Silvio Trionfini hat mit einem kleinen Team Taschen und Rucksäcke entwickelt, die dank integrierter Solarpanels Strom für die Handy-Ladung bereithalten. Ausser dem Geschäftsführer sind alle Mitarbeiter der United Wear GmbH Leistungssportler in Ausbildung. Einer davon steht derzeit an der Eishockey-WM in Paris im Rampenlicht.
Interview: Mathias Morgenthaler
Herr Trionfini, Sie entwickeln und vertreiben mit drei Lehrlingen in der Schweiz Taschen und Rucksäcke, die dank integrierter Solarpanels zum Aufladen von Smartphones und Tablets genutzt werden können. Wie sehr leiden Sie unter dem regnerischen Frühling?
SILVIO TRIONFINI: Wir brauchen keinen wolkenlosen Himmel und tagelangen Sonnenschein, damit unsere Produkte funktionieren. Die modernen Dünnschicht-Solarpanels, die wir verwenden, erzeugen bei direkter Sonneneinstrahlung innert zweier Stunden genug Strom für eine vollständige Ladung eines Smartphones. Doch auch wenn es bewölkt ist, ist ein Stromgewinn möglich. Zudem enthalten unsere Produkte ein Akku-Ladegerät, das bei dauerhaftem Schlechtwetter auch mal an der Steckdose aufgeladen werden kann.
Als Geschäftsführer der Produktionsfirma United Wear GmbH sind Sie bei der Sportschule United School of Sports angestellt. Was hat eine Sportschule mit Solarenergie und Taschenproduktion am Hut?
Die United School of Sports fördert junge Leistungssportler, indem sie ihnen ermöglicht, die kaufmännische Ausbildung in vier statt drei Jahren zu absolvieren. Dadurch wird der Spagat zwischen solider beruflicher Ausbildung und sportlichen Ambitionen kleiner. Für manche Nachwuchssportler fanden sich aber keine Ausbildungsbetriebe, die ihnen die nötige Flexibilität geboten hätten. So gründete die Schule vor zwei Jahren kurzerhand einen eigenen Ausbildungsbetrieb. Wir konnten die Marke Sakku übernehmen und die Solartaschen weiterentwickeln und neu positionieren.
Erfunden haben die Solartasche also nicht Sie?
Nein, drei HSG-Absolventen haben die Sakku-Tasche 2006 lanciert. Der anfängliche Hype flachte aber mit der Zeit ab, in den letzten Jahren gab es kaum noch Aktivitäten. Wir fanden es interessant, die Produktion wieder aufzunehmen. Technologisch ist heute viel mehr möglich als vor zehn Jahren, zudem liegen Cleantech-Produkte und «Swiss Made» im Trend.
Was ist genau schweizerisch an Ihren Produkten? Genäht werden sie kaum in der Schweiz.
Doch, die Taschen und Rucksäcke werden in einer Sattlerei in Trimbach bei Olten hergestellt – mit Textilmaterialien aus der Schweiz, Österreich und Belgien. Nur bei den Solarpanels und beim Akku gab es keine konkurrenzfähigen Anbieter aus Europa. Die Fotovoltaikzellen stammen aus den USA, laminiert werden die Panels in China. Entwicklung und Design sind ebenfalls komplett schweizerisch. Wer will, kann auf unserer Internetseite die Herkunft jedes Materials überprüfen.
Das Team besteht nebst Ihnen aus einem Tänzer, einem Mountainbiker und einem Eishockeyprofi. An geordnete Arbeitszeiten ist da kaum zu denken.
Das ist so. Pius Suter, einer meiner Mitarbeiter, sorgt dieser Tage an der Eishockey-WM in Paris für Schlagzeilen – auf ihn muss ich vorläufig verzichten. Generell sind alle drei in einem 60-Prozent-Pensum hier angestellt, wir machen Woche für Woche die Arbeitspläne und berücksichtigen dabei auch die Trainings- und Wettkampfplanung der jungen Sportler. Berufserfahrung im kaufmännischen Bereich brachten die drei Lernenden keine mit. Ich spüre aber, dass sie dank der Erfahrung im Spitzensport früh gelernt haben, Verantwortung zu übernehmen. Unser Team ist so klein, dass sie hier automatisch wesentlich mehr Aufgaben übernehmen als Lernende in einem Grossbetrieb.
Sie selber waren zuvor als Produktmanager Velobekleidung bei Veloplus tätig. Wie schwierig ist es, in einem so kleinen Team mit 3 Lehrlingen einen gesättigten Markt aufzumischen?

Silvio Trionfini mit Solartasche und Solarrucksack, die in einer Sattlerei in Trimbach produziert werden.
Ehrlich gesagt ist es eine permanente Berg- und Talfahrt. Ich bin täglich mit vielen Fragen konfrontiert, auf die ich nicht sofort eine klare Antwort habe. Das ist eine schöne Herausforderung für mich und die drei Lernenden – es fehlt an internen Fachleuten. Zum Glück bin ich gut vernetzt und lerne leicht dazu. Und da unser Produkt aufgrund der guten Ökobilanz, der technologischen Innovation und der Nähe zur Sportförderung viele Sympathien geniesst, ergeben sich immer wieder neue interessante Kontakte. Dabei kommt es auch vor, dass sich zwei Seiten unterstützen, ohne dass Geld fliesst. So hat ein Zürcher Ingenieur-Start-up unter Laborbedingungen unsere Solarpanels geprüft, unsere Lehrlinge testeten im Gegenzug Kabel für sie.
Letzten Herbst haben Sie die Tasche lanciert, nun folgt der etwas grössere Rucksack. Lässt sich mit Swiss-Made-Produkten im Hochpreissegment überhaupt Geld verdienen?
Davon bin ich überzeugt. Der Verkauf der Solartaschen ist sehr gut angelaufen, der Rucksack bietet nun noch mehr Platz und etwas mehr Solarpower. Ab dem nächsten Jahr sollten wir kostendeckend arbeiten können. Das Distributionsnetz ist noch stark entwicklungsfähig, wir werden nun möglichst selten im Büro sitzen und noch vermehrt rausgehen, um mit vielen Händlern zu reden. Das Potenzial an Kunden, die zu Fuss oder mit dem Rad unterwegs sind und eine Affinität zu gutem Design und fortschrittlicher Technologie haben, ist gross – wir haben erst einen Bruchteil dieser Leute erreicht. Knapp ein Drittel des Preises von 390 Franken bei der Tasche entfällt auf die Technik, das Solarpanel und den Akku. Beides können Sie leicht herausnehmen und auch unabhängig von der Tasche verwenden. Wenn Sie diese 120 Franken abziehen, bleiben 270 Franken für eine hochwertige, in der Schweiz produzierte Businesstasche – das ist kein überrissener Preis.
Was ist das Wichtigste, was Sie als Berufsbildner den jungen Berufseinsteigern vermitteln können?
Die Lernenden schwimmen im kalten Wasser mit, in das ich gesprungen bin. Sie sehen sehr unmittelbar, dass man nicht immer alles im Griff haben muss, sondern dass es darum geht, das Beste aus einer Situation zu machen, sich selbstständig Informationen zu beschaffen und Verantwortung zu übernehmen. Die Motivation ist extrem hoch in unserem Team, weil wir in so vielen Bereichen rasch dazu lernen und selber Lösungen finden dürfen.
Kontakt: www.sakku.ch oder s.trionfini@sakku.ch
Das Konzept weist einen grundsätzlichen Gedankenfehler auf. Die Sakku Taschen sind für den urbanen Bereich konzipiert, wo es Auflade-Möglichkeiten in Fülle gibt. Viel gefragter wären Solar-Rucksäcke im Outdoor- und Trekking-Bereich, wo es oftmals sehr wenige oder keine Steckdosen gibt.
Auf meinem Jakobsweg im vergangenen Jahr (800 km in Nordspanien) habe ich mir so ein Panel selbst an meinen Rucksack gebastelt. Sonne ist da meist zur Genüge da. Leider war die Leistung des Solarpanels jedoch ungenügend, so dass ich das Ding unterwegs entsorgte. Da müsste Trionfini ansetzen!
Warum nicht eine weitere Erfindung als Zugabe: die stromproduzierende Oberbekleidung? Das Mittragen einer Tasche oder eines Rucksacks entfiele dann.