Der frühere Basketball-Profi Yves Schneuwly legt als Schweizer Geschäftsführer des Business-Netzwerks Xing ein forsches Tempo vor. Die Zahl der Angestellten hat sich in den letzten zwei Jahren verdreifacht, die Angebote für Personaldienstleister bringen erstmals mehr Geld ein als die Einzelmitgliedschaften und ein neues Angebot für die Elite soll weiteres Wachstum bringen.
Interview: Mathias Morgenthaler
Herr Schneuwly, das soziale Netzwerk Facebook ist in der Krise: Der Aktienkurs taucht, die Mitgliederzahlen gehen in Europa zurück. Kämpft Xing mit ähnlichen Problemen?
YVES SCHNEUWLY: Nein, überhaupt nicht. 2017 war für Xing das beste Jahr seit der Gründung 2003. Wir haben im deutschsprachigen Raum rund 14,7 Millionen registrierte Benutzer, täglich kommen rund 6000 dazu. In der Schweiz konnten wir im Februar die Millionen-Grenze knacken. Das ist gemessen an den 3,5 Millionen Erwerbstätigen in der Deutschschweiz ein sehr hoher Wert. Unter den Fach- und Führungskräften ist die Akzeptanz enorm. In diesem Segment kann man es sich heute eigentlich nicht mehr leisten, kein Xing-Profil zu haben.
Robert Beer, einer Ihrer Vorgänger, sagte in einem Interview: «Wer nicht in den sozialen Medien kommuniziert, existiert heute nicht.» Das ist doch Unsinn.
Ich würde es nicht so absolut formulieren, bin aber auch der Meinung: Wer auf dem heutigen Arbeitsmarkt mitspielen will, muss gesehen und gefunden werden. Da ist es unerlässlich, eine gute Visitenkarte im Netz zu haben.
Das war vor einigen Jahren Ihr Versprechen: Früher musste man sich als Arbeitnehmer bewerben, nun reicht es, sein Profil zu pflegen, und man wird gefunden. Konnten Sie das einlösen?
Das hängt stark davon ab, wie gesucht Ihr Profil ist, in welcher Branche Sie tätig sind. Bei gesuchten Fachkräften läuft das wirklich so. Ein Software-Entwickler, der hier in Zürich für uns tätig war, erhielt täglich vier bis fünf Anfragen von Headhuntern und Personalvermittlern über diverse Kanäle. Es ist uns gelungen, ihn eine ganze Weile zu halten, nun ist er für den Schweizer Sportschuh-Hersteller ON tätig. Gute, gefragte Leute kann man nicht ans Unternehmen binden, man kann sie nur mit interessanter Arbeit halten für eine bestimmte Zeit. Die Mehrheit der Mitglieder wird nicht derart umworben und tut gut daran, sich in Fachforen einzubringen oder auf andere Art sichtbar zu werden. Wir dürfen nicht vergessen: Zwei von fünf Angestellten sind offen für Anfragen, also latent auf Jobsuche. Auch für sie ist es wichtig, bei Kollegen und Personalfachleuten auf dem Radar sichtbar zu sein.
Verdient Xing mehr Geld mit den Jahresbeiträgen von zahlenden Nutzern oder mit Firmenkunden, welche die Technologie für die Personalsuche einsetzen?
Im ersten Halbjahr 2018 haben wir zum ersten Mal mehr Umsatz gemacht mit den Firmenkunden als mit den Einzelnutzern. Die Personalsuche hat sich stark verändert. Viele Unternehmen schreiben keine einzelnen Stellen mehr aus, weil das teuer ist und einen grossen Aufwand nach sich zieht. Sie schalten die Stellen höchstens noch auf ihrer Karriereseite auf und investieren Zeit und Geld in die aktive Suche nach den besten Kandidaten. Wichtig geworden ist zum Beispiel die Suche im persönlichen Netzwerk der bestehenden Mitarbeiter. Wenn Sie heute einen Schlüsselmitarbeiter fragen, ob er jemanden kenne, der für die Stelle in Frage kommt, hat er vielleicht 5 Prozent der guten Kandidaten aktiv im Kopf. Ein Grundanliegen von Xing war schon immer, das persönliche Netzwerk besser sichtbar zu machen. Durch den Kauf und die Integration des Schweizer Startup-Produkts Eqipia kommt diese Stärke nun auch bei Mitarbeiterempfehlungen zum Tragen. Und natürlich stellen wir Personaldienstleistern ausgeklügelte Suchwerkzeuge zur Verfügung – so konnten wir im Schweizer E-Recruiting-Geschäft im zweiten Quartal um 55 Prozent zulegen gegenüber der Vorjahresperiode.
Man hat den Eindruck, vor lauter Wachstumseifer greife Xing auf allen Fronten an und verwässere damit seine Identität. Letzte Woche organisierten Sie an einem Tag einen Workshop zu agilem Arbeiten mit dem Titel «Chefsessel für alle», am Tag darauf einen elitären Anlass für Top-Manager, die sich die Mitgliedschaft im neuen Xing-Executives-Circle 4000 Franken im Jahr kosten lassen.
Wir wollen den Wandel der Arbeitswelt nicht nur beobachten oder abbilden, sondern mitgestalten. Letztes Jahr führten wir die erste grosse Tagung zu «New Work» in Berlin durch, dieses Jahr die Fortsetzung in der Elbharmonie Hamburg, dazu zahlreiche lokale Ableger. Durch die Digitalisierung ändern sich die Formen der Zusammenarbeit rasant und grundlegend, da gibt es viel Austausch- und Dialogbedarf. Neu bieten wir auch ein Format für das oberste Segment der Führungskräfte an, die einen Austausch unter ihresgleichen schätzen und dabei auf Diskretion zählen. Es gibt geschlossene Xing-Gruppen und fünf persönliche Treffen pro Jahr, an denen wichtige Themen über Branchengrenzen hinweg diskutiert werden. Der Start letzte Woche im Hotel Dolder ist geglückt. In Deutschland hat sich das Format bewährt, da gibt es bereits zahlreiche regionale Gruppen. Vielleicht wird unser Angebot den einen oder anderen traditionellen Serviceclub ablösen, der den Schritt in die digitale Welt nicht geschafft hat.
Wie viele Kontakte haben Sie auf Xing und wie stark selektionieren Sie selber?
Es dürften gut 800 Kontakte sein. Ich lehne täglich Anfragen ab und verknüpfe mich nur mit Leuten, die ich offline zumindest einmal gesehen habe. Wichtiger als die Anzahl Kontakte ist, wie belastbar sie sind. Kann mir jeder Kontakt einfach die Tür zu seinen Kontakten öffnen? Finde ich rasch Zugang zu einem Unternehmen oder einer Branche? Darauf kommt es an. Xing hat zwar inzwischen 1300 Angestellte und eine Börsenkapitalisierung von 1,8 Milliarden Euro, aber wir setzen unverändert auf eine lokale Strategie, betonen den Wert der direkten Begegnung in der realen Welt. Als ich Ende 2016 die Leitung des Schweizer Geschäfts übernahm, waren wir 10 Angestellte, heute sind es 30. Wir haben stark in die lokale Präsenz und das E-Recruiting-Geschäft investiert und sind noch schneller gewachsen, als ich das gedacht hätte.
Das dürfte dem Chef des Mutterhauses, Thomas Vollmoeller, gefallen. Er gab bei seinem Amtsantritt 2012 die Losung aus, den Umsatz und den Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen innert vier Jahren zu verdoppeln. Als das Ziel erreicht war, flog er die 1000 Angestellten in zwei Maschinen nach Mallorca zum Feiern und schwörte sie darauf ein, bis 2020 nochmal beides zu verdoppeln. Lacht da das Herz des früheren Spitzensportlers Yves Schneuwly?
Ich habe tatsächlich im Sport gelernt, gross zu denken, mir ambitionierte Ziele zu setzen – und fokussiert auf diese Ziele hinzuarbeiten, kompromisslos alles auszublenden, was davon ablenkt. Ich begann mit Leichtathletik, war 1000-Meter-Läufer, eine spezielle Disziplin, weil es ein langer Sprint ist, der viel Durchhaltevermögen verlangt – das können nicht alle. Dann wechselte ich zum Basketball, was gut war für meine Teamfähigkeit, spielte als Junior mit Erwachsenen und musste mich später in der Nationalliga A in einem 20er-Team gegen Bessere behaupten, um für die Matches aufgeboten zu werden. Wir trainierten zweimal täglich, dazu Krafttraining, 90 Prozent der Lebenszeit war dem Sport gewidmet: das war eine gute Schule. Und ich lernte, auf den Punkt parat zu sein und keine Angst vor mutigen Zielen zu haben.
Kontakt und Information:
www.xing.com/profile/Yves_Schneuwly2
Beinahe alle, die ich kenne, sind auf linkedin oder xing, und hoffen auf gute Geschäfte. Und ich kenne da viele Leute. Aber alle bestätigen auch, dass ihnen dies noch nie ein Geschäft gebracht hat. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass alle denken da werden gross Geschäfte gemacht, aber irgendwie sind diese ganzen Plattformen geschäftlich total nutzlos. Deshalb würde ich da auch nie Geld ausgeben und habe nur Gratisprofile. Nützlich sind die Plattformen wohl höchstens für Stellenvermittler.
Ich bin auf LinkedIn und auf Xing. Xing war mehr für den deutschsprachigen Raum (vor 5 Jahren war noch klar, dass man da ein Profil haben muss), LinkedIn englisch. Aber für Xing wird es eng, die Generation Y findet sich nur auf Linkedin. Deshalb wächst mein Kontakt-Netzwerk auf LinkedIn wöchentlich weiter, man sieht das Wachstums dieses Netzwerks förmlich vor Augen. Auf Xing habe ich im ganzen 2018 erst 2 Kontakte hinzugewonnen. Völlige Stagnation. Da passiert nichts mehr. Kann man sich sparen. Kenne niemand, der nur auf Xing wäre.
Mit Interesse habe ich Ihre Meinung gelesen, Frau Martinek. Danke.
Xing? Nur Deutsschprachig – Global eher uninteressant.
LinkedIn ist wenigstens Global. Gehört zu Micrososft, die arbeiten immer mehr an der Verzahnung an ihrer Software zu LinkedIn
Doch es gibt auch eigene Regeln zu beachten: Ich bestätige nur Kontakte mit denen ich real auch wirklich zu tun habe oder hatte und zwar nicht nur 2 Minuten Small Talk – man sieht anderen Profilen regelrecht die Sammelwut an. Darum lehne ich auch sicher 70 % ab. Headhunter oder sonstige Fisher sowiso.
Geschäfte macht man damit nicht, doch ist man wenigstens über die Leute informiert, findet die Kontakte wieder
Bin zur Zeit noch mehr auf XING als auf LI. Aber das ändert sich gerade. Und das Interview mit Herrn Schneuwly bestätigt mich darin sehr. Ich stelle zwei Dinge fest:
1. XING will definitiv kein Business-Netzwerk mehr sein, sondern ein »Business-Parship«
2. Ich und viele meiner Kontakte, nämlich alle die, die nicht auf Jobsuche sind, sind damit ebenso definitiv falsch auf XING.