
«Ich verdiene weniger als früher, aber ich bin eindeutig glücklicher»: Karin Frank, Kunstmalerin, Kursleiterin und Coach.
Kann man mit seiner Leidenschaft den Lebensunterhalt verdienen? Die frühere TV-Moderatorin und PR-Fachfrau Karin Frank hat es im Alter von 37 Jahren gewagt, ganz auf die Malerei zu setzen. Zehn Jahre später lautet ihre Zwischenbilanz: «Die guten Dinge kommen zu einem, wenn man mutig seinen Weg geht.»
Interview: Mathias Morgenthaler
Frau Frank, Sie waren als TV-Moderatorin bekannt und in der PR-Branche tätig, als Sie sich vor zehn Jahren entschieden, ganz auf die Malerei zu setzen. Hatten Sie keine Bedenken, dass man Ihnen das Zeug zur Künstlerin absprechen könnte?
KARIN FRANK: Malen ist meine grosse Leidenschaft. Ich male nicht, um zu gefallen, sondern um mir näherzukommen. Ich habe eine sehr impulsive Seite und bin in allen wichtigen Entscheidungen meines Lebens der Intuition gefolgt. Das heisst: Die Vernunft hinkt in solchen Momenten immer hinterher, und mit ihr auch die Frage, was andere von meinem Schritt halten könnten. Das Malen war schon früh ein wichtiger Teil meines Lebens: Den ersten Liebeskummer, einen heftigen Streit mit einer Freundin, pubertäre Tiefs – all dies habe ich malend verarbeitet. Dabei war es egal, ob das Resultat anderen gefällt, wichtig war, dass es aus meiner Tiefe kam und dass es mir danach besser ging.
Ändert sich dieser Anspruch, wenn man als Künstlerin den Lebensunterhalt verdienen will?
Ich habe mich bis heute nie selbst als Künstlerin bezeichnet, sondern als Kunstmalerin. Aber ja, heute ist es mir schon wichtig, dass eine Resonanz entsteht, dass meine Bilder den Betrachter berühren. Sie dürfen irritieren, aber sie sollen nicht gleichgültig lassen. Einmal sagte ein Ausstellungsbesucher ganz direkt zu mir: «Karin, dein Schaffen hat eine unglaubliche Intensität, aber ich könnte niemals mit einem deiner Bild leben.» Daraus entwickelte sich eine spannende Diskussion über Energie und Leidenschaft. Ich bin heute recht schmerzfrei, was Beifall oder Kritik betrifft. 1997, zur Zeit meiner ersten Einzelausstellung, war das anders. Da sah ich meine Bilder an diesen fremden Wänden und merkte: Ich bin noch nicht so weit, meine Bilder sind noch zu privat, sie haben zu wenig Tiefe.
Was war 2008 anders, als Sie ganz auf die Malerei setzten?
Ich hatte elf Jahre lang viel gelernt über das Leben, über mich und das Menschsein und spürte anlässlich der zwei erfolgreichen Ausstellungen 2007 und 2008, dass die Zeit reif war. Die ersten fünf Jahre malte ich in einem 14-Quadratmeter-Raum zu Hause, um mich an den Rhythmus meiner Tochter anpassen zu können. Es war wunderbar, in diesem engen Raum weit zu denken und gross zu malen, und ich freute mich, dass ich immer wieder neue Aufträge für Bilder erhielt. Dann fand ich ein Atelier in Thun, 70 Quadratmeter in einem älteren Gebäude, ein Traum – bis der Besitzer im letzten Moment Eigenbedarf anmeldete und ich mit meinen Bildern und dem gekauften Parkett auf der Strasse stand. Als ich den Parkettboden im Laden zurückbringen wollte, begegnete ich dem Chef einer grossen Firma und erzählte ihm von meinem Pech. Er antwortete, bei ihnen würden Räume frei im Dachgeschoss, 140 Quadratmeter mit grossem Balkon und Sicht auf die Dächer Berns. Nun bin ich seit fünf Jahren hier und kann mein Glück noch immer kaum fassen. Es ist wirklich so: Die guten Dinge kommen zu einem, wenn man mutig seinen Weg geht.
Woran denken Sie noch?
Anfang dieses Jahres begann ich mit meiner Serie «Roots», einer malerischen Auseinandersetzung mit meinen musikalischen Wurzeln. Und im April meldete sich die Sängerin Sina bei mir, weil sie mit mir zusammenarbeiten wollte für die Gestaltung ihres neuen CD-Booklets. Gemalt hat Sina selbst, ich habe sie als Kreativ-Coach dabei unterstützt.
Das Coaching ist für Sie zu einem wichtigen zweiten Standbein geworden neben der Malerei.
Ich bin überzeugt von der Kraft der Visualisierung. Sie hilft, klarer zu sehen, Veränderungswünsche zu verinnerlichen und diese gezielter umzusetzen. Im Einzel-Coaching geht es darum, neue persönliche Perspektiven sichtbar zu machen. Wir machen hier keine Kunst, es geht um den ganz persönlichen Ausdruck, um das Erleben der eigenen Ressourcen, Gefühle und Ziele. Nebst dem Coaching und den Malkursen biete ich auch Teamworkshops an. Es ist schön, zu sehen, wenn gestandene Manager nach einiger Zeit wie kleine Buben vor der Leinwand stehen und ihre kindliche Kreativität neu entdecken, die in ihrem auf Rationalität getrimmten Alltag so wenig Platz hat.
Geht die Rechnung für Sie auch finanziell auf?
Die Bilderverkäufe laufen seit längerem sehr gut, und durch die Kurse sind die Einnahmen noch etwas stabiler und besser berechenbar geworden – das reicht längstens aus, um meine Lebenskosten zu decken. Insgesamt arbeite ich heute mehr und verdiene weniger als vor 15 Jahren, aber ich bin eindeutig glücklicher, denn ich lerne täglich dazu, beschäftige mich mit den essenziellen Dingen des Lebens, und kein Mensch redet mir drein. Manchmal denke ich: Mit diesem chaotischen Lebenslauf würde meine Bewerbung bei den meisten HR-Menschen auf der «Leider nein»-Beige landen. Ich habe tatsächlich vieles gemacht, war Hotelréceptionistin, Reiseleiterin, Personalberaterin, Regional-TV-Moderatorin und Sportredaktorin beim Schweizer Fernsehen, danach PR-Fachfrau und Mutter. Bei all diesen Stationen waren zwei Utensilien mit dabei: ein Zeichenheft und ein Kalkstift. Und überall war es mir wichtig, einen intensiven Austausch mit Menschen zu pflegen, aber auch viel Zeit für mich allein zu haben.
War die Mischung noch nie so gut wie in Ihrem heutigen Beruf?
Ich habe tatsächlich das Gefühl, nach den teilweise wilden Lehr- und Wanderjahren angekommen zu sein. Hier habe ich Raum und Ruhe für meine Malerei und kann gleichzeitig meine extravertierte Seite leben, wenn ich Kurse gebe oder coache. Die Resonanz ist inzwischen so gut, dass ich Malschule und Coaching ausbauen, Personal anstellen könnte, aber das hätte zur Folge, dass ich mehr Zeit für Administration und Führung aufwenden müsste und die Malerei zu kurz käme. Nein, ich möchte nicht wirtschaftlich wachsen, sondern seelisch. Als ich sieben Jahre alt war, schenkte mir meine Grossmutter einen Schrank mit der Inschrift: «Sei, wer du bist – Werde, was du kannst.» Diese Aufforderung hat mich über all die Jahre begleitet, und ich möchte sie auch meiner Tochter mitgeben auf ihren Weg. Es lohnt sich, dorthin zu gehen, wo man selbst bewegt ist und etwas bewegen kann.
Kontakt und Information: www.artraum.ch oder karin.frank@artraum.ch
Dass Karin Frank sich als ehemalige TV Moderatorin und PR Fachfrau gut verkaufen kann ist ja jedem klar. Was für “Kunst” sie macht, und deren Qualität, kann man leider, weil keine Beispiele präsentiert, kaum beurteilen. Und da viele Leute Bilder kaufen welche unbedingt passend zum Sofa sein müssen, kann sie sehr wohl erfolgreich sein. Was das mit Kunst zu tun hat steht auf einem anderem Blatt.
super, frau karin frank! wo kann man ihre bilder sehen? nichts ist besser, als sein eigener chef zu sein. ich denke, sie waeren auch in der wirtschaft gut, zb bei einem start-up. toll!
Toll, wenn man so seinen Traum leben kann. Leider ist es nicht allen vergönnt, trotz solidem Handwerk und viel künstlerischem Talent die entsprechenden Förderer zu finden, mit den richtigen Kontakten kann eben alles gelingen. Ich stimme ihr zu, dass ich diese Bilder eher als persönliche Lebensbewältigungsstrategie oder Ausleben von Farbfantasien betrachte, persönlich sehe ich in meinem Umfeld viele solche Bilder und jeder zweite Hobbymaler kann solche herstellen. Kunst ist für mich etwas anderes…