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Die Strategie für die Zeitung von morgen, Teil 1: Das Modell HBO

Constantin Seibt am Montag den 18. Februar 2013

Wer ist der grösste Künstler des noch jungen 21. Jahrhunderts? Wenn Sie mich fragen, wäre meine Antwort: Passend zurzeit ist es kein Mensch, sondern ein Konzern: der amerikanische Bezahlsender HBO.

Dabei war Fernsehen ein Medium, das unter Experten als kreativ tot galt. Das Rückgrat der meisten Programme besteht seit Jahren unverändert aus Kopien von Kopien: dem endlosen Reigen von Talk-, Casting- und Realityshows. Vieles ist billig, einiges böse, im besten Fall glitzert es.

Doch HBO erfand das Geschäft neu. Es eroberte den Markt mit einem Produkt, von dem zuvor niemand nicht einmal geträumt hätte: mit Fernsehserien von ungeahnter Eleganz.

Dank HBO wurde die Fernsehserie die aufregendste Kunstform des 21. Jahrhunderts. Es ist ein Erlebnis, heute vor dem Fernseher zu sitzen. Man steht klarer und mit weiterem Herzen wieder auf – als grösserer Mensch, als der man sich setzte. HBO-Serien wie «The Sopranos» (Bild oben), «Six Feet Under», «In Treatment», «The Wire», «Hung», «Breaking Bad», «Newsroom» sind die modernen Enkel des Fortsetzungsromans des 19. Jahrhunderts. Sie sind so kompromisslos und kompromisslos unterhaltend wie die besten Romane von Balzac, Dickens und Tolstoi. Und wie diese sind sie gleichzeitig eine scharfe Zeitdiagnose und ein Bombengeschäft.

Nur, wie kam es dazu?

Die Idee des Ungewöhnlichen

Zwar gaben sich die Manager von HBO nach ihren Erfolgen gern als Dandys. «Wir suchen keine Hits», sagte etwa der HBO-Präsident Simon Sutton: «Wir bemühen uns nur um gute Geschichten.» Und plauderte dann von Kunst.

Doch das war 2009, als HBO schon Dutzende Hits gelandet und hunderte Millionen Dollar gemacht hatte. Doch Kunst ist fast nie das Ziel, nicht bei Konzernen, nicht einmal bei den Künstlern selbst. Kunst ist fast immer nur das Nebenprodukt einer anderen Idee.

Die Revolution des Fernsehens geschah aus Verzweiflung. Am Anfang stand der Zusammenbruch eines Geschäftsmodells. HBO hatte auf zwei Produkte gesetzt, um sein Publikum zum Bezahlen zu bringen: Sport und Hollywood-Premieren. Mitte der Neunzigerjahre brach letzteres weg: Die grossen Studios begannen, ihre Filme am TV selber zu vermarkten.

Die HBO-Bosse fragten sich, was tun. Und kamen darauf, dass man dem Publikum etwas «Ungewöhnliches» bieten müsse. Sie überlegten, was das sein könnte. Und taten etwas Kühnes. Sie investierten den Löwenanteil ihres Budgets – 400 Millionen Dollar – in Eigenproduktionen.

Und dann taten sie etwas noch Kühneres. Etwas, was Medienmanager erschreckend selten tun: Sie dachten ihr Konzept radikal durch. Für die Idee des «Ungewöhnlichen» hiess das: Sie sahen sich an, wie Fernsehserien bei der Konkurrenz gemacht wurden. Und taten auf allen Ebenen das Gegenteil.

  • Sie definierten das Publikum neu: Herkömmliche Serien versuchten, möglichst breit beliebt zu sein. Das hiess: Niemand vor den Kopf zu stossen. HBO erkannte, dass für einen Bezahlsender eine mittlere Zufriedenheit nicht reichte. Geld zahlten nur Überzeugte. Also setzte nicht auf Mehrheiten, sondern auf Begeisterung: auf kleine Gruppen, die so begeistert waren, dass sie zahlten. Und die bei Absetzung Protest organisierten. (Wodurch HBO und seine Nachfolger später die Kabelgesellschaften erpressen konnten.)
  • Sie foutierten sich um Tests: Statt wie die Konkurrenz Ideen zu Tode zu testen, setzte HBO auf etwas Uraltes: die Magie einer Geschichte. Wie alle echten Erzähler fragten sie nicht gross: Sie erzählten und sahen, was passierte. Der Hit, der HBO den Durchbruch brachte, die Vorstadt-Mafia-Serie «Sopranos», hätte nie das Licht der Welt erblickt, hätte man vor dem Start auf das Testpublikum gehört.
  • Sie setzten auf neues Führungspersonal – Autoren: HBO gab denen, die etwas von guten Geschichten verstehen, in der Filmindustrie nie gekannte Freiheiten: den Autoren. Zuvor standen diese in der Hierarchie nur im Status der Zulieferer. Die Entwicklung eines Drehbuchs glich einem Nacktbad in einem Haifischbecken. Alle hatten mitzureden: Regisseure, Produzenten, Marketingprofis. Bei HBO kam das Produkt aus einer Hand, in einem Guss.
  • Sie erschlossen einen neuen Kontinent: die Nachtseite der USA. Die Produkte der Konkurrenz waren vom eigentlichen Kunden geprägt: der Werbung. Diese lebt in einer Welt, in der ewiger Tag herrscht. Im werbefreien HBO setzte man auf das radikale Gegenteil: auf Sex, Melancholie, Flüche, Verirrung und Scheitern. Nicht nur im Inhalt, auch in der Ästhetik. Bei der ersten Version der Bestatterserie «Six Feet Under» kritisierte der damalige HBO-Boss Chris Albrecht: «Das fühlt sich zu sauber an. Wir wollen es düsterer und makaberer haben.» Das Resultat war, wie immer, wenn  eine neue Ästhetik probiert wird, für das Publikum ein überwältigendes Gefühl von Realismus. Die USA entdeckte sich neu.
  • Sie bezahlten in einer neuen Währung – Freiheit: Zu Anfang arbeitete HBO mit höchst moderaten Löhnen und ohne Stars. Denn für wirklich gute Köpfe gibt es immer zwei Währungen, für die sie arbeiten: Geld und Freiheit. HBO zahlte einen Teil der Gage in Freiheit. (Kam der Erfolg, floss dann richtig Kohle nach.)
  • Sie vertrauten dem Publikum als Publikum: Herkömmliche Serien vertrauen ihrem Publikum höchstens halb: Die Charaktere bleiben ewig gleich. So kann ein Zuschauer über Wochen fern bleiben. Und ist dann beim Hineinzappen sofort wieder zu Hause sein. HBO hingegen sagte sich, dass eine wirklich starke Geschichte genügend Sog entwickeln müsste, den Zuschauer von Folge zu Folge zu fesseln. Und riskierte etwas Neues: Hauptfiguren, die sich verändern, teils sogar sterben. Das – nicht etwa Sex, Fluchen oder Finsternis – war der wahre Tabubruch und der wichtigste Schritt in die Freiheit.
  • Sie züchteten nicht Würmer, sondern Angler. Das revolutionäre Motto beim Start des Privatfernsehens war der Satz des RTL-Chefs Helmut Thoma: «Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.» Es war der Start des Trash-TVs. HBO tat nun das Gegenteil: Es setzte radikal auf den Geschmack der Angler. Es finanzierte das Beste, was seine Macher hinkriegen konnten. Ein Akt souveränen Vertrauens. Und einer, der HBO zum Marktführer machte.

Das Ex-Produkt der Massenmedien: Rituale

Warum diese Aufzählung? Weil das HBO-Management der Pionier für die gesamte Medienbranche ist. Es begriff am klarsten die neuen Gesetze im Aufmerksamkeitsmarkt nach der Jahrtausendwende. Im Business der Zukunft geht es zunehmend nicht mehr um Nicht-Enttäuschung, sondern um die Erzeugung von Begeisterung.

Das ist ein völlig neues Produkt. Denn zuvor verkauften die grossen Medien nur vordergründig News oder Unterhaltung. In Wahrheit verkauften sie Gewohnheiten: den Morgen mit Zeitung und Zigarette, den Abend mit Tagesschau und Tatort.

Diese Gewohnheiten waren ein fast unzerstörbares Geschäftsmodell. Der einzige Fehler, den ein Medium wie Zeitung oder TV früher machen konnte, war seine Kunden mit Gewalt zu vertreiben. Das primäre Produktionsziel war also die Nicht-Enttäuschung: eine Art gehobene Routine.

Doch das ist Geschichte. Der Schock des Internets geht für traditionelle Medien weit über den Einbruch an Werbeeinnahmen hinaus. Er trifft den Kern des Produkts. Nachrichten und Unterhaltung lösten sich von den Trägermedien und festen Zeiten. Damit bricht ein Jahrhundertgeschäft zusammen: der Verkauf von Ritualen.

Sowohl klassisches TV wie klassische Zeitungen waren primär Gratismedien: TV war durch Gebühren und Werbung, die Zeitung zu mehr als 80 Prozent durch Werbung finanziert. Deshalb sind auch die wichtigsten Routinen dieser Medien darauf getrimmt, möglichst viel Quote und möglichst wenig Ärger zu machen.

Doch jetzt wandelt sich die Kundschaft radikal: Sie wurde durch das Internet wählerischer, flexibler, untreuer, unzufriedener und ist zunehmend atomisiert.

Begeisterung, nicht Nicht-Enttäuschung

Kein Wunder, erleben Zeitungen bittere Jahre. Denn alles, was Jahrzehnte als gute Arbeit galt, wird nicht mehr honoriert. Die Werbung springt ab, die Leser zahlen nicht, Prestige und Macht bröckeln, die eigene Verlagsetage wird zur Mördergrube: Jahr für Jahr plant sie neue Entlassungen.

Das hängt damit zusammen, dass das Produkt nicht mehr stimmt. Die Verwaltung von Nachrichten, die tägliche Lieferung einer Portion Wissen und Unterhaltung konkurriert heute nicht nur mit dem Informationsangebot des Netzes, sondern mit dem gesamten Unterhaltungsangebot: mit Games, Filmen, Facebook & Co.

Das Publikum ist immer weniger bereit, für traditionelle Arbeit zu zahlen: dafür, dass es nicht enttäuscht wird. Es muss zuverlässig immer neu erobert werden, um das Abonnement zu halten oder um über den Paywall zu springen. Es darf nicht passiv zufrieden, es muss aktiv begeistert sein.

Nur, wie kriegt man das hin? Dazu mehr, Mittwoch diese Woche, hier in diesem Theater.

 

 

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37 Kommentare zu “Die Strategie für die Zeitung von morgen, Teil 1: Das Modell HBO”

  1. jawe sagt:

    Schöner Artikel

    Breaking Bad ist allerdings von AMC und nicht HBO

    • Constantin Seibt sagt:

      Schande! – Und wenn man die Kommentare weiter unten liest – fünffache und sechsfache Schande! Ich neige meine Ohren in Demut.

  2. Marc sagt:

    “Breaking Bad” ist von AMC, nicht HBO.

  3. August3000 sagt:

    Guter Artikel. Ich persönlich liebe die Serien von HBO. Diese sind das einzige an Serien, die man guten Gewissens schauen kann. In dem Artikel steckt allerdins ein Fehler. Breaking Bad ist keine HBO-Serie, sondern wird von einer Tochter von Sony produziert. Ist aber auch eine geniale Serie.

  4. Kurt Imhof sagt:

    Interessant! Jedoch: Nicht nur Begeisterung. In der Kultur der Konsumenten-Liebdienerei unterschätzen wir die Faszination des guten Ärgers. Schlechter Ärger stellt sich dann ein, wenn der Inhalt die Zeit seines Konsums nicht wert war, abrasseln der gängigen Clichées, oft noch verstärkt durch den Titel-Text-Gap. Gute Medien ärgern, sie setzen einen Stachel in die Seele, weil in ihnen die Welt in einer Weise aufgeht, die nicht passt und die unvertraut ist. Dieser gute Ärger hinterlässt die stichelnde Ahnung, dass die Argumente fehlen, um die Welt danach wieder in dieselbe Tasche zu stecken.

    • Constantin Seibt sagt:

      D’accord, Kurt. Den Lesern gehört von Zeit zu Zeit eine vor den Latz geknallt. Schliesslich spielt die Wirklichkeit den Journalisten auch üble Streiche. Keine Gnade für niemand, das ist das Leben!

  5. Philipp sagt:

    Breaking Bad ist übrigens keine HBO Serie, sondern von AMC. Einem Network, das mit Mad Men und eben Breaking Bad zwei der erfolgreichsten und beliebtesten Serien aller Zeiten im Angebot hat. Auch dort scheint man die Zeichen der Zeit erkant zu haben.

  6. Sebastian sagt:

    Schöne Zusammenfassung der aktuellen TV-Situation. Zwei kleinere Fehler sund mir noch aufgefallen, “Breaking Bad” läuft nicht bei HBO, sondern bei AMC. Und der offizielle Titel ist “The Newsroom” und nicht nur “Newsroom”.

  7. Johannes sagt:

    Breaking Bad läuft auf AMC.

  8. paule sagt:

    Da es ja noch niemand gesagt hat: Breaking Bad ist von AMC, nicht von HBO. goooosh… 😉

    Großartiger Artikel, “der Verkauf von Ritualen” ist ein interessanter Gedanke, der mir neu ist. Danke dafür!

  9. SpinatVogel sagt:

    “über den Paywall zu springen”?
    ich würde entweder die deutsche Entsprechung nutzen (Bezahlschranke) oder dem Anglizismus wenigstens den richtigen Artikel zu spendieren. Die Paywall, von “die Mauer”.

    • Constantin Seibt sagt:

      Ich dachte eher an “der Wall”. Der (oder die) Paywall ist ja keine hohe Mauer.

      • Alexander Roski sagt:

        Ich würde sagen, die Paywall ist eine verdammt hohe Mauer.
        Damit ich bereit bin, für Inhalte zu zahlen, muss aber wirklich was geliefert werden.

  10. SpinatVogel sagt:

    Das “zu” gehört natürlich gestrichen.

  11. HBO profitiert aber auch von einem Finanzierungsprinzip, das bei uns fast durchweg genau anders herum läuft: In den USA zahlen die Kabelnetzbetreiber Einspeiseentgelte an die Programmanbieter. Je interessanter ein Programm für die Kabelkunden und damit auch umsatz-/imagefördernder für die KNBs ist, desto eher und mehr fließt das Geld.

  12. Ronnie Grob sagt:

    Ich schreib es auch mal hin, vielleicht wird es ja korrigiert: “Breaking Bad” läuft auf AMC, nicht auf HBO.

  13. Seltsam: Später gepostete Kommentare werden freigeschaltet, meiner von 14.22 Uhr hängt immer noch in der Moderation.

    • Constantin Seibt sagt:

      Wir mussten erst den Security-Check einschalten. Ihr Nachname klingt so bedrohlich. (Achtung Scherz, in Wahrheit ist es der Zufall, der hier entscheidet.)

  14. teekay sagt:

    Am Ende hinkt der Vergleich, weil die (gedruckte) (Tages)Zeitung eben nur noch eine ganz bestimmt Ziel- und Altersgruppe anspricht-eben nicht junge, medien-affine Leute an der Schnittstellle von Fernsehen, Internet, DVD-Kauf oder Computerspielen. Kurzum, der Zeitung gehen die jungen Leute verloren. Man kann ja auch nicht das deutschsprachige Fernsehprogramm auf HBO umstellen, weil eben Zuschauer ueber 50 kaum Wire, Breaking Bad usw. gut finden. Es wird immer Liebhaber einer gedruckten Zeitung geben-aber in 5 Jahren bekommen die ihre 3Euro Zeitung dann eben per Post…

  15. Gian Snozi sagt:

    Soweit so gut. Was wäre aber die Entsprechung im Zeitungsuniversum?
    1. Erkennen, dass die heute aus einer großen Menge an zur Verfügung gestellten Angeboten selektiv entscheiden können.
    2. Erkennen, dass sich der Leser für das beste Produkt entscheiden wird, das auf dem Markt erhältlich ist.
    3. Spezialisierung. Eine herkömmliche Tageszeitung widerspricht diesem Konzept völlig: sie ist kaum mehr als ein Haufen Papier, der den durchschnittlichen (und vielleicht sogar ambitionierten) Leser zu 90% nicht interessiert. Am Ende muss sie gar noch gebündelt und an den Straßenrand geschleppt werden.

    • Gian Snozi sagt:

      Aber womöglich steht ein Teil der Lösung bereits parat: E-Reader und die kostenpflichtige Bereitstellung von einzeln auswählbaren Artikeln oder Ressorts.
      Der Haken ist: Die Qualität muss stimmen. Als Zeitungsleser bezahle ich nur für einen Artikel, wenn ich sicher sein kann, dass mich gute Qualität erwartet. Genau deswegen wird nämlich HBO abonniert. Weil man garantiert das beste Produkt auf dem Markt der TV-Serien erhält.

  16. Neru Kaneah sagt:

    Der letzte Satz. Respekt. Allerdings ist diese Kabel-Sender-Erpressungs-Nummer und die Freiheit der US-Autoren imho nur ein winziger Teil der Geschichte, der jetzt erklären soll, warum im Lande Schillers diese eingeschlafene-Füße Tatorte und der Tatortreiniger für danach das höchste der Gefühle sind. Die Creme de la Krematorium, wenn man mich fragt. Das Problem viel tiefer. Zeigen Sie mir einen deutschen Autoren, einen Lyriker, Dramaturgen, was auch immer, der die Menschen erreicht, weil er etwas zu erzählen hat. Da ist nichts. Diese Land ist geistig tot, verkopft, verquast, feuilletonniert..

    • Gian Snozzi sagt:

      Wie wäre es mit Herrndorf, Kehlmann, Berg, Schrott, Suter, Schlink, etc. Ich selbst bist kein Anhänger aller dieser Autoren, einige habe ich nicht einmal gelesen. Aber sie haben Erfolg. Ich glaube eher nicht, dass das Problem die fehlende Qualität der Autoren ist.

  17. Neru Kaneah sagt:

    … auf der einen Seite und verkängeruhhodend, verjaucht und verbildet auf der anderen Seite. Dazwischen geht nichts, denn selbst wenn man eine solche Serie schreiben würde, ein fertiges, fantastisches Drehbuch hätte, dann würden diese Holzschnittdialogtheaterschauspieler, die das System hervorbringt, sich nie auf das Drahtseil wagen, die Gosse an sich heranzulassen. Diese Gesellschaft, die sich den Schrecken und den Tod, den Schmutz, den Schmerz und die Wut nicht mehr anders vorstellen kann als im ironisierten postmodernen Kasperletheater, hat einfach nichts anderes verdient. 活该了!

    • Gian Snozzi sagt:

      These:
      Die USA haben über 300 Millionen Einwohner. Weltweit sprechen 200 -1000 Mio Menschen Englisch. Daher findet selbst eine Nischenserie wie The Wire ein großes Publikum – viel Geld kann profitabel investiert werden.
      Weit weniger Menschen sprechen Deutsch. Der Einfluss der deutschen Kultur außerhalb Mitteleuropas ist zudem gering. Leute, die sich von einem deutschen Nischenprodukt angesprochen fühlen würden, gibt es dementsprechend viel weniger. Eine kritische Masse (Profit) kann nicht erreicht werden.

      • Märten Hollaender sagt:

        Der Gedanke ist im ersten Anlauf richtig. (Eine Äußerung, die man von Fernsehverantwortlichen immer wieder – als Ausrede! – hört.) Jedoch ist in der Zweitverwertung auch mit einer synchronisierten Fassung noch jede Menge Geld zu verdienen. Und wenn ich den Text richtig verstanden habe, geht es ja nicht um ein Nischenprodukt, weil eine gut erzählte Geschichte ihr Publikum findet. Wenn, ja wenn sie wirklich gut erzählt ist.

        • Gian Snozzi sagt:

          Richtig, eine gut erzählte Geschichte findet ihr Publikum. Aber nicht jede gut erzählte Geschichte das gleiche Publikum (Größe und Zusammensetzung). In meiner subjektiven Ansicht wäre eine Serie wie “The Wire” ein “Nischenprodukt”. Genauso wie der Film „Das weiße Band“ ein „Nischenprodukt“ ist, im Gegensatz zu “Herr der Ringe” – aber beides sind sehr gut erzählte Geschichten. .

      • Urban Zuercher sagt:

        Der Erfolg der Dänen mit Forbrydelsen, Borgen, Broen (the bridge) widerspricht ihrer These. Im Gegenteil: Forbrydelsen wurde auf BBC sogar in dänisch mit englischen Untertiteln ausgestrahlt. Es ist schlicht und einfach Qualitätsfernsehen.

        • Neru Kaneah sagt:

          Warum sind wir Deutschen im Fußball so gut, trotz erheblicher Schwächen am Ball? Ich weiß es nicht. Ich vermute allerdings, dass wir gesamtgesellschaftlich die richtigen Strukturen haben (Jugendförderung, Teambewusstsein, Disziplin, Professionalität) so etwas wie guten Fußball hervorzubringen. Der Abstand zu den USA ist so gewaltig in Bezug auf die Qualität von Fernsehproduktionen, dass ich mir ziemlich sicher bin, dass das Problem viel tiefer liegt. Viele Länder spielen einen grottenschlechten Fußball, wir machen grottenschlechtes Fernsehen.

  18. Philipp Rittermann sagt:

    ich finde die beiden grossen aktuellen serienproduktionen “game of thrones” und “boardwalk empire” extrem gut. sie überzeugen durch brillante schauspieler, aufwändige und der jeweiligen epoche entsprechende aufmachungen und starke dialoge. absolut sehenswert. und wenn man die serien nicht auf dem privat-kanal schauen oder aufnehmen möchte bestellt man sich ganz einfach die dvd-staffeln. hbo macht etwas richtig und ist der tv-turbo innerhalb des time-warner konzernes.

  19. Urban Zuercher sagt:

    Gibt es eigentlich Untersuchungen zu folgendem, wahrscheinlich schon uralten, Gedankengang bzw. folgenden Behauptungen:
    1) Der werbe-affinere Zuschauer ist dümmer als derjenige, der nicht so auf Werbung anspricht
    2) In unseren Breitengraden wird TV bzw. alle Medien vorallem durch Werbung finanziert
    D.h: Fernsehen wird extra für dumme Leute produziert, da dies von den Finanzierern der Programme gewünscht wird, weil sie die Zielgruppe der Werbung darstellen
    Mit Pay-TV kann jetzt wieder für die eigentliche Zielgruppe (mündiger TV-Konsument) gemacht werden, und nicht für die Werbeindustrie.

  20. Marcel Zufferey sagt:

    Wieviele Teile dieser Serie sind geplant? Irgendwie klingen einige, treffend und gut einstudierte Sätze wie zum Beispiel dieser hier:

    “Nachrichten und Unterhaltung lösten sich von den Trägermedien und festen Zeiten.”,

    durchaus überzeugend. Nur fehlt mir der Bezug zur Tageszeitung. HBO und NZZ oder Tages Anzeiger, das bringe ich einfach nicht auf die Reihe. Infotainment? Davon hat schon die (vor mehr als 20 Jahren Konkurs gegangene) Werbeagentur Marsden Marthaler us Züri gesprochen- Ende der Achziger, notabene..

  21. Sehr schöner Artikel, gute Substanz. Wer die Regeln bricht und den Nutzern einen entscheidenden neuen Mehrwert bringt, der gewinnt. Der Vergleich aber funktioniert nur bedingt. Wenn die Zeitungsmarke HBO entspricht, was entspricht dann der Serie? Die Serie wird zur eigenen Marke, die sich innerhalb der Zeitung so nicht wiederfindet. Wer 1-2 Folgen gesehen, der ahnt bereits was ihn den kommenden Folgen erwartet. Er kann sich dann auf die Qualität und den Nutzen daraus verlassen. Bei der Zeitung bestimmt das Tagesgeschehen die Inhalte. Eine Marke unterhalb der Dachmarke lässt sich kaum bilden.

    • Erich Bonnert sagt:

      Haarscharf, TL. Das HBO-Modell hat er gut (brillant!) analysiert, aber auf andere Medien übertragen, vor allem Nachrichtenmedien? Bei den Sopranos ist die Story eben von Autoren geschrieben, nicht vom Leben. Klar die Ästhetik macht einen großen Teil des Reizes aus, das ist von CS gut gesehen. Und die eigene Ästhetik müsste (muss!) eine Zeitung mit Anspruch auch hinkriegen – und damit eben die Begeisterten finden. Autorenzeitungen? Cicero vielleicht? Wird die NYT wegen der Kolumnen gekauft?
      Aber es stimmt schon: eine Serie, die die Marke trägt – das sehen wir im Print nicht. Oder?

      • Yves Monnier sagt:

        Die Konsequenz für Printmedien ist nicht schwierig abzuleiten. Zeitungen müssen mehr auf den neuen Markt/Onlineinhalte abstellen (geschieht auch). Inhalte müssen dabei breiter gestreut werden und qualitativ zulegen (Atomisierung und Begeisterung). Hier geschah bisher genau das Gegenteil durch strukturelle Rationalisierung/Vereinheitlichung (Tamedia). Blogs, FB-Groups und Online-Medien (journal21 bspw. mit super Autoren) füllen die Lücke, haben aber (noch) nicht die Qualität um Geld zu generieren. Mit stratfor gibt es ein bsp für erfolgreiche vermarktung von news und analysen, leider tendenziös

  22. Clauda Lenzi sagt:

    Und wer schaut GIRLS? Auch von HBO und absolut genial!!! 4 Mädchen in ihren 20ern in New York. Sie sprechen die Sachen aus die einem schon peinlich sind wenn man sie nur denkt!!!

  23. Eraker sagt:

    Toller Artikel. “The Sopranos” ist – wem die Thematik entspricht – wirklich eine grandiose Serie. Ebenso hat “Breaking Bad” meinen Kumpels ebensogut gefallen (habe ich selber bisher aber nicht gesehen). Hingegen schalte ich den TV erst wieder ein, seit ich die extrem nervige und lange Werbung spulen kann… Auch die Billag-Gebür ist eine totale Frechheit – weshalb soll ich für etwas zahlen, was ich nicht will? Schafft den Müll ab oder werdet zeitgemäss! Wo wir schon beim Thema sind…