Normalerweise kommen hier gestandene Berufsleute zu Wort. In der Reihe «U25» berichten für einmal Berufs- und Studieneinsteiger über Erfahrungen, Erfolge und Elend. Heute schreibt unsere Gastautorin Alexandra Vogt*

Die Uni ist die perfekte Freundschaftsbörse: Wer ein Studium beginnt, beginnt auch ein neues Leben. Foto: Reuters
Wer hätte gedacht, dass man sich in einem riesigen Raum, gefüllt mit 300 jungen Menschen, einsamer fühlen kann, als wenn man alleine in seinem Zimmer sässe? Endlich, nach einer ewigen Odyssee durch lange Gänge und Treppenhäuser, stehe ich an meinem ersten Tag an der Uni im Hörsaal. Die meisten meiner Freunde machen ein Zwischenjahr, darum entdecke ich kein bekanntes Gesicht unter meinen Kommilitonen. Das macht den Hörsaal zur perfekten Freundschaftsbörse. Ich bin sicher, dass ich unter all diesen jungen Leuten jemanden finden werde, den oder die (im Saal befinden sich fast nur Frauen) ich gerne kennenlernen würde. Wir haben ja schliesslich alle dasselbe Studienfach gewählt, Publizistik und Kommunikationswissenschaft.
Ich überwinde mich, stolpere die Stufen zu den oberen Bänken hoch. Zum Glück wirken meine Mitstudentinnen genauso verlegen. Nach einem schüchternen «Hallo» ist der erste peinliche Moment überwunden. Neue Bekannte bringen ihrerseits neue Bekannte mit in die Runde, und ehe man sichs versieht, hat man die Namen schon wieder vergessen. Wie wichtig es ist, als Erstsemestler den Irrgarten «Universität» nicht im Alleingang zu bestreiten, merke ich schnell. Es ist einfacher, sich als ganzes Grüppchen zehn Minuten vor Schluss aus dem Hörsaal zu schleichen, um mit dem Tram vom Irchel rechtzeitig zur nächsten Vorlesung ins Zentrum zu kommen. Und es erleichtert das Studentenleben, wenn man dumme Sprüche darüber klopfen kann, dass die «zwei bis drei Monate vor der Prüfung», die uns zum Lernen empfohlen werden, bereits angefangen haben.
Diskutieren Sie mit: Wie brechen Sie das Eis am ersten Tag in einer neuen Gruppe?
*Alexandra Vogt (19) studiert Publizistik- und Kommunikationswissenschaften an der Universität Zürich.
Ich studiere im 7. Semester und fühle mich nach wie vor sehr einsam. Für Menschen, die es nie selbst erlebt haben, klingt es absurd, aber es ist tatsächlich so: Ein Raum voll junger Menschen macht noch keine Freundschaften. Im Gegenteil, bisher vielen mir meine Annäherungsversuche im kleineren Rahmen (Seminare, Kolloquien) wesentlich einfacher, als in grossen Vorlesungen. Doch auch dort ist es sehr schwierig. Da man nur zwei Stunden pro Woche und jeweils nur ein Semester zusammen verbringt, bleibt wenig Zeit und Raum, um sich besser kennen zu lernen. Wenn man dann noch zu jenen Menschen gehören, die wie ich schlecht in small talk sind, hat man fast keine Chance. In meiner ganzen Uni-Laufbahn ergab sich bisher nur eine einzige Freundschaft mit einem anderen Studenten – und der nahm sich vor zwei Jahren das Leben.