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Eigenwerbung – hier im Selbstversuch

Constantin Seibt am Freitag den 25. Mai 2012

Eigenwerbung ist eine wichtige Disziplin im Journalismus. Man muss sich und seine Ware verkaufen, Story für Story, intern wie extern. Da führt kein vornehmer Weg drum herum.

Die wichtigste Grundregel ergibt sich daraus fast logisch: Eigenwerbung sollte schnell erledigt werden, denn dann hat man Zeit für die eigentliche Arbeit. Ebenso logisch die Haltung dabei: Man sollte es schamlos tun. Denn schamlos heisst schmerzlos, also schnell.

Doch eigentlich wollte ich nicht über Eigenwerbung schreiben. (Darüber folgt in diesem Blog noch viel.) Ich wollte welche machen.

Und zwar für ein mir höchst nahe liegendes Buch: «Familienbande». Der Titel ist Programm. Denn die Autoren sind mein Bruder, mein Vater und ich.

Es ist das Resultat meines Erbes. Denn in unserer Familie werden drei Dinge vererbt: die etwas zu grosse Nase, der etwas zu federnde Gang und seltsamerweise das Kolumnenschreiben. Obwohl mein Vater es uns nie beibrachte. Wir erbten es einfach, weil wir ihm als Kind dabei zusahen. Und Kinder haben gierige Augen.

Zusammen schrieben wir rund 2000 Kolumnen. Und warfen rund 1963 wieder raus. Die besten 37 packten wir ins Buch. Plus ein Vorwort, in dem die Hälfte aller Familiengeheimnisse stehen.

Von mir sind 20 Literaturfälschungskolumnen drin: von Goethe über Brecht bis Oscar Wilde. Ich schrieb sie Ende der Neunzigerjahre für das «NZZ-Folio». Und dachte nicht mehr daran. Doch dann tauchten die Fälschungen plötzlich überall wieder auf: als echte Texte. Und das an erstaunlich renommierten Orten.  Goethes Aufzeichnungen über Marihuana etwa landeten in der Titelgeschichte des «Spiegel», Brechts Fussballtheorie im offiziellen WM-Programm der FIFA und Oscar Wildes Vortrag über Schweizer Tourismuswerbung wurde breit in der Vorlesung eines Zürcher Professors zitiert.

Seitdem lebe ich mit dem Fluch, dass meine wirklichen Erfolge nie unter meinem Namen erschienen sind.

Dass mein Mein Vater ausgerechnet das Kolumnenschreiben vererbte, ist etwas überraschend. Denn eigentlich verdient er sein Geld als Managementberater. (Und das erbten wir nicht.) Seine 10 Kolumnen sind den Kaufpreis mehr als wert: Er schrieb die brauchbarsten Tipps zur Karriere auf, (die seine Söhne nie machten, weil sie in der Zeitung und im Theater landeten). Hier finden Sie alles Wichtige zu Geld, Macht und Management – ohne Illusionen und Schnörkel.

Mein Bruder, Schauspieler und Theaterautor, liefert zum Schluss sieben knochentrockene Fussballstories, alle finster, alle wahr: vom ermordeten Verteidiger bis zur ukrainischen Todeself.

Den eigenen kleinen Bruder zu redigieren erweckte bei mir einen Zuckerhauch von Neid: Ich suchte ein Wort zum Kürzen, aber fand keins. Denn mein Bruder ist der einzige Autor, den ich kenne, der es liebt, zu streichen. Sein Stil ist mager und schnell wie eine Strassenkatze. (Dieser Blog wäre höchstens ein Viertel so lang, wenn er ihn schriebe.)

Nun also ist das Buch da. Ich freue mich und bin ziemlich nervös.

Denn nächsten Donnerstag, 31. Mai, findet die erste und einzige Lesung statt: um 20 Uhr im Kaufleuten Zürich. Der Moderator ist mein Ex-Boss: Peter Hartmeier. Sein Ehrgeiz ist, aus meinem Vater, meinem Bruder und mir noch die zweite Hälfte aller Familiengeheimnisse herauszuholen.

Wir werden sehen. Tickets gibt es hier. (Oder an der Abendkasse.)

Ich bin wirklich ziemlich nervös. Aber ich würde mich freuen, wenn Sie kommen.

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5 Kommentare zu “Eigenwerbung – hier im Selbstversuch”

  1. Lucrezia Borges sagt:

    Elegant! Überraschend! Grossartig! Respekt. Gekauft.

    Überaus ansprechendes Cover. Wer ist denn dieser nachdenkliche Breimarder? Ein echter Star.

  2. Alain de la France sagt:

    Gute (Eigen)werbung. (Weil auch das Produkt stimmt).
    Mir selbst, als eher techn. orientiertem Mensch, faellt das schwerer.
    Aelter geworden und wohl auch ruhiger; aber das hat ja die Natur fuer mich getan…

  3. Martha Meister sagt:

    Also das Cover des Buches gefällt mir sehr gut. Drei ratlose Männer, welch sich um ein selbstbewusstes Menschlein gruppieren. Toll, wenn man sich als Mann auch solchen Herausforderungen redlich stellt.:-)
    Und weil wir schon dabei sind, also der DEADLINE Schriftzug finde ich schlicht und einfach schrecklich, ANGSTEINFLOESSEND: Wenn man drauf klickt und ein ttritt, dann wird man erschossen. :-(((((((((((((((((((((((

  4. Jon Schenk sagt:

    Finde keine Kindle-Version. Absicht?

  5. r. kocher sagt:

    Bitte senden per Rechnung an R. Kocher, Dorfstr. 28, 7323 Wangs SG. Merci & Gruss!