moralischen Bonus-Malus-Systemen dieser Welt für ernsthafte Konsequenzen sorgen könnte. Deshalb wäre es ethisch vertretbarer, das zuletzt gestorbene Mitglied der Grabgemeinschaft nach Ablauf der natürlichen Lebenszeit nachzuschicken. Doch auch da sehe ich gewisse Probleme in der Praxis. Folgendes Szenario: Jemand will sich mit seinem Hund begraben lassen, stirbt aber lange vor diesem. Der Hund kommt ins Tierheim und wird von da aus einem neuen Halter zugewiesen. Diesem wächst der Hund dermassen ans Herz, dass auch er sich mit dem Hund begraben lassen will. Welchem Grab soll der Hund nun zugeführt werden? Natürlich könnte das Tier durch ein salomonisches Urteil in zwei Hälften geteilt und so in gleichen Anteilen auf die beiden Ruhestätten verteilt werden. Doch damit ist das Problem mitnichten gelöst. Denn wer soll welchen Teil bekommen? Während einer der Halter die charismatische Front mit unter die Erde nimmt, wird der andere Halter die Ewigkeit mit einem Hundehintern antreten müssen.
Und in der Ewigkeit geht das Dilemma erst richtig los. Denn was, wenn die Evaluationsbögen ergeben, dass ein Halter für immer in der Hölle schmoren soll, sein Hund aber ein ganz braver Junge war? Steht das Haustier nach seinem Tod immer noch in gleichem Besitzverhältnis zu seinem Halter und muss ihm ins ewige Feuer folgen, oder wird es nach abgeschlossenem Sterben von der Leine gelassen? Vielleicht sind es solche Fragen, die mich nicht an ein Leben nach dem Tod glauben lassen.
Der «Bund»-Redaktor erhofft sich, nach seinem Ableben als Statue auf einem prominenten Platz errichtet zu werden.
7 Kommentare zu «Wo der Hund begraben liegt»
Gäbe es das Leben nach dem Tode nicht, wären Nahtoderfahrungen, wie sie weltweit zu hunderten dokumentiert sind, nicht möglich. Leben kann nicht sterben, nur das Körperliche stirbt. In Wirklichkeit findet das wahre Leben auf geistigen Ebenen statt, die Materie dient nur als Schule.
Guten Tag Herr Grossen
Das Spannende an dieser Frage ist ja, dass weder das eine noch das andere bewiesen werden kann. Will heissen, genau wie Sie argumentiere ich bloss mit Vermutungen, die mir am plausibelsten erscheinen.
Beste Grüsse aus dem Diesseits,
Martin Erdmann
Vermutungen? Es gibt einen grossen Wissensschatz, mit dem man sich befasst haben sollte, Herr Erdmann. Dann braucht es keine Vermutungen.
Da haben Sie Recht. Es gibt tatsächlich einen grossen Wissensschatz zu dieser Thematik. Da Sie sich mit diesem auseinandergesetzt haben, wissen Sie aber auch bestimmt, dass viele Wissenschaftler Nahtoderfahrungen jegliche spirituelle Eigenschaften absagen, da diese durch rein körperliche Reaktionen hervorgerufen werden. Die viel erfahrene Tunnel-Wahrnehmung soll so zum Beispiel durch eine Unterversorgung der Netzhaut mit Sauerstoff entstehen. Handfeste wissenschaftliche Beweise für ein Leben nach dem Tod wurden bisher noch nicht geliefert.
Beste Grüsse
Martin Erdmann
„… dass viele Wissenschaftler Nahtoderfahrungen jegliche spirituelle Eigenschaften absagen …“.
Die Wissenschaft ist rein materialistisch orientiert und für spirituelles Denken nicht kompetent. Wissenschafter denken rationell mit nur einer Gehirnhälfte, für spirituelle Kompetenz braucht man beide. Und wer eine Nahtoderfahrung hatte braucht keine Bestätigung der Wissenschaft.
Wenn diese Partei dann weiss, wo sie den Hund begraben will, kann sie sich um ihren Vogel kümmern.
Zum Vorder-Hinterteil Dilemma beim Hund. Einfachste Lösung: Kadaver tieffrieren und dann, statt quer, längs sezieren (diese Praxis ist ja alltäglich bei der Fleischverarbeitung von Nutztieren). Könntebei jedem Haustier eingesetzt werden, auch bei Goldfischen.