Normalerweise kommen hier gestandene Berufsleute zu Wort. In der Reihe «U25» berichten für einmal Berufs- und Studieneinsteiger über Erfahrungen, Erfolge und Elend. Zum Start ein Beitrag von Laura Hohler*.
Meine Studentenbude befindet sich in einem skurrilen Haus. Es steht an der Zentralstrasse, mitten im aufblühenden Kreis 3. Also da, wo die Mieten noch bezahlbar sind, wo man im Kiosk an der Ecke auch nach 22 Uhr noch ein Bier kaufen kann, und – ganz wichtig, wenn man wie ich kein Geld fürs Taxi hat – wo man nach dem Ausgang an der Langstrasse zu Fuss nach Hause gehen kann. Natürlich ziehen diese Vorzüge auch etwas, sagen wir mal, «spezielle» Menschen an. Zum Beispiel die Nachbarin unter mir. Weil ich ein Nachtmensch bin, kenne ich sie besonders gut. Sie schreit und flucht schon morgens um 5 Uhr lauthals durch die Wohnung. Natürlich bei geöffnetem Fenster. Tagsüber lässt sie ihrem Unmut freien Lauf, indem sie Gegenstände durch ihre Wohnung schmeisst oder die Haustür zuknallt. Einmal so fest, dass die Wände wackelten. Ich dachte schon, dass ich ein Erdbeben miterlebe. Kein Wunder, ist in dieser Etage die Polizei Stammgast.
Es kann vorkommen, dass ich morgens um 2 Uhr heimkomme und vier Polizisten mit Schäferhund im Treppenhaus vor der Wohnungstür meiner «Lieblingsnachbarin» antreffe. Doch leider möchten mir die unbestechlichen Staatsbeamten nie erzählen, was vorgefallen ist. Dann denke ich mir halt einfach etwas aus. Oder ich frage meine Nachbarn, die immer für eine Geschichte gut sind. Manchmal geben sie auch selbst eine her: So haben sie kürzlich ihren Backofen aus Platzmangel in der eigenen Wohnung ins Treppenhaus gestellt. Warum ich trotzdem gerne hier wohne? Man kann tun und lassen, was man will, und wird von allen in Ruhe gelassen. Es gibt keinen spiessigen Waschplan, und es motzt auch niemand, wenn man morgens um 2 Uhr oder sonntags wäscht.
*Laura Hohler (21) studiert Germanistik an der Uni Zürich und liebt ihre Studentenbude im Kreis 3.